Des Teufels Novize
bereits gesehen. Und ich hörte schon, daß Ihr die Jüngste der Sippe seid.«
»Hat er Euch von mir erzählt?« fragte sie sofort begierig, doch ohne sichtbare Angst.
»Er hat Euch anderen gegenüber erwähnt, doch es kam mir zu Ohren.«
»Wie hat er von mir gesprochen?« fragte sie geradeheraus, während sie energisch das Kinn vorschob. »Ist Euch das auch zu Ohren gekommen?«
»Ich reimte mir zusammen, daß Ihr eine Art jüngere Schwester wart.« Aus irgendeinem Grund fand er es nicht nur unmöglich; diesen jungen Menschen anzulügen, sondern es schien auch sinnlos, die Wahrheit zu beschönigen.
Sie lächelte nachdenklich wie ein zuversichtlicher Befehlshaber, der vor einer großen Schlacht die Chancen abwägt. »Als würde ich ihm nicht viel bedeuten. Das macht nichts! Das wird sich ändern.«
»Wenn ich über ihn zu bestimmen hätte«, sagte Cadfael respektvoll, »dann würde ich ihm genau das raten. Nun, Isouda, hier habt Ihr mich, wie Ihr wolltet. Kommt und setzt Euch und sagt mir, was Ihr von mir wollt.«
»Ihr Brüder dürft nichts mit Frauen zu tun haben«, sagte Isouda und grinste ihn warm an, während sie sich wieder auf die Mauer zog. »Dadurch ist er wenigstens vor ihr sicher, aber diese Dummheit darf doch nicht zu weit gehen. Darf ich Euren Namen erfahren, da Ihr schon meinen wißt?«
»Mein Name ist Cadfael, ich bin Waliser und komme aus Trefriw.«
»Meine erste Amme war Waliserin«, sagte sie und beugte sich vor, um aus den verbleichenden Stengeln unter ihr einen dünnen grünen Halm zu zupfen, den sie sich zwischen die kräftigen weißen Zähne steckte. »Ich glaube nicht, daß Ihr schon immer ein Mönch wart, Cadfael; Ihr wißt zuviel.«
»Ich kannte Mönche, die seit dem zarten Alter von acht Jahren Kinder des Klosters waren«, sagte Cadfael ernst, »und mehr wußten, als ich je erfahren werde; wenn auch Gott allein weiß, wie es dazu kam. Aber nein, ich lebte vierzig Jahre in der Welt, bevor ich ins Kloster ging. Mein Wissen ist begrenzt. Aber was ich weiß, dürft Ihr von mir erfahren. Ihr wollt, glaube ich, etwas von Meriet hören.«
»Nicht ›Bruder Meriet‹?« sagte sie neckend und fröhlich wie eine Katze.
»Noch nicht. Und es wird noch eine Weile dauern.«
»Niemals !« sagte sie entschlossen und zuversichtlich. »Dazu wird es nicht kommen. Es darf nicht dazu kommen.« Sie drehte den Kopf herum und sah ihn mit edlem, königlichem Blick an.
»Er gehört mir«, sagte sie einfach. »Meriet gehört mir, ob er es weiß oder nicht, und niemand sonst soll ihn haben.«
6. Kapitel
»Ihr könnt mich fragen, was immer Ihr wollt«, sagte Cadfael und rutschte etwas auf der Mauerkrone herum, bis er die bequemste Stelle gefunden hatte. »Und danach gibt es noch einige Dinge, die ich Euch fragen muß.«
»Und Ihr werdet mir aufrichtig sagen, was ich wissen muß?
Ganz und gar und alles?« vergewisserte sie sich. Ihre Stimme hatte die Direktheit und den hohen, klaren Klang eines Kindes, doch die Autorität einer Herrin.
»Das will ich.« Denn sie wollte es und hatte sich sogar darauf vorbereitet. Wer konnte diesen beunruhigenden Meriet besser kennen?
»Wie bald wird er die Gelübde ablegen? Hat er sich Feinde gemacht? Und hat er sich nicht mit diesem Märtyrerwunsch zum Narren gemacht? Sagt mir alles, was geschehen ist, seit er mich verließ.« Sie sagte ›mich‹ verließ, nicht: ›uns‹ verließ.
Cadfael erzählte es ihr. Wenn er seine Worte vorsichtig wählte, so wählte er sie doch so, daß sie die Wahrheit erfuhr.
Sie hörte mit verhaltenem, beherrschtem Schweigen zu, nickte ab und zu, wenn sie es für nötig hielt, schüttelte den Kopf, um Dummheiten zu kommentieren, lächelte plötzlich und kurz, wenn sie das Betragen ihres Auserwählten verstand, das Cadfael noch nicht ganz begriff. Schließlich erzählte er ihr unumwunden von der Strafe, die Meriet sich eingehandelt hatte, und sogar, was er am liebsten für sich behalten hätte, vom verbrannten Haarband, der Ursache der Aufregung. Sie war nicht sonderlich überrascht oder entsetzt, wie er bemerkte.
Sie dachte kaum länger als einen Augenblick darüber nach.
»Wenn Ihr nur wüßtet, welche Züchtigungen er sich früher eingehandelt hat! Auf diese Weise wird ihn niemand brechen.
Und Euer Bruder Jerome hat ihren Köder verbrannt – das hat er gut gemacht. Er wird sich nicht mehr lange zum Narren machen können, wenn kein Köder mehr da ist.« Sie bemerkte, dachte Cadfael, seinen flüchtigen Verdacht, daß er es hier mit
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