Des Teufels Novize
nichts weiter als weiblicher Eifersucht zu tun hatte. Sie drehte sich herum und grinste ihn offen amüsiert an. »Oh, aber ich sah, wie Ihr sie getroffen habt! Ich habe zugesehen, und weder sie noch Ihr bemerktet es. Fandet Ihr sie hübsch? Gewiß doch, denn das ist sie auch. Und hat sie sich Euch nicht anmutig und liebreizend gezeigt? Oh, das war gewiß für Euch gedacht.
Warum sollte sie nach Nigel fischen – den hat sie schon ans Ufer gezogen, den einzigen Fisch, den sie wirklich will. Doch sie kann nicht anders als immer wieder die Leine auswerfen.
Sie gab Meriet natürlich die Locke! Sie kann einen Mann nicht einfach in Frieden lassen.«
Dies entsprach so genau Cadfaels Mutmaßungen, seit er mit Roswitha einen Blick gewechselt hatte, daß es ihm die Sprache verschlug.
»Vor der habe ich keine Angst«, sagte Isouda großzügig.
»Ich kenne sie zu gut. Er hat sich nur eingebildet, sie zu lieben, weil sie Nigel gehört. Er ist eifersüchtig auf alles, was Nigel besitzt und er selbst nicht. Und doch, wenn Ihr mir glauben wollt, so gibt es keinen Menschen, den er liebt wie Nigel.
Niemand. Noch nicht!«
»Ich glaube«, sagte Cadfael, »Ihr wißt weit mehr über diesen Jungen, der mir Sorgen macht und meine Zuneigung hervorruft, als ich. Und ich wünschte, Ihr könntet mir sagen, was er mir nicht sagen will – alles über sein Heim und wie er dort aufgewachsen ist. Denn er braucht Eure und meine Hilfe, und ich bin bereit, in dieser Sache Euer Mittler zu sein, wenn Ihr ihm – wie ich – nur Gutes wünscht.«
Sie zog die Knie an und legte die schlanken Arme darum und erzählte. »Ich bin die Herrin eines Gutes; noch jung und als Mündel dem Nachbarn meines Vaters, Onkel Leoric, anvertraut, der nicht mein richtiger Onkel ist. Er ist ein guter Mann. Ich weiß, daß mein Anwesen so gut geführt wird wie nur eines in England, und mein Onkel nimmt nichts für sich. Ihr müßt wissen, daß er ein Mann vom alten Schlag ist, aufrecht und durch und durch ehrlich. Es ist nicht leicht, bei ihm zu leben, wenn man sein Kind ist und ein Junge, doch ich bin ein Mädchen, und zu mir war er immer nachsichtig und gut.
Madame Avota, die vor zwei Jahren starb – nun, sie war zuerst einmal seine Frau und dann erst Meriets Mutter. Ihr habt Nigel gesehen – könnte ein Mann sich einen vollkommeneren Erben wünschen? Meriet brauchten oder wollten sie nie. Sie taten ihre Pflicht, als er kam, doch sie konnten nicht an Nigel vorbeisehen und Meriet als zweitgeborenen Sohn begrüßen. Und er war ganz anders.«
Sie hielt inne, verglich die beiden in Gedanken und legte dann den Finger auf genau den Punkt, in dem sie sich unterschieden.
»Glaubt Ihr«, fragte sie zweifelnd, »daß kleine Kinder es merken, wenn sie nur die Zweitliebsten sind? Ich glaube, Meriet merkte es schon früh. Er sah äußerlich schon anders aus, aber das war noch das wenigste. Ich glaube, er ging immer den entgegengesetzten Weg, egal, was sie von ihm wünschten.
Wenn sein Vater Weiß sagte, sagte Meriet Schwarz; wenn sie versuchten, ihn umzustimmen, stemmte er sich mit den Hacken fest und rührte sich nicht. Er konnte nicht anders als lernen, denn er war klug und neugierig, und so wuchs er belesen auf, doch als er erfuhr, daß sie aus ihm einen Schreiber machen wollten, suchte er die Gesellschaft von allerhand Gesindel und verletzte seinen Vater auf jede nur denkbare Weise. Er war immer eifersüchtig auf Nigel«, sagte das Mädchen, während sie nachdenklich ihre Knie musterte, »doch er hat ihn auch immer angebetet. Er verletzte seinen Vater absichtlich, weil er weiß, daß er weniger geliebt wird, und doch kann er Nigel nicht dafür hassen, daß er mehr geliebt wird. Wie könnte er auch, wenn er selbst ihn so sehr liebt?«
»Und Nigel erwidert seine Zuneigung?« fragte Cadfael, der sich an das besorgte Gesicht des älteren Bruders erinnerte.
»Oh, ja. Nigel mag ihn sehr. Er hat ihn immer verteidigt. Er hat sich oft zwischen ihn und eine Strafe gestellt. Und er nahm ihn immer mit, wohin es auch ging, als sie noch alle zusammen spielten.«
»Sie?« fragte Cadfael. »Nicht ›wir‹?«
Isouda spuckte den zerkauten Halm des Herbstgrases aus und lächelte ihn überrascht an. »Ich bin die Jüngste, sogar noch drei Jahre hinter Meriet; ich war das Kind, das hinterherstolperte. Eine Weile jedenfalls. Es gibt nicht viel, das ich nicht gesehen hätte. Kennt Ihr die anderen von uns? Die beiden Jungs, sechs Jahre auseinander, und die beiden Lindes, die im Alter
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