Des Teufels Novize
Bruder schickt dir seine liebsten Grüße und bittet mich zu sagen, daß er dich immer lieben wird.«
Meriet lag völlig still, nur seine braune Haut zitterte ganz leicht unter Cadfaels Fingern.
»Und die Dame Roswitha wünscht, daß du weißt, daß sie dich liebt, wie eine Schwester nur lieben kann.«
Cadfael knetete die steifen Falten des Hemdes, wo es hartgetrocknet war, und zog das Leinen über die verblassenden Schürfungen, die ohne Narbe heilen würden. Roswitha mochte eine weit gefährlichere Wunde geschlagen haben. »Zieh wieder dein Gewand hoch; und wenn ich du wäre, würde ich die Lampe löschen, das Lesen bleibenlassen und schlafen.« Meriet lag reglos auf dem Bauch und antwortete nicht. Cadfael zog die Decke über ihn und betrachtete einen Augenblick den stummen, steifen Körper im Bett.
Nicht mehr ganz so steif war er, denn die breiten Schultern hoben sich in einem unterdrückten, verhaßten Rhythmus; die verschränkten Unterarme waren schützend hart gespannt und verbargen das Gesicht. Meriet weinte. Wegen Roswitha oder Nigel? Oder um sein eigenes Schicksal?
»Kind«, sagte Cadfael halb verzweifelt und halb nachsichtig, »du bist neunzehn Jahre alt und hast noch nicht einmal zu leben begonnen. Und bei der ersten Enttäuschung glaubst du, Gott hätte dich aufgegeben. Verzweiflung ist eine Todsünde, doch tödliche Dummheit ist noch schlimmer. Die Zahl deiner Freunde ist Legion, und Gott blickt so aufmerksam in deine Richtung wie eh und je. Alles, was du tun mußt, um angenommen zu werden, ist, geduldig zu warten und im Herzen froh zu bleiben.«
Trotz seiner Verschlossenheit und seiner zornig unterdrückten Tränen lauschte Meriet aufmerksam, wie seine Spannung und das Schweigen verrieten.
»Und wenn es dich interessiert«, sagte Cadfael fast gegen seinen Willen, worauf seine Stimme noch verzweifelter klang, »jawohl, ich bin durch Gottes Gnade Vater. Ich habe einen Sohn. Und du bist außer mir der einzige, der es weiß.«
Und damit drückte er den Docht der Lampe aus und pochte im Dunkeln an die Tür, um hinausgelassen zu werden.
Als Cadfael ihn am nächsten Morgen wieder besuchte, war es fraglich, wer von beiden zurückhaltender und vorsichtiger war; denn beide hatten viel mehr preisgegeben, als sie beabsichtigt hatten. Es war offensichtlich, daß es vorerst dabei bleiben sollte. Meriet machte ein strenges, gefaßtes Gesicht und zeigte keine Schwäche, und Cadfael war unwirsch und nur an praktischen Dingen interessiert, und nach einem kurzen Blick auf das wenige, das von den Verletzungen seines schwierigen Patienten noch zu sehen war, verkündete er, daß er keine weitere Verarztung mehr brauchte, sondern sich sehr gut auf seine Studien konzentrieren konnte, um zum Wohle seiner Seele das Beste aus seiner Strafzeit zu machen.
»Bedeutet das«, fragte Meriet direkt, »daß Ihr Euch von mir lossagt?«
»Es bedeutet, daß ich keine Entschuldigung mehr habe, hier Eintritt zu verlangen, während du allein über deine Sünden nachdenkst.«
Meriet blickte einen Moment finster die Wand an und sagte steif: »Ist es nicht so, daß Ihr fürchtet, ich könne mir, weil Ihr mir etwas anvertrautet, Freiheiten erlauben? Ich werde kein Wort darüber verlieren, es sei denn Euch gegenüber und auf Euren Wunsch.«
»Dieser Gedanke kam mir nie in den Sinn«, versicherte Cadfael ihm überrascht und berührt. »Glaubst du, ich hätte es zu einem Plappermaul gesagt, das keinen Vertrauensbeweis erkennt, wenn es ihn sieht? Nein, es ist einfach so, daß ich nicht das Recht habe, ohne guten Grund hier ein-und auszugehen, und ich muß den Regeln ebenso gehorchen wie du.«
Das dünne Eis war bereits geschmolzen. »Eine Schande«, sagte Meriet mit einem plötzlichen Lächeln, das Cadfael später als verblüffend süß und ungewöhnlich traurig interpretierte. »Ich kann viel besser über meine Sünden nachdenken, wenn Ihr hier seid und mich scheltet. Wenn ich allein bin, denke ich eher darüber nach, wie ich Bruder Jerome dazu bekommen kann, seine Sandalen zu verspeisen.«
»Wir werden dies als Beichte auffassen«, sagte Cadfael, »und zwar als eine, die besser nicht in andere Ohren dringt.
Und deine Buße wird es sein, ohne mich auszukommen, bis deine Strafe abgesessen ist. Ich glaube nicht, daß du unverbesserlich und durch Gebet nicht mehr zu retten bist, und so wollen wir es versuchen.«
Er war schon an der Tür, als Meriet ängstlich fragte: »Bruder Cadfael…?« Und als dieser sich sogleich umdrehte: »Wißt
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