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Des Teufels Novize

Des Teufels Novize

Titel: Des Teufels Novize Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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respektiere wohl, was Ihr sagt – würde ich diesen seltsamen jungen Mann gern im Auge behalten. Ein Auge, dem jederzeit eine zupackende Hand zu Hilfe kommen kann, sollte ich es für nötig halten«, sagte Hugh aufrichtig.
    »Und Ihr sagt, er sei nach St. Giles gegangen? An den Stadtrand, nahe bei den Wäldern und der offenen Heide!«
    »Ihr braucht Euch nicht zu sorgen«, sagte Cadfael. »Er wird nicht fortlaufen. Er hat keinen Ort, an den er fliehen kann, denn was auch immer die Wahrheit ist, sein Vater ist ihm jedenfalls stark entfremdet und würde ihn nicht bei sich aufnehmen. Doch er wird nicht fortlaufen, weil er es nicht wünscht. Die einzige Eile, die er zeigt, bezieht sich darauf, möglichst bald seine endgültigen Gelübde abzulegen und es hinter sich zu bringen, so daß es keine Umkehr mehr gibt.«
    »Dann sucht er ewige Gefangenschaft? Und nicht die Flucht?« sagte Hugh, indem er den dunklen Kopf zur Seite legte und wehmütig und liebevoll lächelte.
    »Nicht die Flucht, nein. Soweit ich es sehen konnte«, sagte Cadfael ernst, »kennt er für sich selbst überhaupt keinen Fluchtweg mehr.«
    Am Ende seiner Strafe trat Meriet aus seiner Zelle/ blinzelte gleichmütig ins gedämpfte Licht des Novembermorgens, nachdem er die kalte Düsterkeit hinter sich gelassen hatte, und wurde ins Kapitel geführt, wo er vor strengen, ausdruckslosen Gesichtern für seine Vergehen um Entschuldigung bitten und die Gerechtigkeit seiner Strafe anerkennen sollte. Zu Cadfaels Erleichterung – er bewunderte den Jungen sogar dafür –, tat er es mit ruhigem, würdigem Betragen und leiser Stimme. Nach der schmalen Kost sah er dünner aus, und die sommerbraune, glatte Kupferhaut, mit der er gekommen war, war zu dunklem, cremigem Elfenbein verblaßt; er war zwar stark gebräunt gewesen, doch außer wenn er zornig war, hatte er unter der Haut nur wenig Farbe. Er war äußerst fügsam oder hatte zumindest doch entdeckt, wie er sich so weit in sich selbst zurückziehen konnte, daß Neugier, Mißbilligung und Feindseligkeit ihm nichts mehr anhaben konnten.
    »Ich wünsche zu lernen«, sagte er, »was von mir erwartet wird, damit ich es getreulich erfüllen kann. Ich bin hier, damit über mich verfügt wird, wie es am besten ist.«
    Nun, auf jeden Fall wußte er, wann man den Mund halten mußte, denn offenbar hatte er nicht einmal Bruder Paul verraten, was Cadfael nur ihm anvertraut hatte. Nach Isoudas Bericht war er sich immer selbst der beste Ratgeber gewesen, seit er heranwuchs, und vielleicht sogar noch früher – sobald dem Kind mit brennendem Herzen klar wurde, daß es nicht wie sein Bruder geliebt wurde; und so hatte er sich wohl selbst dazu angestachelt, jenen, die ihn so zurücksetzten, boshaft und aufsässig entgegenzutreten. Damit brachte er sie natürlich nur noch weiter gegen sich auf, bis ihm unerbittlich jede Milde versagt wurde.
    Und ich zog ihm die Ohren lang, weil er beim ersten Unglück in seinem Leben die Ohren hängen läßt, dachte Cadfael reumütig, wo doch sein halbes Leben ein großes Unglück war.
    Der Abt gab sich ernst und freundlich und erklärte, vergangene Fehler, die gesühnt waren, seien erledigt; dann erläuterte er Meriet, was nun von ihm erwartet wurde. »Du wirst den Morgen über bei uns bleiben«, sagte Radulfus, »und dein Mittagessen mit deinen Brüdern im Refektorium einnehmen.
    Heute Nachmittag wird Bruder Cadfael dich dann zum Spital von St. Giles bringen, denn er muß dort ohnehin den Medizinschrank auffüllen.« Und das war, da es zumindest drei Tage zu früh kam, auch für Cadfael neu und ein willkommener Hinweis auf die Sorgen, die der Abt sich machte. Im Klartext war dem Bruder, der ein so lebhaftes Interesse an diesem verzweifelten und beunruhigenden jungen Novizen gezeigt hatte, gesagt worden, daß er Ausgang hatte, um dessen Überwachung fortzusetzen.
    Sie schritten am frühen Nachmittag Seite an Seite aus dem Torhaus und mischten sich in den normalen Verkehr der Hauptstraße vor dem Stadttor. Zu dieser Stunde eines milden, feuchten, melancholischen Novembertages war das Gedränge nicht groß, doch überall waren Menschen zu sehen: Ein Junge trottete mit einem Sack auf der Schulter und einem Hund an den Fersen heim, ein Fuhrmann zog mit einer Ladung Brennholz in die Stadt, zwei stämmige Hausfrauen kamen mit ihren Einkäufen aus der Stadt zurück, einer von Hughs Offizieren ritt gemächlich zur Brücke. Meriet bestaunte mit großen Augen die Szenerie, nachdem er bei schwachem

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