Des Teufels Werk
niemand einfach annehmen, dass ein Wagen sicher ist«, warnte er. »Man wird schnell leichtsinnig, wenn man mehrere Male mit demselben Wagen gefahren worden ist.«
Weitere Angaben zu Connie Burns' Gefangenschaft machte er nicht. »Im Augenblick gilt ihre Sorge in erster Linie Adelina Bianca. Connie ist entschlossen, nichts zu sagen oder zu tun, womit Adelinas Freilassung aufs Spiel gesetzt werden könnte.«
Die bewaffnete Gruppe, die Mrs. Bianca festhält, veröffentlichte die nachfolgende Erklärung: »Die Entscheidung über das Schicksal von Adelina Bianca liegt in der Hand des Ministerpräsidenten von Italien. Solange er amerikanische Soldaten darin unterstützt, das heilige Land des Irak zu besetzen, werden die Mütter seines Landes von uns nur Särge erhalten. Die Würde muslimischer Männer und Frauen kann nur durch Blut und Seelen wiederhergestellt werden.«
Es ist jetzt mehr als eine Woche her, dass Adelina Bianca in Geiselhaft genommen wurde, die Tatsache jedoch, dass der Termin für ihre Hinrichtung am Dienstag verstrichen ist, gibt Anlass zu gedämpfter Hoffnung. Unter den moderateren geistlichen Führern im Irak ist man besorgt, dass die wachsende Brutalität der Geiselnehmer dem Ansehen des Islam weltweit schaden könnte. »Der Islam führt nicht gegen unschuldige Frauen und Kinder Krieg«, erklärte einer von ihnen. »Angesichts dieser Gräuel werden die entsetzlichen Taten im Gefängnis Abu Ghraib vergessen. Diese Gruppen machen die Amerikaner zu den moralischen Siegern.«
3
Ich sah mir Adelinas Freilassung auf dem Fernseher in der Wohnung meiner Eltern an, nachdem die Reporter und Fotografen, die das Haus belagert hatten, endlich abgezogen waren. Zu diesem Zeitpunkt, eine Woche nach meiner Abreise aus Bagdad, war meine Story tot. Ich hatte mich dem Reuters-Empfangskomitee in Heathrow nicht gezeigt, ging nicht zu der anberaumten Pressekonferenz und verkroch mich in einem anonymen Londoner Hotel, wo ich mich als Marianne Curran ausgab – eine Frau, die von Platzangst, Appetitlosigkeit und häufigem Nasenbluten geplagt war, niemals ihr Zimmer verließ und sich die Hotelrechnung von dem alten Knacker bezahlen ließ, der sie jeden Abend besuchte.
Weiß der Himmel, was man im Hotel von mir hielt. Das Einzige, worum ich dort bat, waren Adresse und Telefonnummer der nächsten sogenannten STD-Klinik, einer Spezialklinik für Krankheiten, die durch Geschlechtsverkehr übertragen wurden. Ich ließ die Zimmermädchen nicht in das Zimmer, rauchte wie eine Wahnsinnige, lag Stunden in der Badewanne und aß nur, wenn mein Vater beim Zimmerkellner Sandwichs bestellte. Ich spielte ihm etwas vor, wenn er kam, aber ich merkte, wie sehr es ihn beunruhigte, dass ich kaum aß.
Hinsichtlich meiner Weigerung, der Presse gegenüberzutreten, tischte ich ihm die gleiche Geschichte auf, die Dan in Bagdad zum Besten gegeben hatte: Ich wolle nicht öffentlich über meine Gefangenschaft sprechen, weil ich fürchtete, damit Adelina Biancas Freilassung zu gefährden. Zu seiner persönlichen Beruhigung erklärte ich, mir seien die ganze Zeit die Augen verbunden gewesen und ich hätte die Geiselnehmer nie zu Gesicht bekommen, sei aber relativ anständig behandelt worden, obwohl ich natürlich Todesangst gehabt hätte.
Ich weiß nicht, ob er mir glaubte. Meine Mutter jedenfalls glaubte mir kein Wort, als er mich nachts um drei in die Wohnung schmuggelte. Sie war erschrocken, als sie sah, wie dünn ich war, alarmiert über meine Vorliebe für abgedunkelte Räume, und fand es höchst verdächtig, dass ich mit keinem Menschen sprechen wollte, schon gar nicht mit Dan Fry in Bagdad und den Reuters-Leuten in London. Doch da ich mich jedes Mal, wenn sie anfing, mir Fragen zu stellen, ins Gästezimmer einsperrte, setzte mein Vater sie schließlich unter Druck und sagte, sie solle mich doch auf meine Weise mit den Dingen fertig werden lassen.
Adelina Bianca war der einzige Vorwand, den ich hatte. Solange sie gefangen war, hatte ich einen Grund zu schweigen. Ich sah daher mit gemischten Gefühlen zu, wie sie in einem dicken schwarzen Tschador mit unsicheren Schritten aus einer Moschee in Bagdad trat. An ihrer Seite war der Imam, der ihre Freilassung ausgehandelt hatte. Ihr Gesicht war so gut versteckt unter dem Schleier, dass ich nichts von ihm ablesen konnte, aber ihre Stimme war kräftig, als sie allen dankte, die ihr geholfen hatten. Sie bestritt, dass die italienische Regierung ein Lösegeld bezahlt habe.
Vierundzwanzig Stunden
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