Des Teufels Werk
hat einen Toast verdient«, sagte sie und nahm zwei Gläser aus dem Schrank. »Und Ihre Eltern auch. Ich sehe nicht ein, warum wir ihrer nicht gedenken sollen, bloß weil Bagley einen Schuss hat. Los, machen Sie ihn auf. Wenn Sie nicht gewesen wären, wären wir alle tot.«
So sah ich es nicht. »Moment mal, wenn ich nicht gewesen wäre, wären Sie überhaupt nicht in Gefahr geraten«, entgegnete ich. »Wenn ich mich nicht hier verkrochen hätte, wäre das alles nicht geschehen.«
»So ein Schwachsinn«, sagte sie verächtlich. »Da können Sie genauso gut Ihrem Vater die Schuld geben, weil er nicht im Hotel geblieben ist – oder Peter, weil er kam, als er kam, oder mir, weil ich aus der Küche hinausgegangen bin. Sie sollten im siebten Himmel sein.«
»Reden Sie weiter, dann bin ich bald dort«, sagte ich schon heiterer, während ich den Draht um den Flaschenhals abdrehte. »Von Ihnen mit Champagner und Komplimenten verwöhnt zu werden, bringt mich total aus der Fassung, Jess.« Ich ließ den Korken knallen und kippte Schaum in eines der Gläser. »Trinken Sie auch was davon?«
Sie schaute die Flasche an, als enthielte sie ein Hexengebräu. »Okay, warum nicht? Ich kann immer zu Fuß nach Hause gehen.«
»Wann haben Sie das letzte Mal Champagner getrunken?« Ich fragte mich, wie schnell und wie stark der Alkohol bei ihr wirken würde.
»Vor zwölf Jahren – am Geburtstag meiner Mutter.« Sie stieß mit mir an. »Auf Bertie«, sagte sie. »Er war einer von den Guten. Ich habe ihn auf der oberen Wiese unter einem kleinen Kreuz begraben, auf dem ›Für Mut und Tapferkeit‹ steht, und Bagley, dieser Arsch, hat ihn ausgraben lassen, um zu sehen, ob nicht vielleicht MacKenzie darunter liegt. Ist das zu fassen? Er behauptete, das wäre ganz normal.«
»Auf Bertie«, wiederholte ich, »und Bagley soll der Schlag treffen. Was haben Sie zu ihm gesagt?«
Sie kostete vorsichtig und schien überrascht, dass sie nicht auf der Stelle tot umfiel. »Ich habe ihn einen Grabplünderer genannt. Peter war auch dabei, und er hat Bagley gründlich die Meinung gesagt. Er hat ihn immer wieder gefragt, wie ich's denn hätte schaffen sollen, MacKenzie aus dem Haus zu schmuggeln, ohne dass jemand etwas merkt. Ich glaube, bis zu dem Moment hatte er überhaupt nicht gemerkt, wie tief er uns reingeritten hatte. Wissen Sie, dass er der Polizei von unseren Spekulationen über abgehackte Schwänze insbesondere bei MacKenzie erzählt hat? Die haben mich mehr über Kastration als sonst was gefragt.«
Ich betrachtete sie nachdenklich über den Rand meines Glases hinweg. »Bei mir ging es immer nur um Manipulation und Kontrolle. Peter hatte ihnen erklärt, ich hätte genau gewusst, was ich tat – ich hätte sogar Ihren Hunden Befehle gegeben.«
Zum ersten Mal nahm Jess ihn in Schutz. »Er wollte loben, wo Lob am Platz war. Leider ist der Schuss ganz gemein nach hinten losgegangen – aber er hat es gut gemeint.«
»Was haben die
ihm
denn erzählt, was
wir
über
ihn
gesagt haben?«
Sie warf mir einen amüsierten Blick zu. »Männer nähmen nur Platz weg.«
»Also, von mir stammt das nicht. Das habe ich vielleicht gedacht, aber nicht gesagt.«
Sie nickte. »Peter sagte, Bagley habe
mich
zitiert. In Wirklichkeit habe ich etwas Ähnliches gesagt wie ›Wenn's kritisch wird, sind Männer zu nichts nütze‹, aber Bagley hat das nach Kräften ausgeschlachtet. Haben Sie Peter beschuldigt, MacKenzie befreit zu haben?«
»Nicht direkt. Ich habe nur gefragt, warum sie uns so erbarmungslos durch die Mangel drehen und ihn nicht, obwohl er doch genau die gleichen Möglichkeiten hatte wie Sie und ich.«
»Es wurde als glatte Beschuldigung hingestellt. Bagley zufolge haben Sie mit allen Mitteln versucht, Peter in die Pfanne zu hauen. Nur meine Aussage bezüglich der Zeiten habe ihn entlastet.«
Ich trank einen Schluck Champagner. »Hat Peter sich darüber geärgert?«
»Ich weiß nicht. Er ist im Augenblick etwas seltsam.« Sie wechselte das Thema. »Madeleine hat ihn übrigens angerufen und gesagt, dass sie morgen kommt. Sie hat mit irgendjemandem im Dorf gesprochen und gehört, MacKenzie hätte es auf Sie abgesehen gehabt, weil Sie ihn von früher kannten. Jetzt will sie unbedingt mit dem Beamten sprechen, der die Ermittlungen leitet.«
»Warum?«
Jess zuckte mit den Schultern. »Vielleicht meint sie, es ließe sich Geld damit machen.«
»Wie denn?«
»Scheckbuchjournalismus.« Sie rieb Daumen und Zeigefinger aneinander. »Sie machen
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