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Des Teufels Werk

Titel: Des Teufels Werk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters
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den Hof und sah meine Sachen. Sie fragte, ob ich eine Aufnahme von Madeleine machen könnte, bevor die nach London ging. Sie wollte eine Porträtaufnahme – wie aus dem Atelier«, erklärte Jess mit Verachtung, »aber ich sagte, ich würde nur mit dem Meer als Hintergrund fotografieren.« Sie schwieg, in Gedanken versunken.
    »Und?«
    Sie zuckte mit den Schultern. »Madeleine war fast die ganze Zeit entweder mürrisch, oder sie hat affektiert gegrinst – alle anderen Negative sind Mist, nur dieses eine ist gut geworden. Es war komisch, anfangs habe ich versucht, halbwegs nett zu ihr zu sein, aber erst, als ich ihr ins Gesicht sagte, was ich wirklich von ihr dachte, hat sie sich herumgedreht und mich mit diesem Lächeln angesehen.«
    »Vielleicht nahm sie Ihre Tirade als Beweis dafür, dass Sie von Ihrer Verwandtschaft mit ihr nichts wussten. Darüber hätte sie doch sicher lächeln müssen, oder?« Ich zog fragend die Augenbrauen hoch. »Sie war wahrscheinlich völlig panisch, solange Sie nett zu ihr waren – vor allem, weil das ja nicht Ihre Art ist.«
    Jess machte ein finsteres Gesicht. »Dann ist sie noch dümmer, als ich dachte. Sie kann doch nicht im Ernst glauben, ich würde freiwillig zugeben, dass ich mit einer mannstollen Zicke ohne jedes Talent verwandt bin.«
    Ich unterdrückte ein Lächeln. »Dann hören Sie auf, sich über sie aufzuregen. Lassen Sie sie einfach hinter sich, und gehen Sie Ihren eigenen Weg.«
    »So würden Sie es wohl machen?«
    »Nein.«
    »Wie dann?«
    »Ich würde sie zwingen, jede Verleumdung, die sie je über mich und meine Familie verbreitet hat, zurückzunehmen und sie dann zum Teufel schicken.« Ich prostete ihr zu. »Für mich persönlich spielt es überhaupt keine Rolle, ob Sie eine Wright oder eine Derbyshire sind – für mich sind Sie Jess, ein einzigartiger Mensch –, aber wenn der Name Derbyshire Ihnen so viel bedeutet, dann kämpfen Sie um ihn.«
    »Wie soll ich das denn machen?«, fragte sie. »Wenn ich zugebe, dass ich eine Wright bin, gibt es die Derbyshires nicht mehr.«
    Ich weiß nicht, ob es gut oder schlecht war, dass mir für dieses Dilemma das Verständnis fehlte. Jedenfalls war ich nicht so sensibel für den inneren Aufruhr, den sie fühlte, aber mir haben Etiketten auch nie viel bedeutet. »Wenn Sie es ganz genau nehmen wollen, Jess, hat es die Derbyshires schon nicht mehr gegeben, als Ihr Vater zur Welt kam. Der letzte überlebende Angehörige dieser Familie war Ihr Urgroßvater, ein trunksüchtiger Erpresser, der eine Gelegenheit sah, sich ein schönes Stück Land unter den Nagel zu reißen, und sie ergriff. Es war wahrscheinlich das Lohnendste, was ein Derbyshire je getan hat, aber ich wette, der Hof wäre heute nichts als Wildnis, wenn nicht Ihr Vater die Dreingabe bei dem Geschäft gewesen wäre.«
    Sie schaute unglücklich zu ihren Händen hinunter. »Das ist schlimmer als alles, was Madeleine je gesagt hat.«
    »Kann sein, aber die Wrights sind ja auch nicht besser«, fuhr ich fort. »Der Einzige mit ein bisschen Dynamik war der alte Knabe, der das Haus und das Tal gekauft hat, aber seine Nachkommen waren lauter Taugenichtse – faul – geldgierig – selbstsüchtig. Nur durch einen glücklichen Zufall, wahrscheinlich, weil die Gene Ihrer Großmutter so stark waren, erbte Ihr Vater diese Charakterzüge nicht – und Sie auch nicht –, aber bei Madeleine sind sie voll ausgeprägt.«
    »Und? Deswegen bin ich trotzdem keine Derbyshire.«
    »Aber es ist ein guter Name, Jess. Ihre Großmutter, Ihr Vater und Ihre Mutter haben ihn gern getragen – ebenso vermutlich Ihr Bruder und Ihre Schwester. Ich verstehe nicht, warum Sie so wenig bereit sind, um ihn zu kämpfen.«
    Sie rieb sich verwirrt die Stirn. »Aber das tue ich doch. Deswegen will ich doch nicht, dass etwas von der Geschichte herauskommt.«
    »Es wird nichts herauskommen«, sagte ich, »wenn Sie dafür sorgen, dass alles unter Ihnen und Madeleine bleibt.«
    Sie sah noch unglücklicher aus. »Sie meinen, ich soll sie erpressen?«
    »Warum nicht? Als die Derbyshires es das letzte Mal versucht haben, hat es doch auch geklappt.«

21

    Madeleine war schon fast wieder bewundernswert in ihrer Falschheit. Sie erschien am nächsten Morgen um elf mit teilnahmsvoller Miene und sagte, sie komme gerade von Peter, der ihr von den schrecklichen Ereignissen des vergangenen Wochenendes erzählt habe. Sie sah frisch und hübsch aus in einem Hemdblusenkleid aus weißer Baumwolle, und ich musste an die Worte

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