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Des Teufels Werk

Titel: Des Teufels Werk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters
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glaubte, ich müsste davon erst noch überzeugt werden. Es hätte schon einiges geschehen müssen, um an Jess' Wort zu zweifeln. Einem Menschen, mit dem man in höchster Gefahr zusammengehalten hat, beginnt man nicht hinterher zu misstrauen. »Warum wollen Sie das Haus nicht haben?«, fragte ich neugierig. »Es ist einen Haufen Geld wert. Sie könnten es verkaufen und mehr Land dazukaufen.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Mehr kann ich gar nicht bewirtschaften. Außerdem wird Madeleine das Testament garantiert anfechten – und das würde die Hölle werden. Nie im Leben unterziehe ich mich einem DNS-Test, um nachzuweisen, dass ich mit ihr verwandt bin. Ich möchte überhaupt nicht, dass das bekannt wird.«
    »Haben Sie mit Peter darüber gesprochen?«
    »Nein. Mit niemandem.«
    »Auch nicht mit Nathaniel?«
    Sie trank einen Schluck Champagner. Ich konnte nicht erkennen, ob der Widerwille in ihrem Gesicht dem Getränk galt oder Madeleines Ehemann. »Nein, aber ich glaube, er hat es erraten. Als ich ihm von der Vollmacht erzählte, hat er mehrmals gefragt, ob das Testament auch geändert worden sei. Ich habe gesagt, ich wüsste es nicht.« Sie brach verärgert ab. »An dem Abend hat er mich echt genervt. Er sagte, ich schuldete ihm eine zweite Chance, er hätte mir schließlich nach dem Tod meiner Familie über das Schlimmste hinweggeholfen. So ein Witz!«
    Ich hätte beinahe gefragt, warum gerade an diesem Abend im Besonderen. Nathaniel Harrison hätte mich
jeden
Abend genervt. Stattdessen sagte ich: »War das vor oder nach Ihrem Brief an Madeleine?«
    »Nachher.«
    »Dann wird sie ihn beauftragt haben – wahrscheinlich ist sie sogar mit ihm zusammen hergekommen. Vielleicht knöpften sie sich erst Lily vor, und als sie aus der nichts Vernünftiges herausbekamen, probierte Nathaniel es bei Ihnen. Sie glauben alles, was er sagt, Jess, aber – ganz im Ernst – welcher Mann wäre fähig, eine alte Frau erfrieren zu lassen, nur weil er sich über sie geärgert hat? Mindestens hätte er doch am nächsten Tag zur Besinnung kommen und Sie oder Peter anrufen müssen, um sich zu vergewissern, dass mit ihr alles in Ordnung ist.«
    »Ich weiß«, stimmte sie zu, »und ich will ihn ja auch gar nicht in Schutz nehmen, aber wenn er Madeleine von der Vollmacht erzählt hat, warum hat sie dann nichts dagegen unternommen?«
    »Vielleicht hat sie das ja getan. Vielleicht haben sie und Nathaniel Lily Druck gemacht, um sie zu einem Sinneswandel zu bewegen. Einer alten Frau die Heizung abzudrehen, ist schon mal ein erster Schritt.« Ich schwieg einen Moment. »Ich habe in den letzten Tagen viel über diese Geschichte nachgedacht, Jess, und man mag es drehen und wenden, wie man will, ich bin überzeugt, Madeleine weiß, dass Sie beide miteinander verwandt sind. So, wie sie über Ihre Familie herzieht! Wenn Sie nicht alle mit dem Down-Syndrom oder der Syphilis behaftet sind, dann sind Sie ehemalige Leibeigene mit schlechten Erbanlagen, die jung sterben.«
    »Das hat sie alles von Lily.«
    »
Und
das Übrige auch«, sagte ich langsam. »Vielleicht war Lily nach dem Tod ihres Mannes einsam und wollte sich mit ihrem Bruder aussöhnen – und beging den Fehler zu glauben, ihre Tochter empfinde ähnlich. Vielleicht steckte das hinter der wöchentlichen Zuwendung – sie war ein Schmerzensgeld für Madeleine dafür, dass sie mit niedrigstem Plebs verwandt war.«
    Jess warf mir einen vernichtenden Blick zu.
    »Aber so sieht Madeleine Sie. Und Lily auch, wenn Sie ehrlich sind.«
    »Ich weiß.« Sie sandte einen Blick zurück in eine triste Vergangenheit. »Sie hat meinen Vater wie Dreck behandelt, bis Robert starb. Dann war er plötzlich unentbehrlich. Tu dies, tu das, und er hat's immer brav getan. Ich weiß noch, dass ich ihm vorgehalten habe, er sei peinlich für uns alle. Das war das einzige Mal, dass er mit mir böse geworden ist.«
    »Was hat er gesagt?«
    Sie kniff die Augen zusammen bei der Erinnerung. »Dass es ihn nicht wundern würde, so etwas von Madeleine zu hören, dass er es aber von mir nicht erwartet hätte. Gott! Wenn ich mir vorstelle, dass er sich so etwas von Madeleine gefallen lassen musste – dass sie ihn angebrüllt und ihm vorgeworfen hat, er sei peinlich! Armer Pa. Er ist Streit immer aus dem Weg gegangen.«
    »Wusste er, dass Lily Sie gebeten hatte, dieses Foto zu machen?«
    Sie nickte. »Er hat mich sogar gedrängt, ihr den Gefallen zu tun. Man könne doch ein bisschen nett sein, sagte er. Lily kam irgendwann mal auf

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