Des Teufels Werk
dunklen Augen zusammen, allerdings eher abwägend als geringschätzig. »Nicht, wenn Sie sie nicht da haben wollen.«
Ich stand auf. »Dann komme ich gern mit. Danke.«
»Sie müssen aber Ihren Wagen hier wegfahren, kann sein, dass Harry oder Julie zurückkommen. Wenn Sie da oben parken« – sie wies nach links – »sehen Sie den Weg zur Hintertür. Wir treffen uns dort. Ich will noch nach den Hunden sehen.«
Das Haus war ein schmaler, aus mehreren Erweiterungen zusammengestückelter Bau aus dem gleichen Purbeck-Stein wie Barton House und die Häuser in Winterbourne Barton. Sein Kern, die Räume rund um die Haustür, stammte aus dem siebzehnten Jahrhundert, die beiden Seitenflügel waren im neunzehnten und zwanzigsten Jahrhundert angebaut worden. An Fläche war es beinahe so groß wie Barton House, aber es war eben Stückwerk, und deshalb fehlten ihm dessen Eleganz und klare Linien.
Wir kamen durch die Küche, die größer, heller und besser ausgestattet war als Lilys. Durch ein Fenster sah man in den Garten hinaus, nichts als Rasen, kein Busch und keine Blume weit und breit. Innerhalb der Buchenhecke war ein zwei Meter hoher Maschendrahtzaun, damit die Hunde nicht hinauskonnten, und in einer Ecke stand ein großer Zwinger aus Holz. Im Augenblick waren die Tiere nicht zu sehen.
»Sie sind vorn«, sagte Jess, als hätte sie meine Gedanken gelesen. »Ich lasse sie wieder in den Garten, wenn Sie weg sind. Meine Mutter hatte rundherum Blumenbeete, aber der erste junge Mastiff, den ich hatte, hat sämtliche Pflanzen ausgebuddelt. So wie es jetzt ist, ist es einfacher.«
»Sind sie immer im Freien?«
»Wenn ich arbeite, ja. Wenn ich im Haus bin, hole ich sie herein. Stellen Sie sich die Hunde einfach als überdimensionale Kaminvorleger vor, dann finden Sie sie vielleicht nicht so beängstigend. Mastiffs sind gesellige Tiere – sie sind gern mit Menschen zusammen. Wenn sich ein Fremder nähert, stellen sie sich schützend vor ihren Herrn, aber sie würden nie als Erste angreifen.«
Ich wechselte ein wenig zu abrupt das Thema. »Das ist ein sehr schöner Raum hier, Jess. Viel schöner als Lilys Küche.«
Sie sah mich einen Moment schweigend an, bevor sie sich abwandte und die Kühlschranktür öffnete. »Möchten Sie sich den Rest des Hauses ansehen, während ich die Brote mache? Sie sind doch sicher neugierig – alle anderen sind's jedenfalls.«
»Stört es Sie?«
Ein gleichgültiges Schulterzucken war die einzige Antwort.
Es war sicher nicht die herzlichste Einladung, die man sich vorstellen konnte, aber das sollte mich nicht stören. Das Haus, das wir bewohnen, verrät ebenso viel über uns wie unser Verhalten, und Jess hatte richtig vermutet, ich war neugierig und wollte sehen, wie sie lebte. Ich hatte verschiedentlich gehört, in dem Haus sei die Zeit stehen geblieben, es sei eine einzige Gedenkstätte an ihre Familie, voll mit Reliquien und Todessymbolen in Form ausgestopfter Tiere. Auf diese stieß ich gleich draußen im Hausflur – ein Fasan, ein junger Fuchs, zwei Wiesel und ein Dachs in Glasvitrinen.
Ich befand mich im alten Haus, in jenem Teil, der aus dem siebzehnten Jahrhundert stammte. Man meinte tatsächlich, hier wäre jahrelang nichts angerührt worden. Die einzige Quelle natürlichen Lichts war ein Fenster auf halbem Weg die Treppe hoch, aber es ließ nicht genug Helligkeit ein, um die dunkle Eichentäfelung an den Wänden etwas weniger düster erscheinen zu lassen. Die Holzbalken, von denen die Decke getragen wurde, waren uralt, und die Fliesen zwischen der Haustür und der Treppe zeigten sichtbare Mulden.
Die beiden Zimmer jedoch, die vom Flur abgingen, widerlegten jeglichen Eindruck zeitlichen Stillstands. In dem einen, offensichtlich Jess' Büro, standen Aktenschränke, ein Schreibtisch und ein Computer, das andere war mit einem alten Sofa und einem Haufen Sitzsäcken möbliert, die aufdringlich nach Hund rochen. Vor der längsten Wand standen eine stahlgraue Designer-Hi-Fi-Anlage und, rund um einen Plasma-Bildschirm angeordnet, ein Regal voller CDs, DVDs, Videos und Schallplatten. Einen Musik-, Film- und Fernsehfreak hätte ich in Jess nicht vermutet, aber sie war offensichtlich einer. Sie bekam sogar Sky Digital, wenn die unverwechselbare schwarze Fernbedienung auf dem Sofa ein Hinweis war. Schöne Gedenkstätte an die Vergangenheit, dachte ich neidisch und wünschte, Barton House hätte mehr zu bieten als vier terrestrische Programme und einen lumpigen kleinen Bildschirm im
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