Des Teufels Werk
kann sie sich als die Güte in Person verkaufen.«
Es war ein seltsamer Gedanke. »Aber seine Gemälde sind ja nicht bösartig, sie sind nur einfach nicht sehr gut. Wenn er auch nur eine Spur Talent hätte, wären sie längst verkauft und würden nicht in Barton House Staub sammeln.«
»Dann ist es eben eine bösartige Zerstörung von Talent«, erklärte sie kurz und knapp. »Er war gut, bevor er Madeleine geheiratet hat. Peter hat eines seiner frühen Bilder. Das sollten Sie sich ansehen.« Sie öffnete eine Tür am Ende des Flurs. »Waren Sie hier schon?«
»Nein.«
»Das ist das beste Zimmer.«
Ich dachte, diese Beschreibung bezöge sich auf Größe und Einrichtung des Zimmers oder vielleicht darauf, dass es für Gäste gedacht war, deshalb war ich nicht auf das vorbereitet, was mich erwartete: ein großer, weiß getünchter Raum hinter geschlossenen Läden, auf dessen Parkettboden kein einziges Möbelstück stand. Mittendurch verlief eine asymmetrisch angeordnete Reihe schmaler Stellwände, an denen Mini-Lautsprecher angebracht waren. Ich hatte keine Ahnung, was ich da vor mir hatte, bis Jess auf einem Schaltbrett neben der Tür mehrere Knöpfe drückte und plötzlich Geräusche und bewegte Bilder den Raum lebendig machten.
Ganz kurz, als auf der hintersten der Wände der Hof erschien, glaubte ich entsetzt, ich müsste mir jetzt ein Endlosvideo ihrer Familie ansehen. Dann hätte ich Lily zugestimmt. Was konnte kränker sein, als im Dunklen zu sitzen und zuzuschauen, wie Menschen, die lange tot waren, sich auf längst vergessenen Festen tummelten oder sich bei Schulaufführungen produzierten?
»Es ist der Lebenszyklus des Wiesels«, sagte Jess, als andere Bilder über die Wände flimmerten. »Diese Fähe hatte sich über den Winter unter dem Haus eingenistet – sie ist in den Clambar Forst umgezogen, als die Hunde den Eingang zu ihrer Höhle entdeckten. Das sind die Jungen – sie bringt ihnen das Jagen bei. Daher wahrscheinlich der Mythos von den Wieselbanden. Tatsächlich sind Wiesel ausgesprochene Einzelgänger und tun sich nur zur Paarung zusammen. Da, schauen Sie sich das an. Sind sie nicht wunderschön? Die Bauern sollten sie schützen anstatt sie abzuschießen. Sie stehlen zwar Eier und Küken, wenn man ihnen die Gelegenheit dazu lässt, aber am liebsten nähren sie sich von Feld- und Wühlmäusen.«
»Das sind tolle Bilder«, sagte ich. »Wer hat sie aufgenommen?«
»Ich.«
»Haben Sie auch den Raum hier eingerichtet?«
Sie nickte. »Ich habe die Stellwände so leicht gemacht, dass man sie je nach dem Effekt, den man erreichen will, umgruppieren kann. Manche Filme sind wirkungsvoller, wenn die Wände einen fortlaufenden Bogen bilden – wie Vögel im Flug. Ich habe ein paar großartige Aufnahmen von Krähen, die morgens ausfliegen, es ist faszinierend, ihnen zuzuschauen, wie sie in dem Bogen kreisen. Bei den Wieseln ist die versetzte Anordnung wirkungsvoller, weil sie zeigt, wie territorial diese Tiere in ihrem Verhalten sind.«
»Kann ich die Krähen mal sehen?«
Sie schaute auf ihre Uhr. »Der Aufbau dauert zu lang. Ich müsste auch die Projektoren umstellen.« Sie berührte das Schaltbrett und tauchte das Zimmer wieder in Dunkelheit, ehe sie mich hinausschob und die Tür schloss. »Im Moment arbeite ich am Ton für die Wiesel, aber vielleicht baue ich die Krähen auf, wenn ich damit fertig bin.«
Ich folgte ihr zurück in die Küche. »Wozu machen Sie die Filme? Für den Schulunterricht? Was fangen Sie mit ihnen an?«
»Nichts.«
»Wie meinen Sie das – nichts?«
Sie nahm von der Arbeitsplatte einige in Zellophan eingepackte Brote und schob sie in ihre Tasche. »Es ist nur ein Hobby«, sagte sie.
Ich starrte sie ungläubig an. »Sind Sie verrückt? Wozu machen Sie Filme, wenn dann niemand sie zu sehen bekommt? Sie sollten sie zeigen – sich ein Publikum suchen.« Ich hielt inne. »Das ist ungefähr so, als schriebe ich Artikel, die kein Mensch liest.«
»Ich bin eben nicht so wie Sie. Ich muss nicht ständig bewundert werden.«
»Das ist nicht fair.«
Sie zuckte gleichmütig mit den Schultern.
»Was ist denn daran auszusetzen, wenn man sein Talent öffentlich zeigt? Sie sind
gut,
Jess.«
»Das weiß ich«, versetzte sie schroff. »Glauben Sie, ich brauche Sie, um mir das zu sagen? Was wissen Sie denn schon über meine Filmarbeit? Was wissen Sie über Wiesel? Na?« Sie lachte abschließend, als ich den Kopf schüttelte.
»Ich habe nur meine ehrliche Meinung gesagt.«
»Stimmt
Weitere Kostenlose Bücher