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Des Todes Liebste Beute

Des Todes Liebste Beute

Titel: Des Todes Liebste Beute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Rose
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sie aufrichtig.
    »Fünfundzwanzig Prozent in der Rückschau, bei der man immer alles besser weiß.« Reagan gab einen nachdenklichen Laut von sich. »Das wären fünfundsiebzig Prozent, bei denen Sie nichts an der Sache geändert hätten. Wenn das kein vielsagendes Ergebnis ist.«
    Zuerst glaubte sie, dass seine Worte einfach nur so dahingesagt waren, aber als sie ihn ansah, erkannte sie, dass er es sehr ernst meinte. Das gute Gefühl, verstanden zu werden, mischte sich plötzlich mit einer Art Déjà-vu. Und weil sie damit weit besser umgehen konnte als mit seinem Lob, konzentrierte sie sich stirnrunzelnd auf sein Gesicht. »Ich weiß, dass wir uns schon einmal gesehen haben. Gestern Abend sagten Sie, damals hätte ich das Haar aufgesteckt getragen. Was meinten Sie damit?«
    Er öffnete den Mund, wurde aber in diesem Moment von Jacks Ruf unterbrochen. »Wir haben was. Seht euch das an.«
    Reagan und Mia hasteten vor. Kristen folgte ihnen etwas zögernder, zumal sie trotz der Schuhe mit ihrem engen Rock nicht ganz so beweglich war. Sie umrundete den Erdhaufen und blieb am Rand des etwa einen Meter tiefen Lochs stehen. Und schluckte hart.
    Er hat Recht gehabt,
war ihr erster Gedanke.
Wir haben Glück, dass es Winter ist.
Wenn es Sommer gewesen wäre, hätte sich der Leichnam bereits so zersetzt, dass er nicht mehr erkennbar gewesen wäre. Doch in der tiefgefrorenen Erde des Chicagoer Winters war der Mann recht gut erhalten. Ausreichend jedenfalls, um ihn einwandfrei zu identifizieren.
    »Ja. Es ist Anthony Ramey.« Ihre Stimme bebte, aber sie glaubte kaum, dass es ihr jemand verübelte. Selbst Jacks Männern sah man an, dass sie lieber irgendwo anders endlos Fingerabdrücke genommen hätten, als neben einer verwesenden Leiche in einem Erdloch zu stehen. Mia presste sich ein Taschentuch auf Mund und Nase und wanderte um das Grab, um den Toten aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten.
    »Zumindest war er es früher einmal«, sagte Mia durch das Taschentuch. »Meine Güte, Kristen, Ihr ergebener Diener hat aber ziemlich gewütet. Es geht doch nichts über einen kleinen Akt der Selbstjustiz mit biblischem Hintergrund.«
    Sie hatte Recht. Anthony Rameys Körper war nackt zur Ruhe gebettet worden, sodass man auf einen Blick sehen konnte, dass seine Lendengegend … fehlte. Stattdessen befand sich zwischen Beinen und Bauch ein etwa baseballgroßes Nichts.
    »Auge um Auge«, murmelte Kristen. Sie hätte auch gern ein Taschentuch dabeigehabt. Obwohl der Leichnam im Kühlschrank der Natur gelegen hatte, roch er Übelkeit erregend, und plötzlich hätte sie Reagans freundliche Frühstücksgeste am liebsten lautstark verflucht. Die Bagels und der Räucherlachs wollten wieder heraus.
    »Schrotflinte?«, fragte Reagan Mia, und sie nickte.
    »Wahrscheinlich.« Mia hockte sich hin, um besser zu sehen. »Jedenfalls nicht dieselbe Waffe, die ihn getötet hat. Ist wahrscheinlich geschehen, nachdem er tot war. Auf den Polaroids war das noch nicht zu sehen.«
    »Das Labor wird es uns sagen können«, bemerkte Reagan und hockte sich neben Mia. »Was ist das?«
    Mia blinzelte über den Taschentuchrand. »Was ist was?«
    Reagan deutete auf Rameys Kehle. »Diese Spuren um seinen Nacken.« Er ging auf die Knie und beugte sich vor, dann wandte er sich wieder Mia zu. »Sieht aus wie Ligaturmale. Als ob er erdrosselt wurde.« Er drehte sich um. »Jack?«
    Ligaturmale.
Oh, nein,
war alles, was Kristen dachte.
Bitte nicht, nein.
    Jack strich mit einer weichen Bürste die Erde von Rameys Hals. »Sieht so aus.«
    Mia wandte sich zu Kristen um und sah sie fragend an. »Kristen, hat Ramey nicht –«
    Kristen war bereits zu demselben Schluss gelangt. Ihr Magen zog sich zusammen, als sie an das dachte, an was sie nicht denken wollte. Aber es half ja nichts. »Er hat sich hinter seine Opfer angeschlichen und sie mit einer dicken Halskette stranguliert, aber nur so, dass sie nicht schreien konnten. Als sie aufhörten, sich zu wehren, hat er nachgelassen, sie dann in eine dunkle Ecke des Parkhauses gezerrt und sie dort vergewaltigt. Es war die Kette, die dem Prozess den Garaus gemacht hat. Der Verteidiger behauptete, die Polizei habe sie bei einer illegalen Hausdurchsuchung gefunden. Wenn wir dieses Beweisstück hätten verwenden dürfen, hätte ich eine Verurteilung durchsetzen können. Aber so hat der Richter sie nie offiziell gesehen.«
    »Also haben wir es mit einem Nachahmer zu tun«, sagte Reagan.
    Kristen schüttelte den Kopf und sah an Mias

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