Des Todes Liebste Beute
hatte sie überlegt, ob
sie
ihn küssen sollte.
Vielleicht war es das gewesen, was sie so aus der Bahn geworfen hatte.
»Kristen. Du hast Besuch.«
Sie fuhr auf. Lois stand im Türrahmen und musterte sie besorgt. Kristen holte Luft und warf einen Blick auf ihren Kalender. Ihr nächster Termin war erst in einer viertel Stunde.
»Kannst du ihn bitten, am Nachmittag wiederzukommen?« Nach der Pressekonferenz. Nachdem Richardson ihren Fall vor jedem Mikrofon Chicagos zerlegt haben würde.
Ich hätte es Reagan sagen müssen,
dachte sie.
Ich hätte ihn vorbereiten sollen.
Das war das mindeste, das sie für den Mann tun konnte, der sie für einen netten Menschen hielt.
Ha!
»Ich habe im Moment einiges zu tun.«
»Nein, das kann nicht warten.« Owen schob sich an Lois vorbei und hielt eine große Papiertüte hoch. »Sie sind nicht zum Mittagessen gekommen.«
Kristen lehnte sich erleichtert auf ihrem Stuhl zurück. Sie deutete auf den Aktenstapel auf ihrem Tisch. »Zu viel Papierkram.«
Owen runzelte missvergnügt die Stirn. »Papierkram ist kein Grund, das Mittagessen ausfallen zu lassen, Kristen. Ich habe Ihnen Eintopf mit Rindfleisch mitgebracht.« Er stellte die Tüte auf den Tisch und zog die buschigen Brauen hoch. »Und Kirschkuchen zum Nachtisch.«
Sie schaute mit einem Lächeln zu ihm auf. »Sie müssen sich nicht solche Mühe machen.«
Er erwiderte ihren Blick streng. »Was für Mühe? Ich habe ein bisschen Gulasch in eine Plastikschale gegeben und bin ein paar Blocks gegangen. Im Übrigen hatte ich in diesem Gebäude noch ein paar andere Bestellungen.« Er holte eine Schale aus der Tüte und stellte sie vor sie ab. »Ich habe gestern Abend diese Richardson im Fernsehen gesehen.«
Sie seufzte. »Ja, ich durfte gerade noch das Ende genießen.«
Owen blickte finster. »Ist es wahr, was sie behauptet? Dass wir einen Killer in der Stadt haben, der Selbstjustiz verübt?«
Kristen nahm den Deckel von der Schale. Es roch wunderbar. »Owen, Sie wissen, dass ich Ihnen dazu nichts sagen kann.« Sie schaute auf und versuchte ein Lächeln. »Darf ich das trotzdem noch essen?«
Er erwiderte das Lächeln nicht. »Ich habe den ganzen Vormittag Nachrichten gesehen, Kristen. Durch den Bericht von gestern Abend wird viel über Selbstjustiz diskutiert.«
Na, toll.
»Und? Was sagt das Volk?«
Seine Lippen bildeten einen dünnen Strich. »Dass endlich jemand etwas gegen die Kriminalität in dieser Stadt unternimmt.«
Kristen zog eine Grimasse. »So weit dazu.« Sie deutete auf den Stapel Akten. »Daran denke ich bestimmt, wenn es zehn Uhr ist heute Abend und ich immer noch hier sitze.«
»Die Sache könnte ziemlich hässlich werden, Kristen.« Owen zog den Reißverschluss seiner Jacke zu. »Vincent und ich machen uns Sorgen. Sie sollten vorsichtig sein.«
Wartet nur, bis Zoe ihren nächsten Bericht sendet,
dachte Kristen.
Dann wird ›hässlich‹ eine ganz neue Bedeutung erhalten.
»Das bin ich immer, Owen. Vielen Dank für das Essen.«
Freitag, 20. Februar, 13.50 Uhr
Abe stellte eine Tüte auf den Schreibtisch. »Hast du Hunger?«
Mia schaute auf und schnupperte. »Kommt drauf an. Was ist da drin?«
»Gyros und Burger.« Er spähte in die Tüte. »Und Baklava.«
Mia leckte sich die Lippen. »Ich nehme alles Üble zurück, was ich je über dich gesagt habe.«
Abe grinste. »Das glaube ich dir nicht.«
Sie nahm einen Burger. »Hast du etwas von dem Taxifahrer erfahren?«
»Er sagt, er hätte einen weißen Lieferwagen mit einer großen Blume auf der Seite gesehen, kurz nachdem er Littleton gestern Morgen in aller Frühe abgesetzt hat.«
Mias Brauen flogen hoch. »Ein Floristik-Lieferwagen? Hat er sich den Namen merken können?«
»Er meinte, es war irgendwas mit ›Blumen‹«, antwortete Abe trocken, während er sein Gyros auswickelte. Er sog genießerisch den Duft ein. Ihm war nicht bewusst gewesen, wie hungrig er tatsächlich war.
»Tja, damit können wir die Auswahl stark einschränken.«
»Genau. Auf vierhundertsechzig Geschäfte in Chicago. Ich habe mich schon erkundigt.«
»Hat Jack irgendetwas in dem Zeug in Kristens Wagen gefunden, das mit Blumen oder Floristik zu tun hat?«
»Nein, und das macht ihm schwer zu schaffen. Denn wenn der Killer einen Wagen von einem Blumenlieferdienst verwendet hat, müssten wir seiner Meinung nach wenigstens etwas an den Kleidungsstücken gefunden haben. Pollen oder so etwas.« Er deutete auf die gefaxte Liste von Kunden im Großraumgebiet Chicago, die
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