Des widerspanstigen Zaehmung
Todesurteil", beharrte
Chloe. „Du musst etwas unternehmen, um das wiedergutzumachen. Du bist das Oberhaupt der Familie. Wenn du das nicht tust, wird sich Jane nie wieder in der Öffentlichkeit zeigen können."
Grayson dachte an die verführerische junge Frau mit dem honiggoldenen Haar und daran, wie sie den Rest ihres Lebens in Trübsal verbrachte. Welch eine Verschwendung! „Ich beabsichtige ja, etwas zu unternehmen." Was das sein würde, wusste er allerdings noch nicht. Er konnte nur hoffen, dass sein Eingreifen nicht alles verschlimmerte. Immerhin war er nicht gerade für seinen Eifer bekannt, Gutes zu tun. Und doch hatte sich Grayson stets dazu angetrieben gefühlt, sich für die einzusetzen, die mit Füßen getreten wurden - vermutlich aus Schuldgefühl, weil er sich sein Glück nicht hatte verdienen müssen.
Er sah auf. „Heath?"
„Ich mache mich in einer Stunde auf den Weg." „Prügel die Verantwortungslosigkeit aus ihm heraus, aber hinterlass keine sichtbaren Verletzungen." „Warum nicht?"
Grayson lächelte düster. „Ich möchte, dass er ordentlich aussieht, wenn er vor den Altar gezerrt wird."
3. KAPITEL
Eine Dreiviertelstunde später ritt Grayson durch das prachtvoll verzierte Tor, das zum Wohnsitz des Earl of Belshire am Grosvenor Square führte. Während man sein Pferd in den Stall brachte, fiel ihm auf, dass die Vorhänge an den Fenstern des Gebäudes zugezogen waren. Ein verdrießlich dreinblickender Diener begleitete ihn in eines von fünf elegant eingerichteten Empfangszimmern. Der Besuch in Nigels Stadthaus hatte keine Hinweise darauf ergeben, wo der verlorene Bräutigam abgeblieben sein mochte.
Mehrere Minuten lang stand er da und beobachtete, wie die Dienerschaft auf Zehenspitzen durch das Haus schlich, um ja kein Geräusch zu verursachen. Über dem ganzen Gebäude lag eine so düstere Stimmung, als sei überraschend ein Mitglied der Familie gestorben. Er fragte sich, wie man wohl seine impulsive Idee werten würde, die ihn hergeführt hatte. Wie würde die sitzengelassene Braut reagieren, wenn er ihr sein Angebot unterbreitete, vorübergehend als ihr Beschützer aufzutreten? Als Stellvertreter für seinen dummen Cousin? Mit ein wenig Glück tauchte Nigel noch auf, bevor Grayson seinen Plan in die Tat umsetzen konnte, von dem er nicht einmal wusste, wie er überhaupt anfangen sollte. Doch jemand musste den unvermeidbaren Skandal von Jane und ihrer Familie abwenden.
Als Oberhaupt der Familie musste er davon ausgehen, dass ihm diese zweifelhafte Ehre zufiel. Immerhin war er mächtig und beliebt genug, um ihr zu helfen, zudem würde es für ihn eine neue Erfahrung sein, zur Abwechslung einmal als der strahlende Ritter aufzutreten.
Allerdings handelte er nicht völlig selbstlos. Zum einen hoffte er, auf diesem Weg vermeiden zu können, dass der Name seiner Familie in eine Klage hineingezogen wurde. Zum anderen wollte er dem selbstzerstörerischen Verhalten ein Ende setzen, zu dem er und seine Geschwister fast von Natur aus neigten.
Lord und Lady Belshire wirkten ein wenig irritiert, als Grayson in ihren Salon geführt wurde. Lady Belshire hatte soeben eine halbe Flasche Sherry getrunken, und das schwarze, stellenweise angegraute Haar des Earls war zerzaust, außerdem saß das Halstuch schief. Davon abgesehen gelang es ihm aber, sich dem unerwarteten Besucher gegenüber von seiner gewohnt aristokratischen Seite zu zeigen.
„Sedgecroft! Trinken Sie doch etwas. Sagen Sie, haben Sie den Lump gefunden?"
„Noch nicht." Grayson schaute über die Schulter zu zwei attraktiven jungen Frauen, die auf dem Sofa saßen und so taten, als seien sie mit ihren Stickereien beschäftigt. Die eisigen Blicke, die sie ihm zwischen zwei Stichen zuwarfen, hätten ihn zu Stein erstarren lassen sollen - als sei er persönlich dafür verantwortlich, dass einer seiner Verwandten ihre Schwester vergebens vor dem Altar hatte warten lassen.
„Mein Bruder Heath ist auf der Suche nach ihm, er wird sehr diskret vorgehen", fügte er an. „Sollte Nigel noch leben, wird Heath ihn zurückbringen, damit er seiner Pflicht nachkommt."
Lady Belshire musste aufstoßen und hielt sich rasch die Hand vor den Mund. „Ich gestehe, ich hoffe darauf, dass man ihn tot findet. Wenigstens wäre das eine annehmbare Entschuldigung für das, was er meiner Tochter heute angetan hat."
„Herzensbrecher", murmelte eine der beiden jungen Frauen auf dem Sofa.
„Halunke", ergänzte die andere schroff.
Aus dem Augenwinkel
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