Deshalb liebe ich mein Singleleben (German Edition)
auf der anderen Seite bin. Nur dieses Mal will ich nach draußen gehen in das Überwältigende, will erkunden und aus dem Karton ausbrechen. Das Wort Single beschwört Gefühle von Einsamkeit und Alleinsein herauf. Kein Wunder, dass manche Menschen glauben, das Single-Dasein wäre ein schrecklicher Ort, an dem man sein kann. Nur wenige Leute wollen alleine sein, besonders wenn sie für lange Zeit mit jemandem zusammen waren. Sie wollen nicht ausbrechen in diese große Welt, ganz auf sich allein gestellt.
Aber junge Vögel würden niemals lernen zu fliegen, wenn ihre Mütter (oder in meinem Fall Schwester) sie nicht aus ihrem Nest stoßen würden. Sie müssen einfach ihre Flügel benutzen.
Ich habe die Tür nicht vor ihm geschlossen; ich habe sie für mich geöffnet. Und diesmal habe ich mich selbst aus dem Nest gestoßen und meine zitternden, zerbrechlichen Flügel sind ausgebreitet. Wer weiß schon, wohin sie mich bringen werden. Oder euch.
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Thanksgiving
ICH VERBRACHTE DEN Morgen und frühen Nachmittag in hektischer Betriebsamkeit – jede Bewegung rückte das große Ziel eines familienmäßigen Thanksgivings näher und näher. Ich tippte einen Plan aller zu erledigenden Dinge ab, der unbezahlbar war – ich hatte eine To-do-Liste und einen Zeitplan, die ich den ganzen Morgen immer und immer wieder checkte, während im Hintergrund die Macy’s-Thanksgiving-Parade marschierte.
Es war einmal vor langer Zeit, da freute ich mich auf die Zeit, wenn ich einmal eine eigene Familie haben würde und die Gastgeberin von Dinnerpartys und Familienfeiern im eigenen Haus wäre. Zu jung, um hinter meine idealistische Welt zu blicken, sah ich mich selbst in einer rot karierten Schürze, meinen vernarrten Ehemann anlächelnd (vermutlich entweder Michael J. Fox oder irgendeiner der Schauspieler aus
Die Outsider
), und ausgezogene Esstische, die so gedeckt waren, dass sie es verdient hätten, auf Fotos in einem Magazin zu erscheinen. Und trotzdem schien es jedes Jahr sinnvoller für mich zu sein, zu Olivia zu gehen, als mein eigenes Thanksgiving-Fest zu veranstalten, sogar als ich mit Shaun zusammen war.
Als ich also letzten Monat entschied, genau das zu machen (der Gedanke, zu einem
Familien
-Essen einzuladen, jagte mir einen angenehmen Schauer über den Rücken), erstellte ich begeistert eine Liste von zehn Gästen (mich eingeschlossen) und rief einen nach dem anderen an, angefangen bei Olivia. Sie wand sich erst undbeklagte sich über Flüge und Hotelvorkehrungen, schien sich aber mit der Idee anzufreunden.
»Ich würde in diesem Jahr liebend gerne nichts mit dem ganzen Mist zu tun haben«, sagte sie.
Ich zuckte bei dem Wort
Mist
zusammen – seit wann zählte seine Familie bei sich zu haben als Mist? – und Olivia schien es auch gemerkt zu haben. »Ich meine«, ruderte sie zurück, »ich würde dir sehr gerne helfen.«
»Ja, das wäre großartig«, antwortete ich und war bei dem Gedanken an ein volles Haus jetzt schon aufgeregt.
Wegen Minervas Vorschlag, die Feiertage bei Jays Eltern zu verbringen, hatten beide abgesagt. Ich glaube, es war ihre Vorstellung von Bußetun wegen des Vorfalls mit Cici. Ich verstand und hoffte insgeheim, dass sie sich nicht selbst einem weiteren Versagen ihrerseits aussetzte.
Beulah sagte wegen anderer Pläne auch ab. Ich hatte mit Beulah nie wirklich über den Brief, den sie mir geschickt hatte, gesprochen oder darauf geantwortet. Doch seitdem hatten wir eine unausgesprochene Verbindung, eine Kommunikation ohne Worte, die ein gegenseitiges Verständnis hervorgebracht hatte. Es war, als hätten wir beide uns
gefunden,
und dem Ganzen eine Stimme zu geben, wäre überflüssig. Als der Ausdruck in ihren Augen mir nämlich sagte, dass sie die Feiertage mit Lily verbringen würde (das erste Mal seit Jahren), hätte ich nicht glücklicher für sie sein können.
Scott war auch auf der Gästeliste gewesen, aber aus offensichtlichen Gründen sprach ich diese Einladung niemals aus. Norman dagegen freute sich genauso sehr wie ich (für ihn und Jeannie war es zu früh in ihrer Beziehung, größere Feiertage miteinander zu verbringen, wie er mir erklärte) und bot sogar an, einen Nachtisch mitzubringen.
Also gut, es würde also nicht der ausgezogene Esstisch werden, aber sechs waren völlig ausreichend.
Ich war bereits zwei Tage vorher in der Küche mit Moms verkleckerter Ausgabe von
The Joy of Cooking
, der Bibel aller Kochbücher, komplett mit angesengten Ecken, Beweise eines
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