Deshalb liebe ich mein Singleleben (German Edition)
um irgendwas hinzukriegen. Ich fühlte mich gereizt, aufgewühlt, unkonzentriert. Ich hasste solche Tage und mein Frust wurde nur noch schlimmer, während ich von einem Zimmer zum nächsten ging, von Aufgabe zu Aufgabe, ohne auch nur eine Sache fertigzubringen oder zur Seite zu legen.
Außerdem war es noch dazu ein grauer Tag. Einer dieser Tage, an denen der Himmel in verschiedene lila ähnliche Grautöne um die Ränder von Wolken herum getaucht ist, die sich unter noch mehr Wolken schieben. Die Mitarbeiter von Wilmingtons Wetterstation hatten für den Nachmittag mit dreißigprozentiger Wahrscheinlichkeit Gewitterstürme angekündigt und ich konnte die Elektrizität in der Luft geradezu schmecken.
Ich ließ die Rechnungen, die ich kaum geschafft hatte zu sortieren, liegen, nahm mir meine Schlüssel, steckte einen Stift und ein kleines Notizbuch mit Eselsohren zusammen mit einer Flasche Wasser in eine Tragetasche und ging nach draußen.
Ich lebte in der Nähe des Strandes, bequem mit dem Fahrrad zu erreichen, aber wenn ich mit dem Auto hin- und zurückfuhr, hätte ich mehr als genug Zeit, damit ich am Meer sitzen und das rhythmische Rauschen der Wellen meine Balance wiederherstellen konnte. Auf dem Weg dorthin behielt ich den Himmel im Auge, den ich nach leuchtenden Blitzen, die sich vielleicht jetzt schon zeigten, oder helleren Wolken absuchte, die sie verdecken könnten.
Als ich am Strand ankam, hatte es angefangen zu regnen, ein feiner Nieselregen wie dieser künstlich hergestellte, der zum Wässern von Gemüse benutzt wird, während Gene Kelleys
Singin’ in the Rain
leise aus den Lautsprechern in Supermärkten summt. Ich stieg aus und seufzte, hielt mein Gesicht in die Feuchtigkeit, bevor ich mir meine Kapuze über den Kopf zog und meinen Pferdeschwanz darunterstopfte. Der Strand in der Nähe der NCLA war eine Mischung aus weißen, flachen Dünen, gesprenkelt mit kleinen Schalenstückchen von Kammmuscheln, Venusmuscheln und Kieselsteinen. Das Meer hatte heute ein glanzloses Grau-Grün und arbeitete sich ungebändigt an den Strand heran. Die Luft hatte einen rauen, salzigen Geschmack und der Niesel fiel sanft herab. Stille schien hier am Strand zu herrschen, aber das Meer rauschte mit jeder sich brechenden Welle und zog mich mit jeder zurückweichenden näher zu sich heran.
Ich suchte mir ein Fleckchen im Sand, machte mir eine Kuhle und versuchte, meinen NCLA-Kapuzenpulli weit genug über meine Jogginghose zu ziehen, damit ich nicht auf dem feuchten Sand sitzen musste. Ich fragte mich, ob ich nicht besser einen Regenmantel hätte anziehen sollen. Ich atmete mehrmals tief ein und aus, schloss meine Augen und hörte dem Geräusch des Meeres zu mit seinem langsamen Rhythmus: das Krachen der Wellen, Rauschen, Stille. Krachen, Rauschen … Stille.
Der Salzgeschmack machte mir ausgerechnet Lust auf dunkle Schokolade. Ich betrachtete hypnotisch die Wellen, Bilder von Schokolade mit ganzen Mandeln kamen über mich. Ich würde welche machen, wenn ich heute Nachmittag ins Grounds käme,dachte ich bei mir. Ein paar Mandeln einkaufen und sie in Meersalz und Butter rösten; dunkle, halbbittere Schokolade mit einem Hauch von Zucker und vielleicht ein bisschen Sahne schmelzen; ich könnte außerdem etwas Lavendel kaufen und dazumischen …
oh ja
…
Krachen, Rauschen … Stille. Krachen, Rauschen … Stille.
Ich leckte mir die Lippen. Die Knie an meine Brust gezogen, drehte ich den Kopf, um den Strand zu betrachten. Ein Jogger, noch zu weit weg, um seine Gesichtszüge zu erkennen, stampfte seinen eigenen, nicht hörbaren Rhythmus in den flachen Teil des Strandes, der nah an der Brandung war. Beide Rennschuhe verbanden knackige Beine in Baggyshorts mit der harten, feuchten Erde. Er wirkte groß und breitschultrig, wie jemand, der einen Raum mit seiner Anwesenheit füllte und jede Farbe satt erscheinen ließ. Als er näher kam, wirkte er vor dem Hintergrund eines grauen Himmels noch leuchtender; sein tiefschwarzes Haar, seine tiefe Hautfarbe, grau melierter Kapuzenpulli und rote Shorts von Wolfpack stachen selbst durch den Dunst des Regens hervor. Ich hasste jeden, der am Strand joggen konnte – der bloße Gedanke daran ließ meine Waden aufschreien. Ich hatte es nur einige wenige Mal ausprobiert, aber meine Lektion bereits gelernt: Bleib auf den Straßen, Wegen und Laufbändern und überlass die Strände den wirklich sportlichen und ausgesprochen masochistischen Läufern. Ich hatte nicht bemerkt, dass ich
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