Deshalb liebe ich mein Singleleben (German Edition)
Du bist diejenige mit dem Konkurrenz-Ding und dem Perfektionismus und dem ganzen Erwartungs-Scheiß, Minerva. Das bist alles
du
. Nicht sie.«
Jay starrte wieder auf die Tafel, nur um ein paarmal tief Luft zu holen, bevor er weitermachte. »Weißt du was, wir sind fertig hier drin. Wir werden diese Unterhaltung nicht wie auf einer Bühneführen. Ich glaube, diese Leute haben bereits genug vorgeführt bekommen.«
Sie streckte eine Hand nach ihm aus, er streifte sie aber ab.
»Wie konntest du nur?«, fragte er und schüttelte traurig den Kopf. »Wie konntest du die glauben lassen, dass ich irgendjemandem – egal wem – erlauben würde, dich so zu behandeln? Wie kannst
du
so was glauben?«
Ich sah den Ausdruck in Minervas Augen in diesem Moment, so als wüsste sie nicht, wie sie das Ganze so in den falschen Hals bekommen hatte. Minerva, die in jedem Kurs, den sie besuchte, die beste Note bekam, die das Periodensystem auswendig konnte, die fünf verschiedene Textmarker benutzte, wenn sie sich Notizen machte. Sie war in diesem Moment völlig versteinert.
Jay schob sich seine Sonnenbrille wieder vor die Augen. »Du kannst nehmen, was du willst; ich warte im Auto. Ich hab keinen Hunger mehr.«
Minerva sah ihm nach, blinzelte heftig und folgte ihm dann ohne ein Wort.
Norman und ich bewegten uns kein bisschen, bis die Tür hinten ihnen zu war.
Norman räusperte sich. »Ja, also, Eva? Wollest du nicht, dass ich die Kaffeevorräte überprüfe? Die Kaffeeleute haben gestern wegen der neuen Jamaika-Sorte angerufen und wollten wissen, ob wir mehr davon brauchen.«
Ich brauchte eine volle Sekunde, bevor ich meine Betäubung abschüttelte. »Oh. Ja, das wäre super. Danke.«
»Ja, ich dachte, ich schaue mal nach«, sagte er und verzog sich in die Küche. Obwohl ich Norman dafür hassen wollte, abzuhauen, obwohl man die Anspannung noch immer spüren konnte, war er zumindest stark genug, sich überhaupt zu bewegen. Ich stieß mich von der Theke ab und begann, Tassen und Unterteller zu stapeln. Ich hoffte, dass das sanfte Klicken die Leere füllen würde, die der abrupte Abgang der Brunswicks hinterlassen hatte und die immer noch von einem Ende des Cafés bis zum anderen hing. Sanfter Jazz kam leise aus den Lautsprechern und untermaltedie übliche Unterhaltung der Gäste, die keinerlei Notiz von dem Streit genommen hatten, der sich gerade direkt vor ihnen ereignet hatte.
Mein Herz schlug instinktiv für Min. Ich beneidete sie nicht um die Heimfahrt oder die unausweichliche Auseinandersetzung, die sie fortsetzen würden, sobald sie zu Hause wären.
Meine Hände hielten inne zwischen zwei Tassen, als mir eines der Mantras meiner Mutter durch die sanfte Geräuschkulisse des Cafés hindurch in den Sinn kam.
Es gibt immer drei Seiten einer Geschichte
, sagte sie, wenn Olivia und ich uns böse anstarrten.
Deine, ihre und das, was wirklich passiert ist.
Cici war wahrscheinlich nicht das Monster, als das Minerva sie dargestellt hatte. Das wär ja auch nur logisch – wie könnte jemand, der anscheinend so schrecklich war, einen so richtig guten Typen großgezogen haben? Sicher, Minerva beschwerte sich manchmal über Jays Eigenarten und Verschwörungstheorien. Aber noch nie hatte ich Jay sauer auf sie gesehen, niemals. Noch nie hatte er ein falsches Wort zu ihr gesagt oder nicht mal einen genervten Blick in ihre Richtung geworfen. Der Gedanke kam mir, dass Minerva auch nicht perfekt war. Sie hatte Eigenarten und schlechte Angewohnheiten. Sie hatte Unsicherheiten. Sie und Jay stritten sich.
Sie führten eine typische Ehe. So hatte ich das Ganze noch nie betrachtet.
Ich stapelte die letzten paar Tassen. Warum dachte Minerva, Jay würde es zulassen, dass Cici sie wie einen Käfer unter ihrem Finger behandeln würde? Und warum hatte ich ihr nicht den Kopf zurechtgerückt, als sie zu mir gekommen war? Ganz egal, ob Cici ein dreiköpfiges Monster oder ein Engel war, Minerva hatte sie zu einer ernst zu nehmenden Größe gemacht – eine, gegen die sie zweifellos niemals gewinnen würde. Für Minerva war dieses Monster real. Ich bin mir sicher, Cici hat irgendwann einmal etwas gesagt oder getan, wodurch sie sich wie ein kleiner Dreckfleck auf dem Boden gefühlt hat. Und Minerva – so wunderbar, stark und energisch sie auch war – war verletzlich. Sie tat sich schwer damit, Enttäuschungen und Schwächen loszulassen, vor allemihre eigenen. Sie liebte Jay so sehr, dass sie perfekt für ihn sein wollte oder perfekt genug, um
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