Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Desiderio - Wenn Engel fallen (Gay Gothic Stories) (German Edition)

Desiderio - Wenn Engel fallen (Gay Gothic Stories) (German Edition)

Titel: Desiderio - Wenn Engel fallen (Gay Gothic Stories) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carol Grayson
Vom Netzwerk:
die Schwestern dieses Klosters? Und wo war sein Vater jetzt? Lebte er überhaupt noch? Und wenn ja, wo konnte er ihn finden? Er war völlig mittellos und auf das Wohlwollen seiner Mitmenschen angewiesen. Eine Reisekutsche zu mieten war ihm völlig unmöglich. Und wo sollte er überhaupt anfangen?
    Erschöpft legte sich Corbinian auf das schlichte Bett und starrte an die weiß verputzte Decke seines Zimmers. Er spürte plötzlich eine unglaubliche Müdigkeit in sich aufstiegen. Erst fiel der Brief aus seiner Hand und, als er sich umdrehte, um etwas zu schlafen, fiel das kleine Kästchen mit den Unterlagen seines Vaters von der Bettkante und zerbrach. Sein Unterbewusstsein registrierte das noch, aber da wurde er bereits von den Geistern seiner Traumwelt entführt. 
     
    Wieder begann alles mit dem Traum von Rosen und Blut, dann wechselte die Szene. Er sah eine vierspännige Kutsche mit schaumbedeckten rotbraunen Pferden davor in halsbrecherischer Weise einen Waldweg entlang fahren. Er wurde verfolgt von einer weiteren Kutsche mit einem roten Greifenwappen auf den Türen, gezogen von sechs pechschwarzen starken Pferden, die keinerlei Ermüdung zeigten.

Erneut wechselte die Kulisse. Wieder folgte die Szene vor dem Spiegel, wieder befand er sich in den Armen eines attraktiven Mannes. Und wieder sah er sich selbst unaufhaltsam im Spiegel altern, während das Gesicht des anderen Mannes ewig jung zu bleiben schien. Er öffnete den Mund zu einem lautlosen Schrei.
     
    Corbinian schreckte aus seinem unruhigen Schlaf hoch. Die Klosterglocke läutete bereits zur Abendmette. Er hatte den gesamten Tag verschlafen! So etwas war ihm noch nie passiert. Was sollten bloß die Brüder von ihm denken? Oder wurde er etwa krank? Er griff an seine Stirn, doch da war keine Spur von Fieber zu entdecken. 
     
    Er erhob sich vom Bett und sein Blick fiel auf das das zerbrochene Holzkistchen. Mit Bedauern hob er die einzelnen Briefe auf, um sie wieder sorgsam mit einer Schleife zu bündeln. Dann  entdeckte er einen noch verschlossenen, braunen Umschlag aus Pergament, versiegelt mit rotem Lack, in das ein Wappen eingedrückt war. Verwundert hob er ihn auf, um ihn aus der Nähe zu betrachten. Er trug keine Adresse. 
    Das Siegel auf der Rückseite kam ihm aber irgendwie bekannt vor. Es zeigte einen Greifen, der mit weit geöffneten Schwingen auf einen Totenschädel herniederstieß. Vorsichtig öffnete er den Umschlag. In kunstvoller Handschrift war mit schwarzer Tinte ein Brief an ein geliebtes Wesen gerichtet worden. Dies war aber nicht die gleiche Schrift wie in den anderen Briefen!
    Corbinian fühlte sich von einem weiteren Rätsel umgeben, als er die sorgsam und malerisch geschriebenen Buchstaben entzifferte.
     
    Mein verlorener Engel, 
    wenn Du diese Zeilen liest, bin ich Dir bereits nahe. Ich fühle Deine Zuneigung, wie Du die meine fühlst. Seit Jahren schon finde ich Dich in meinen Träumen, jetzt weiß ich, dass Du real bist, auch wenn Dein Vater Dich wohl verborgen hat vor mir. Ich habe Dich all die Jahre gesucht, mein einzig wahrer Gefährte, der Du würdig bist, ein Leben an meiner Seite zu führen. Ich will Dich adeln mit allen Segnungen unserer wunderbaren Macht.  In der nächsten Vollmondnacht sende ich Dir eine Kutsche, die Dich direkt in meine Arme führen wird.
    Dein vor Sehnsucht vergehender
    Dominic, Vicomte de Harcourt
     
    Der unbekannte Schreiber war also von Adel. Aber an wen war dieser Brief wirklich adressiert? Schließlich trug er keinerlei persönliche Anrede. Und wie kam er zwischen die Papiere seines Vaters? 
    Immer noch verwirrt beschloss Corbinian, zunächst einmal zum Abendessen zu gehen, denn trotz aller Aufregung meldete sich doch langsam sein Magen. Vielleicht würde er dann endlich einen klaren Gedanken fassen können. Die besorgten Blickte der Brüder tat er mit einem Lächeln ab. Es ginge ihm gut, sagte er nur leise, aber dem Abt waren die Blässe seiner Haut und die leichten Schatten um seine Augen nicht verborgen geblieben. Dieser junge Mensch hatte Sorgen! Erneut bat der Klostervorsteher Corbinian zu einem Gespräch in seinem Büro.

„Mein Sohn, ich verstehe deine Besorgnis. Ich habe zwar nur einige wenige Briefe deines Vaters gelesen, aber …“ Die freundliche Stimme des Abtes wurde von Corbinian unterbrochen, der ihm wortlos den auf braunem Pergament geschriebenen Brief entgegen hielt. Bruder Laurentius wurde bleich. 
    „Was ist?“, fragte diesmal Corbinian voller Besorgnis.
    „Mein

Weitere Kostenlose Bücher