Desiderio - Wenn Engel fallen (Gay Gothic Stories) (German Edition)
leidet.“
Der Novize schüttelte energisch den Kopf. „Das ist keine Schwärmerei, ich empfinde sehr viel mehr für Sie.“
Der Blick von di Angelo war jetzt der eines Raubtieres, das prüfte, ob seine Beute ihm noch entkommen würde. Durchdringend und doch zärtlich. „Ich muss zugeben, ich bin lange keinem so hübschen Mann begegnet wie Euch“, sagte er jetzt mehr zu sich selbst.
„Dann empfinden Sie auch etwas für mich?“
Der Arzt nickte. „Ja, aber … anders.“
„Ich bin bestimmt viel zu jung für Sie.“
„Nein, das ist es nicht. Aber du gehörst nicht in meine Welt. In diese … diese Dunkelheit.“ Jetzt blickte der Junge mit seinen verweinten Augen ihn ganz erstaunt an. „Aber wir tun doch beide den gleichen Dienst an den Menschen“, sagte er leise.
Di Angelo lachte leise und atmete tief durch. „Nicht ganz“, meinte er, „ich habe schon viele Menschen getötet, bevor ich hierher kam.“
„Dann waren Sie Soldat?“
Salvatore schüttelte den Kopf. „Nein, ich führe einen Kampf gegen … sagen wir … eine höhere Macht.“
Abrupt stand er auf und ging zum Fenster. Durch die leicht geöffneten Jalousien konnte man den Vollmond über den Bergen sehen. Es war ein herrlicher, sternenklarer Abend. Grillen zirpten. Doch da war wieder dieses schreckliche Geheimnis zwischen ihnen. Auch Desiderio erhob sich jetzt und ging zu ihm hin. Einem plötzlichen, kindlichen Impuls folgend warf er sich in seine Arme, barg den Kopf an seine Schulter und schmiegte sich an ihn.
„Bitte, lassen Sie mich bei Ihnen bleiben. Es spielt keine Rolle, was Sie getan haben. Sie haben hier so vielen Menschen geholfen und … ich liebe dich, Salvatore.“ Ein verächtliches Lächeln flog über di Angelos Gesicht.
„Du kennst mich doch gar nicht. Es wäre wirklich besser, du würdest einen anderen Dienst tun, mich vergessen und das Gelübde ablegen. Du bist Gott versprochen.“ Desiderio schüttelte heftig den Kopf. „Noch nicht, meine Eltern wollten es so, aber ich will jetzt nur noch bei dir sein.“ Wieder dieser flehende Blick wie ein kleiner Welpe, der um Zuneigung bettelte.
Mit seiner Hand hob Salvatore das Kinn des jungen Mannes hoch und blickte ihm fest in die Augen. Er war einen guten Kopf kleiner als er. „Und du würdest wirklich alles dafür tun?“ fragte er hintergründig.
„Ja“, hauchte der Junge nur und hielt ihn weiter fest umschlungen. Salvatore neigte sich zu ihm und küsste ihn zärtlich auf die Lippen. Desiderio spürte, wie seine Knie nachgaben und hielt ihn nun seinerseits mit festem Griff. Er zitterte und Salvatore ließ ihn langsam zu Boden gleiten. Seine Hände glitten über den zarten Körper. Willenlos gab dieser sich seinen Zärtlichkeiten hin. Als erfahrener Mann hatte er leichtes Spiel und die Unschuld lockte ihn. Er wusste in diesem Augenblick auch, dass seine Anwesenheit hier beendet sein würde, aber der Triumph war zu groß. Es war eine Art Rache an dem, dessen Symbole er seit Jahrhunderten verachtete. Heute Nacht forderte er den Lohn für die Leben, die er hier erhalten hatte. Er nahm sich etwas, was eigentlich bereits Gott gehörte!
Und dieser Gedanke brachte ihm eine große Genugtuung. Di Angelo genoss dieses Siegesgefühl und den jungen Körper, der sich ihm jetzt so willig anbot.
Desiderios Sehnsucht erfüllte sich in dieser Nacht, als er Salvatores Herzenswunsch erfüllte, wie es sein Name versprach – und damit seinen Hunger nach Blut!
„Die Fastenzeit ist vorbei“, sagte der Arzt in Gedanken zu Gott. Er bog den zarten Hals des Knaben nach hinten, der mit geschlossenen Augen da lag. Er stöhnte vor Lust und wehrte sich nicht einmal, als das Leben aus ihm heraus rann. Salvatore hielt nur kurz inne, schien zu zögern, aber dann nahm er ihm das letzte noch verbliebene Kleinod, das Gott ihm geschenkt hatte – seine Seele. Und ein Engel weinte.
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