Desire - Die Zeit Der Rache Ist Gekommen
los ist. Sobald Montoya eintrifft, gehe ich rüber und vergewissere mich, dass bei ihr alles in Ordnung ist. Außerdem werde ich Polizeischutz beantragen.«
»Wow! Nun mal langsam«, versuchte sie ihn zu beruhigen. »Ich denke nicht, dass das nötig ist. Wenn der Kerl mich umbringen wollte, hätte er das mühelos tun können. Ich stand unter der Dusche! Ich habe ihn gesehen, und vermutlich hat er mich auch gesehen, aber er hat mich nicht angegriffen.«
»Noch nicht.«
»Er will mir Angst einjagen, und ja, das ist ihm gelungen.« Sie drehte nervös ihr Handy in den Händen.
»Den beiden anderen Frauen hat er aber mehr als nur Angst eingejagt.«
»Aber die waren auch Nonnen in St. Marguerite.« An der Art und Weise, wie Val die Augenbrauen zusammenzog, konnte Slade erkennen, dass sie angestrengt nachdachte und versuchte, das Puzzle zusammenzusetzen. »Der Mörder weiß, dass ich Nachforschungen anstelle, und genau davon will er mich abhalten.«
»Die Drohung war ziemlich konkret.« Slade wollte es nicht darauf ankommen lassen. »Er will dir Angst einjagen, da hast du recht, will dich dazu bringen, dich aus der Sache rauszuhalten. Doch ich denke, jetzt, da er weiß, dass du Cammies Tagebuch gelesen und in St. Marguerite und St. Elsinore herumgeschnüffelt hast, will er auch Blut sehen.«
»Was zum Teufel will er mit dem Tagebuch?«
»Wer weiß? Vielleicht hat die Polizei ja inzwischen etwas herausgefunden«, sagte er.
Er sah, wie sie erschauderte. »Ich hoffe es«, sagte sie.
»Und vielleicht«, wagte er einen Vorstoß, »sollten wir die Ermittlungen einfach der Polizei überlassen. Das ist ihre Aufgabe, wir stehen den Beamten vermutlich bloß im Weg.«
»Auf keinen Fall.« Sie blickte ihn durchdringend an und trat einen Schritt näher. »Es ist nicht so, dass ich der Polizei nicht vertraue. Du liebe Güte, ich war doch selbst ein Cop! Aber ich weiß, wie spärlich ein Department oftmals besetzt ist, wie viele Stunden man braucht, um einen solchen Fall zu bearbeiten. Ich gehe davon aus, dass sie alles daransetzen werden, Camilles Mörder zu fassen, dass sie vermutlich sogar eine Sondereinheit bilden werden, sich Hilfe beim FBI holen. Das ist alles schön und gut, aber es geht hier um Cammie, um meine einzige Schwester.« Sie stand jetzt so dicht bei ihm, dass ihre nackten Füße die Spitzen seiner Cowboystiefel berührten. »Ich mache keinen Rückzieher, Slade.« Ihr Blick war ernst, ihre Pupillen schienen geweitet. »Und das weißt du. Du kennst mich. Also spar dir deine Worte.«
In diesem Moment konnte er an nichts anderes denken, als sie zu küssen, sie in seine Arme zu ziehen und sie an sich zu drücken, sie bis zum Anbruch der Morgendämmerung zu lieben. Erst danach, wenn die Geister der Nacht, die Trugbilder, die sie heimsuchten, in den Schatten verschwunden waren und das Licht des neuen Tages durchs Fenster auf ihre nackten, schweißbedeckten Körper fiel, würde er sie loslassen. Doch natürlich war das unmöglich.
»Na schön«, gab er sich geschlagen. »Vorausgesetzt, ich kann bleiben. Und zwar genau hier! So lange, bis ich weiß, dass du in Sicherheit bist.«
Zum Glück widersprach sie ausnahmsweise einmal nicht.
Was in seinen Augen ein kleines Wunder war.
Der Anruf ging auf Montoyas Handy ein, als sie gerade in Grace Blancs Apartment fertig geworden waren.
»Auf geht’s!«, sagte er zu Bentz, nachdem er ihn schnell darüber ins Bild gesetzt hatte, dass bei Valerie eingebrochen worden war. Eilig liefen sie über den Parkplatz von Grace Blancs Wohnhaus zum Wagen. Trotz seines Alters und ein paar überflüssiger Pfunde hielt Bentz mit seinem jüngeren Partner Schritt. Sie stiegen in den Crown Vic, Montoya setzte sich ans Steuer.
Der Verkehr wurde immer dünner. Montoya schoss an den langsameren Fahrzeugen vorbei.
»Unser Mann ist viel beschäftigt«, stellte Bentz fest.
»Macht anscheinend Überstunden.« Montoya scherte vor einem dahinzockelnden Pick-up ein und hielt auf die St. Charles Avenue zu. Die Straßenlaternen verbreiteten ein unheimliches Licht, die Blätter der großen Bäume am Straßenrand schienen zu gleißen. Eine einsame Straßenbahn fuhr in die entgegengesetzte Richtung, es saßen nur wenige Fahrgäste darin.
Auf beiden Seiten der breiten Straße, in deren Mitte die Schienen verliefen, standen teure Gebäude, architektonisch so vielfältig wie die Stadt selbst, doch allesamt riesig und prachtvoll. Die meisten hatten große, von schmiedeeisernen Zäunen umgebene
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