Desire - Die Zeit Der Rache Ist Gekommen
Fett, gebratenen Zwiebeln und ein wenig nach Rauch. Lucia spähte durch die Durchreiche an der Rückseite des Tresens, die in die Küche ging. Zwischen den von der Decke hängenden Töpfen und Pfannen sah sie eine offene Tür, die zum Parkplatz führte. Ein Mann mit einer fettbespritzten Schürze stand im Lichtschein der Küche davor, eine Schulter gegen den Türrahmen gelehnt, und zog kräftig an seiner Zigarette. Außer dem Koch war noch ein Küchengehilfe zu sehen, der sich auf einen Besen stützte und sich ebenfalls eine Zigarette ansteckte.
Cruz und Lucia saßen an einem Ecktisch an der Rückseite des langen, schmalen Gebäudes, weitab von der Glasfensterfront, die auf den Highway hinausging. Lucia leerte ihren Shrimps-Teller mit Pommes frites, er dagegen ließ seinen Cheeseburger unberührt und trank stattdessen ein zweites Bier.
Cruz’ glänzendes, schwarzes Haar war zerzaust, seine schokoladenbraunen Augen blickten argwöhnisch.
»Dann haust du also aus dem Kloster ab. Hältst du das wirklich für die beste Lösung?«, fragte er mit zu schmalen Schlitzen zusammengekniffenen Augen.
»Ja.«
»Warum?«
»Wegen der Morde. Es ist dort … unsicher.«
»Glaubst du, der Killer hat es auf dich abgesehen?«
Sie wollte ihm von der Stimme erzählen, von ihrer Angst, davon, wie sie sich gezwungen fühlte, auf deren Befehle zu reagieren – doch sie konnte es nicht, fürchtete, es würde sich so anhören, als wäre sie verrückt.
Cruz wusste, dass sie über eine Art außersinnliche Wahrnehmung verfügte, die wie ein Fluch auf ihr lastete.
»Du hast die Leichen gefunden.«
Sie nickte.
»Wie kam es dazu?«
»Ich … ich war wach. Vermutlich habe ich irgendetwas gehört, was, weiß ich nicht. Ich weiß nur, dass ich das Gefühl hatte, es stimmte etwas nicht.« Sie spielte die Dringlichkeit herunter, die sie verspürt hatte, den Drang, dorthin zu gehen, wohin ihr Inneres sie leitete, die Dringlichkeit, mit der die zischende Stimme sie dazu getrieben hatte.
»Du hast Camille Renards Prepaid-Handy der Polizei geschickt, hab ich recht?«
»Oh. Du … Woher weißt du das?«
»Ich habe bloß zwei und zwei zusammengezählt. Du warst in der Nähe der Post, und kurz darauf habe ich mitbekommen, wie mein Bruder über das Handy sprach, das ihm anonym zugeschickt wurde.«
Sie nickte, unfähig zu lügen. »Sie hatte es mir gegeben. Ich sollte es für sie aufbewahren. Sie hatte Angst, dass Schwester Charity es finden würde, und sie hatte ja noch das BlackBerry … Dann … dann ist sie umgebracht worden und … ich wusste nicht, was ich tun sollte.«
»Du hast ihr nahegestanden?«
Lucia dachte an Camille. Eine Welle der Traurigkeit schwappte über sie hinweg. »Ja.« Sie begegnete seinem fragenden Blick. »Die Welt ist nicht nur schwarz-weiß wie die klerikalen Gewänder. Es gibt viele Grauschattierungen, und Camille hatte von allem etwas. Manchmal war sie weiß wie Schnee, andere Male schwarz wie die Sünde, aber meistens irgendetwas dazwischen. Doch, ja, ich habe ihr nahegestanden, und ich vermisse sie sehr.« Sie kämpfte blinzelnd gegen die Tränen an.
Cruz wandte sich ab und leerte sein Bier.
»Es war ein Fehler, dass ich es behalten habe, deshalb habe ich es der Polizei zugeschickt.« Sie schüttelte den Kopf und blickte zur Tür.
Fünf weitere Kunden trafen ein, drei muskelbepackte Männer mit rasierten Köpfen und hautengen, ärmellosen T-Shirts, die den Blick auf ihre Tattoos freigaben, und zwei Frauen, eine in kurzem Rock, Strumpfhose und bauchfreiem T-Shirt, die andere in einem leichten Sommerkleid und Cowboy-Stiefeln. Anders als Cruz und Lucia, die sich im Flüsterton unterhalten hatten, waren sie laut, wahrscheinlich halb betrunken. Sie ließen sich an einem Tisch in der Nähe der Fensterfront nieder.
Widerwillig schlenderte die Bedienung zu ihnen hinüber und nahm ihre Bestellung auf, die von Fragen, Scherzen und Gelächter begleitet war. Einer der Männer bestellte »eine Runde Bier«.
»Leichtes«, beharrte Cowboy-Stiefel, und ihre Freundin lachte, während die Kerle ihre glänzenden Schädel schüttelten.
»Warum ich?«, fragte Cruz und richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf Lucia. »Wo du dir doch so verdammt sicher warst, dass du mich nie wiedersehen wolltest.«
Sie zuckte zusammen, und zum ersten Mal an diesem Abend war sie ehrlich. »Ich wusste, dass du kommen würdest.«
»Du hast Glück, dass ich noch in der Stadt bin.«
»Ich weiß.« Sie nickte und trank ihr Soda light
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