Desire - Die Zeit Der Rache Ist Gekommen
aus.
»Und was jetzt?«
»Ich möchte, dass du mich von hier fortbringst.«
Er blickte sie überrascht an.
»Ich meine es wörtlich. Ich habe darüber nachgedacht. Ich möchte nach Houston. Dort werde ich mir irgendetwas überlegen.«
»Was ist denn in Houston?«
»Zumindest nicht das St.-Marguerite-Kloster.«
»Du willst das Kloster verlassen.«
»Ich weiß es noch nicht. Vielleicht. Die Erzdiözese wird es nicht unbedingt positiv auffassen, wenn ich mitten in der Nacht aus dem Kloster abhaue, ohne jemandem ein Wort davon zu sagen. Ich werde anrufen, sobald es hell ist, damit Schwester Charity weiß, dass es mir gutgeht und ich nicht entführt worden bin oder … sonst was.« Sie musste an Schwester Camille und Schwester Asteria denken.
Vielleicht musste sie gar nicht hinterhältig sein. Vielleicht konnte sie Cruz einfach bitten, sie irgendwohin zu fahren und dann in Ruhe zu lassen. Aber war das wirklich möglich? Wenn sie mehr Zeit mit ihm verbrachte, ihn berührte, vielleicht sogar wieder küsste, würde sie ihn dann gehen lassen können? Sie war davon nicht völlig überzeugt.
Nein … es war besser so.
»Ich muss mal zur Toilette«, sagte sie.
»Ich auch.«
»Es gibt nur eine«, sagte sie. »Für Männlein und Weiblein.«
»Ladies first«, ließ er ihr den Vortritt. »Ich bezahle schon mal.« Er stand auf. Auch sie erhob sich, stellte sich auf die Zehenspitzen und schlang einen Arm um seine Taille. Während sie ihn sanft auf die Lippen küsste, glitten ihre Finger in die Gesäßtasche seiner Jeans.
»Danke, Cruz«, sagte sie. Er wirkte perplex. Ihre Finger ertasteten den Schlüsselring. Vorsichtig zog sie ihn aus der Tasche, dann löste sie sich von ihm und verschwand eilig Richtung Toilette.
Er blickte ihr nach.
Die Toilettentür fiel hinter ihr zu.
Bitte, lieber Gott, lass ihn nicht nach seinen Schlüsseln suchen.
Das Herz schlug ihr bis zum Hals. Sie benutzte die Toilette, wusch sich die Hände und trat in dem Augenblick wieder hinaus, als Cruz einige Dollarnoten auf den Tisch legte. Ihre Kehle war wie ausgedörrt, ihre Handflächen schweißnass, und sie hatte das Gefühl, sie würde in ihrer eigenen Niedertracht ertrinken.
O heilige Mutter, hilf mir.
Jetzt kam er auf die Toilette zu. Seine dunklen Augen blitzten.
Er weiß es!
Fast hätten ihre Knie nachgegeben.
Zu ihrer Überraschung schnappte er sie und zog sie an sich, drückte ihren Körper fest an seinen. »Ich hoffe, du weißt, was du tust«, sagte er. Sein Atem streifte ihre Lippen. »Denn ich weiß es ganz und gar nicht.« Bevor sie sich ihm entwinden konnte, küsste er sie. Stürmisch. Leidenschaftlich. Sie spürte seine Barthaare, schmeckte Bier und Zigaretten.
Die Hitze, die durch seine Adern strömte, schien in sie überzufließen.
Ich will dich!,
dachte sie unbändig.
Die Welt um sie herum schien sich aufzulösen, die Geräusche des Diners gingen im lauten Pochen ihres Herzens unter, in dem Verlangen, das durch ihren Körper toste.
Nein, nein, nein!
Doch sie hörte nicht auf. Konnte es nicht.
Schließlich hob er den Kopf und bedachte sie mit einem heißen, durchdringenden Blick. Ihre Haut kribbelte.
Seine Stimme klang abgehackt, als er sagte: »Es ist keine Sünde, wenn du dich von deinen Gelübden lossagst.«
Ihr brach das Herz, und einen Augenblick lang fragte sie sich, ob sie jemals aufgehört hatte, ihn zu lieben. Über Jahre hinweg hatte sie sich eingeredet, ihre Faszination für diesen Mann gründe auf nicht mehr als Schulmädchenschwärmerei.
Und jetzt?
Sich auf ihn einzulassen, ihn zu lieben, wäre eine Wahnsinnsdummheit.
Sie schluckte, fühlte sich schuldig, da sie ihn nur benutzte. Aber es gäbe keine Zukunft für sie beide. Sie wusste das, und in wenigen Minuten würde er es ebenfalls wissen.
Er ließ sie los und ging zur Toilette.
Lucia zögerte keine Sekunde. Sie schnappte sich ihren Rucksack, setzte ihn auf und rannte aus der Hintertür, vorbei an dem Küchengehilfen, der gerade Müll in die großen Container am Parkplatz füllte. Der Geruch nach abgestandenem Kaffeesatz, fauligem Gemüse und verdorbenem Fisch hing in der Luft.
Lucia nahm ihn kaum wahr, als sie über den Parkplatz lief und sich im Stillen Mut machte. Sie würde sein Motorrad stehlen, sie würde damit fortfahren, ohne in einen Graben zu schlittern oder ein anderes Fahrzeug zu streifen.
Es ist genauso wie Fahrrad fahren – hat man es erst mal gelernt, kann man es immer!
Zumindest hatte ihr Cousin Juan das behauptet.
O
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