Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Désirée

Désirée

Titel: Désirée Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annemaire Selinko
Vom Netzwerk:
Schlacht bei Wagram in der Nähe von Wien geschlagen worden war. Eine österreichische Armee von 70 000 Mann ist völlig vernichtet worden. Nur 1500 Franzosen sind gefallen und 3000 verwundet worden. Einzelheiten folgten. Die Namen der meisten Marschälle wurden genannt. Nur der Name Jean-Baptistes fehlte. Dabei wusste ich, dass er mit seinen Truppen in Österreich stand. Napoleon hatte ihm das Kommando über alle sächsischen Regimenter seiner Armee übertragen. »Wenn nur nichts passiert ist!«, entfuhr es mir unwillkürlich.
    »Fürstin, ich habe doch soeben vorgelesen, dass es sich um einen sehr großen Sieg handelt«, beteuerte Mademoiselle. »Steht gar nichts über Papa in der Zeitung?«, wollte Oscar wissen. Mademoiselle studierte nochmals den Bericht. »Nein, gar nichts«, gab sie schließlich zu. In diesem Augenblick wurde hastig an die Tür geklopft. Madame La Flotte zeigte ihr reizend gemaltes Gesicht: »Fürstin, Seine Exzellenz Minister Fouché bittet, empfangen zu werden!« Der Polizeiminister Fouché hat noch niemals bei mir Besuch gemacht. Die Siegesglocken sind endlich verstummt. Vielleicht habe ich Madame La Flotte falsch verstanden. »Wen melden Sie?«
    »Monsieur Fouché! Seine Exzellenz, den Polizeiminister«, wiederholte Madame La Flotte. Sie bemühte sich, ausdruckslos zu erscheinen, aber die runden Augen kollerten ihr vor Aufregung beinahe aus dem Kopf. »Oscar – hinaus! Ich muss mich schnell fertig machen. Yvette – Yvette!« Gottlob, da stand schon Yvette mit dem fliederfarbenen Morgenkleid. Yvette hat Recht, das Fliederfarbene steht mir gut. »Madame La Flotte! Führen Sie Seine Exzellenz in den kleinen Salon!«
    »Ich habe Seine Exzellenz bereits in den kleinen Salon geführt.« »Mademoiselle – gehen Sie hinunter und bitten Sie Seine Exzellenz, sich einen Augenblick zu gedulden, ich bin noch bei der Toilette, aber ich beeile mich. Sagen Sie ihm das. Oder nein – sagen Sie es ihm nicht. Borgen Sie ihm den ›Moniteur‹ zum Lesen!« Über das hübsche Gesicht der La Flotte huschte ein Lächeln: »Fürstin, der Polizeiminister liest den ›Moniteur‹, bevor er in Druck geht. Es gehört zu seinen Pflichten.«
    »Yvette, wir haben keine Zeit, mein Haar zu ordnen, gib mir den rosa Musselinschal, wickle ihn wie einen Turban um den Kopf!« Die La Flotte und die Vorleserin verschwanden. »Madame La Flotte!« Da war sie schonwieder. »Sagen Sie, sehe ich mit dem Turban nicht wie die arme Madame de Staël aus? Die Schriftstellerin, die der Polizeiminister aus Paris verbannt hat?«
    »Fürstin, die Staël hat ein Mopsgesicht und Fürstin können niemals –« »Danke, Madame. Yvette, ich kann mein Wangenrot nicht finden!«
    »In einem Schubfach des Toilettentisches. Fürstin benutzen es so selten –«
    »Ja, weil ich viel zu rotwangig für eine Fürstin bin. Fürstinnen sind blass. Das sieht vornehmer aus. Aber im Augenblick bin ich etwas zu blass. Ist es heute wirklich so heiß, oder ist mir nur so warm?«
    »Es ist sehr heiß, Fürstin. Es ist immer heiß im Hochsommer in Paris«, sagte Yvette. Dann ging ich langsam die Treppe hinunter. Fouché … Jemand hat ihn einmal das schlechte Gewissen aller Leute genannt. Man fürchtet sich vor ihm, weil er zu viel weiß. Und er weiß so viel, weil er immer dabei war. Während der Revolution nannten sie ihn den »blutigen« Fouché, keiner unterschrieb so viele Todesurteile wie dieser Abgeordnete. Zuletzt war er sogar Robespierre zu blutig. Aber noch bevor Robespierre ihn vernichten konnte, hatte Fouché schon die Verschwörung gegen Robespierre angezettelt. Auf die Guillotine mit Robespierre … Und in die Versenkung mit Fouché. Am Anfang konnten ihn die Direktoren der Republik nicht brauchen. Schließlich wollten sie dem Ausland beweisen, dass Frankreich keine Mörderrepublik sei. Aber Fouché kannte die Geheimnisse der Direktoren, und sie wurden ihn nicht los. Täglich begegnete man ihm im Salon der Tallien. Keiner wusste Bescheid wie er. Als jemand vorschlug, auf das hungrige Volk von Paris zu schießen, um einen Aufruhr zu ersticken, sagte er: »Bernadotte wird es nicht tun. Aber dieser kleine Hungerleider, der immer hinter Josephine herläuft …« Wie kam es,dass der blutige Fouché doch wieder einen Posten erhielt? Direktor Barras verwendete ihn zuerst, sandte ihn als französischen Geheimagenten ins Ausland. Kurz bevor die Direktoren gestürzt werden, klammern sie sich geradezu an ihn. Fouché wird zum Polizeiminister ernannt. Und

Weitere Kostenlose Bücher