Désirée
viele Stunden stehen müssen, wenn Sie als Kronprinzessin von Schweden Ihre Untertanen empfangen, Eugénie«, sagte er ruhig. »Bitte – setzen Sie sich! Meine Herren, nehmen wir doch alle Platz!« Ganz gemütlich saßen wir nun rund um seinen Schreibtisch. »Wo waren wir? Sie wünschen aus der Armee entlassen zu werden, Fürst von Ponte Corvo. Um sich nicht als Marschall von Frankreich, sondern als unser Verbündeter unseren Armeen anzuschließen. Verstehe ich richtig?« Erst jetzt spannten sich aufmerksam die Züge des Außenministers. Also darauf wollte Napoleon hinaus, darauf wollte er die ganze Zeit hinaus. Auf das Bündnis mit Schweden. »Wenn ich mich den Wünschen beuge, die Sie aus formellen Gründen stellen, so geschieht es deshalb, weil ich natürlich keine Hindernisse in den Weg legen will, wenn einer meiner Marschälle von einem alten, nicht sehr gesunden Königshaus adoptiert wird. Es ist sogar eine ausgezeichnete Idee des schwedischen Volkes, seine Freundschaft mitFrankreich durch die Wahl eines meiner Marschälle zu bekunden. Hätte man mich vor der Wahl gefragt, so hätte ich sogar einen meiner eigenen Brüder vorgeschlagen, um deutlich zu beweisen, wie viel mir an diesem Bündnis gelegen ist und wie sehr ich das Haus Vasa schätze. Da man mich jedoch nicht gefragt hat und ich nachträglich zu dieser für mich überraschenden Wahl Stellung nehmen muss, so – gratuliere ich Ihnen, lieber Fürst.«
»Mama – er ist gar nicht so arg«, flüsterte Oscar.
Talleyrand biss sich auf die Lippen, um ein Lachen zu verbergen, ebenso der Herzog von Cadore. Napoleon sah Oscar einen Augenblick nachdenklich an. »Und gerade diesem Patenkind habe ich einen nordischen Namen ausgesucht. Noch dazu im heißen Sand von Ägypten!« Er begann sich vor Lachen zu schütteln und klatschte Jean-Baptiste auf den Schenkel: »Ist das Leben nicht wahnsinnig, Bernadotte?« – Und zu mir: »Sie haben doch schon gehört, Fürstin, dass Ihre Majestät einen Sohn erwartet?« Ich nickte. »Ich freue mich mit Ihnen, Sire.« Napoleon sah wieder Oscar an. »Ich verstehe, dass Sie Schwede werden müssen, Bernadotte. Alles so legal wie möglich. Schon wegen des Kindes. Man sagt mir, dass der abgesetzte Verrückte auch einen Sohn hat. Diesen verbannten Sohn dürfen Sie nie aus den Augen verlieren, Bernadotte, verstehen Sie?« Jetzt mischt er sich schon in unsere Zukunftspläne hinein, dachte ich, es geht wirklich alles ganz gut. Er findet sich mit den Tatsachen ab. »Meneval – die Karte der nordischen Länder!« Die große Erdkugel neben dem Schreibtisch ist natürlich nur ein Spielzeug. Wenn es sich um Entscheidungen handelt, bringt Meneval die großen Landkarten. »Kommen Sie zu mir, Bernadotte.« Jean-Baptiste setzte sich auf die Armlehne von Napoleons Fauteuil. Der Kaiser rollte die Karte auf und breitete sie auf den Knien aus. Wie oft haben die beiden so in einem Hauptquartierzusammengesessen, ging es mir durch den Kopf. »Schweden, Bernadotte! Schweden hält sich nicht an die Kontinentalsperre. Da haben wir Göteborg. Hier werden englische Waren ausgeladen und nach Stralsund in Schwedisch-Pommern gebracht. Von dort aus gelangen sie heimlich nach Deutschland.«
»Und nach Russland«, bemerkte Talleyrand wie beiläufig. »Mein Verbündeter, der Zar aller Reußen, widmet leider dieser Frage nicht genügend Aufmerksamkeit. Man findet auch englische Waren in dem mit uns verbündeten Russland. Wie dem auch sei, Bernadotte, Schweden ist die Ursache allen Übels, Sie werden in Schweden aufräumen. Und wenn es sein muss, England den Krieg erklären!« Meneval hatte begonnen, Schlagworte mitzuschreiben. Talleyrand blickte Jean-Baptiste interessiert an. »Schweden wird die Kontinentalsperre vervollständigen, ich glaube, wir können uns auf den Fürsten von Ponte Corvo verlassen«, nickte der Herzog von Cadore befriedigt. Jean-Baptiste schwieg. »Haben Sie etwas einzuwenden, Fürst?«, fragte der Kaiser scharf. Erst jetzt sah Jean-Baptiste von der Landkarte auf. »Ich werde natürlich den Interessen Schwedens mit allen mir zu Gebote stehenden Mitteln dienen.«
»Und den Interessen Frankreichs?« Es kam vom Kaiser und war sehr deutlich. Jean-Baptiste erhob sich, rollte sorgsam die Landkarte der nordischen Länder zusammen und reichte die Rolle Meneval. »So viel ich weiß, verhandelt die Regierung Eurer Majestät mit der Regierung Schwedens über den Abschluss eines Nichtangriffspaktes, der in ein Freundschaftsbündnis ausgedehnt werden
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