Desperado der Liebe
kalkulierte Rigo die Möglichkeit ein, daß sie sich mit den Wachposten anfreunden und sie dazu überreden könnte, ihr die Flucht zu ermöglichen. Daher wechselten sich die Wachen alle vier Stunden ab, außer nachts, wenn Rigo selber bei ihr war und niemand auf sie achtgeben mußte. Araminta hatte also keine Fluchtchance. Aber sie wäre sowieso niemals weggelaufen, dachte Araminta leicht gekränkt.
Auch wenn sie sich über ihre erzwungene Isolation ärgerte und Rigo einmal nach einem besonders langen und öden Tag dafür verfluchte, hatte sie dennoch Verständnis dafür und akzeptierte es zerknirscht. Um sich die endlosen Stunden zu vertreiben, entwickelte sie eine bestimmte Routine ihres Tagesablaufes und hielt diese möglichst ein, damit sie stets etwas mit ihrer vielen Zeit anzufangen wußte.
Morgens, nachdem Rigo sie geliebt hatte, stand Araminta auf und bereitete ihm das Frühstück, während er die Zeitung las, sofern es eine gab, und sämtliche Berichte seiner Männer und Nachrichten von Villa. Nachdem sie gemeinsam gefrühstückt hatten, wusch sich Rigo, zog sich an und brach auf. Wenn sie sich dann selber für den Tag zurechtgemacht hatte, setzte sie sich mit Notizbuch, Zeichenblock und Stiften an den Tisch und arbeitete, schrieb und zeichnete bis zur Siesta, wenn es Zeit für das Mittagessen war, das sie entweder allein oder zusammen mit Rigo einnahm, wenn er die Zeit dazu fand.
Nach dem Essen zog sich Araminta bis auf die Unterwäsche aus und gönnte sich einen ausgedehnten Mittagsschlaf, um der schlimmsten Hitze des Tages zu entgehen. Manchmal war Rigo da und liebte sie erneut, ging dann nackt hinüber in den Salon oder ins Bad, um Wein oder einen nassen Waschlappen zu holen, damit sich Araminta ein wenig erfrischen konnte. Dann sah sie ihm nach, bewunderte seinen schlanken, muskelbepackten, kräftigen Körper, hielt aber keusch das Laken vor die Brust - sehr zu Rigos Belustigung. Dann blitzten seine Augen, und er lächelte frech, zog ihr mit einem Ruck das Laken weg, hielt sie fest und kitzelte sie, bis sie lachend und kribbelig vor Lust um Gnade flehte - und um mehr.
Nach ihrem Mittagsschlaf vollendete Araminta ihre journalistischen Arbeiten und legte sie für Rigo bereit, damit er sie, wenn er abends heimkam, begutachten konnte, was er auch stets tat, ganz gleich, wie spät es war oder wie müde er auch sein mochte. Sie aßen gemeinsam zu Abend, wenn Rigo nicht bereits mit Villa und anderen Offizieren oder im Kreise seiner Soldaten gespeist hatte, was häufiger der Fall war. Manchmal, wenn die Nacht noch jung war, spielten sie und Rigo noch eine Partie Schach oder ein wenig Gitarre, dann gingen sie zu Bett -und liebten sich noch einmal, ehe sie sanft einschlummerten. Wenn Rigos Verlangen normal war, dachte Araminta bei sich, dann hatten die Mädchen auf dem Miss Standish Mädcheninternat damals nicht gewußt, wovon sie redeten, als es im Flüsterton um Männer ging und sie meinten, eine Frau müsse sich keine Sorgen machen, mehr als einmal die Woche von ihrem Mann »belästigt« zu werden, und das auch nur zwecks Pflicht und Ziel, einen Erben zu zeugen!
Ihre Routine erfuhr nur hin und wieder eine Abwechslung, wenn Rigo ihr erlaubte, den Waggon zu verlassen und sie gemeinsam einen Spaziergang oder eine Besorgung machten, oder wenn sie Besuch von Frauen erhielt, mit denen sie sich angefreundet hatte. Ein Mann durfte den Waggon in Rigos Abwesenheit selbstverständlich nicht betreten. Manchmal nahm er Araminta mit zum Hahnenkampfplatz, den Villa selber gern aufsuchte, zumeist gegen vier Uhr nachmittags, wenn er seine eigenen Hähne kämpfen ließ und sie enthusiastisch anfeuerte. Abends waren Villa und seine amigos meistens in irgendeiner Spielhölle zu finden, denn auch wenn der Anführer der Revolutionäre weder trank noch rauchte, war er ein begeisterter Kartenspieler. Hin und wieder kam es vor, daß er frühmorgens einen Boten nach Luis León, dem berühmten Stierkämpfer, ausschickte und sich persönlich im Schlachthof nach einem heißblütigen Stier erkundigte und ihn heranschaffen ließ. Dann ritten sie alle zum nahe gelegenen Korral, wo eine Gruppe gauchos dem Stier bereits die tödlichen Hörner abgesägt hatten; und dann legten Villa, León und andere Wagemutige, die es probieren wollten - Rigo eingeschlossen -, den roten Umhang des Matadors an und betraten die Arena. León war natürlich der Beste und Gewandteste von allen, aber auch Villa kämpfte derart unerschrocken und erbarmungslos,
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