Desperado der Liebe
aufzubegehren.
»Nein, ist es nicht«, entgegnete er mit barschem Unterton. »Dein Großvater muß sich ein für allemal damit abfinden, daß es keine Hoffnung für ihn gibt, dich zurückzuholen, daß er dich unwiederbringlich verloren hat - für immer! Er kann froh sein, daß ich bereit bin, ihn wissen zu lassen, daß du noch am Leben bist. Ich hege keine sonderliche Sympathie für Noble Winthrop, ebensowenig wie er für mich.«
»Aber wenigstens kannst du sicher dein, daß deine Rache an Judd voll und ganz erfüllt ist«, sagte Araminta kühl, getrieben vom Haß, den sie für diesen Zug an ihm empfand. »Denn mein Großvater wird ihm mit Sicherheit von meinem Telegramm erzählen.«
»Die ist auch der einzige Grund, weshalb ich deiner Bitte nachgekommen bin, querida «, konterte Rigo ebenso eisig, und seine zusammengekniffenen Augen funkelten so hart wie zu der Zeit, als sie seine Gefangene gewesen war.
»Oh!« keuchte Araminta auf, als hätte er sie geschlagen. All die Liebe zwischen ihnen kam ihr nun vor wie eine Illusion, und Rigo wurde in ihren Augen zu einem eingebildeten Verführer, dem sie sich unterworfen hatte. »Sieh mich nicht so an, als würde ich dir gehören. Glaubst du etwa, mein Wille und mein Verstand schmelzen dahin, wenn du mich berührst?«
»Das denke ich nicht.« Absichtlich langsam musterte er sie von Kopf bis Fuß, ehe er seinen Blick auf ihrem vor Demütigung und Wut erröteten Gesicht ruhen ließ. »Das weiß ich, Gringuita." Er sprach das letzte Wort verächtlich aus, und ein sardonisches Lächeln umspielte seinen Mund.
Das machte Araminta so wütend, daß sie, ehe Rigo ahnte, was sie vorhatte, an ihm vorbei aus dem Telegrafenamt stürmte und die Tür hinter sich ins Schloß krachen ließ, daß fast die eingelassene Glasscheibe zerbarst.
»Araminta! << rief er und eilte ihr nach, sich bewußt, daß er zu weit gegangen war. Nun verspürte er in seinem Herzen nicht nur schreckliche Reue, sondern auch einen plötzlichen und scharfen Stich der Angst um sie, weil sie ganz allein auf den Straßen von Ciudad Juárez war, wo es nur so vor Rebellensoldaten wimmelte, von denen die Mehrzahl nicht zu seinen Leuten gehörte. »Araminta!«
Sie hörte, wie er ihren Namen rief, schaute sich um und sah ihn ihr folgen, rüde jeden anrempelnd und umstoßend, der ihm dabei im Weg war ; auf seinem Gesicht eine derart mörderische Wut, daß sie es mit der Angst zu tun bekam. Beim Gedanken, er könne seinen ganzen Zorn und sein heißblütiges Temperament an ihr auslassen und sie vielleicht sogar schlagen, geriet sie gar in Panik, hob den Saum ihres Kleides und lief noch schneller. Sie wußte nicht genau, in welche Richtung sie überhaupt rannte, hegte nur die vage Hoffnung, irgendwie zum Wohnwaggon zu gelangen und sich dort im Schlafzimmer einzuschließen, bis seine Wut wieder verraucht war. Aber sie kannte sich in Ciudad Juárez nicht aus und erinnerte sich nun, verängstigt, verwirrt und allein, auch nicht mehr daran, auf welchem Weg sie und Rigo hergekommen waren. Wohin sie auch blickte, sah sie nichts als ein endloses Schienengewirr und nicht voneinander zu unterscheidende Züge. Alles war in Bewegung, ein lärmendes Chaos, als sich die Villistas auf ihren morgigen Abmarsch Richtung Tierra Blanca vorbereiteten. Rebellensoldaten waren allerorts damit beschäftigt, Güter, Waffen, Munition und all den übrigen Nachschub zu verladen, den Villa, Rigo und andere erfahrene Bandoleros von El Paso aus über die Grenze geschmuggelt hatten; nervös wiehernde und schnaubende Pferde wurden über Rampen in Güterwaggons geführt.
Erleichtert erblickte Araminta, wie sie glaubte, Villas roten Wohnwaggon. Um dort vielleicht zumindest vorübergehend Zuflucht zu finden, da Villa ihr wegen ihrer für die Sache der Revolutionäre so wichtigen und wirkungsvollen Artikel bestimmt helfen und Rigo wieder zur Vernunft bringen würde, eilte sie blindlings auf den Waggon zu. Daher sah sie den Wallach nicht, der in diesem Moment auf sie zugeprescht kam, im Sattel Ernesto Urbino, einst einer von Aramintas zahlreichen Wächtern, bis Rigo ihn, weil ihm die Art, wie Urbino Araminta ansah, nicht gefiel, von seinem Posten abberief. Als Urbino, der Araminta die ganze Zeit beobachtet und auf eine günstige Gelegenheit gewartet hatte, sie nun einholte, sich aus dem Sattel beugte und Araminta packte, schrie sie erschrocken auf, und Rigo, dem ihr schriller Hilfeschrei wie die Krallen eines Falken das Herz zerrissen, mußte mit ansehen,
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