Desperado der Liebe
Castillo.
Judds schnittiges, leuchtendrotes Automobil wurde mit offenem Verdeck am Eingang vorgefahren ; und nachdem er sich vergewissert hatte, daß Araminta sicher Platz genommen hatte, stieg er ebenfalls ein und gab Gas. Die Räder ließen Staub und Steine aufspritzen, als der Wagen zur Straße hin und dann mit Höchstgeschwindigkeit Richtung Chaparral brauste. Araminta fand es so berauschend wie ein Galoppritt über die Prärie. Der Fahrtwind zerzauste ihr das Haar und zauberte eine hübsche Röte auf ihre Wangen; und Judd, sich ihrer Schönheit in diesem Moment mehr als bewußt, sagte sich, daß sie so auch nach einer Liebesnacht mit ihm aussehen würde. Seit er sie in der Eingangshalle erblickt hatte, hatte er den Entschluß gefaßt, daß Araminta nur ihm allein gehören sollte. Sie war nicht nur eine begehrenswerte Frau, sondern überdies bald die alleinige Erbin der High Sierra. Andernfalls hätte Noble Winthrop sie gewiß nicht nach Hause beordert.
Seit Jahren schon spekulierte Judd darauf, nicht nur den elterlichen Chaparral zu erben, sondern als Nobles Patensohn auch die High Sierra, und er hatte sich bereits ausgemalt, wie er die beiden Ranches zum größten Besitz des ganzen Landes vereinigen würde. Er sah sich bereits nicht nur als Landbaron und Rinderkönig, sondern auch als allumfassender Herrscher. Er würde nicht zulassen, daß ihm dieser Traum durch die Finger glitt, nur weil Noble im Alter mit einem mal weich zu werden schien und eine unerwartete, sentimentale Zuneigung für Araminta verspürte. Selbst wenn sie häßlich und fett gewesen wären, hätte Judd sie zur Frau genommen, um die High Sierra zu kriegen. Aramintas klassische Schönheit war nur von Vorteil. Sowohl verheißend wie reserviert wartete sie darauf, von einem starken Mann erweckt zu werden, und er war fest entschlossen, dieser Mann zu sein.
Nur die drohende Gefahr, daß die Ranch seiner Eltern bis auf die Grundmauern niederbrannte, hielt ihn davon ab, mit ihr an einen entlegenen Ort zu fahren und sie dort zu nehmen, entweder durch Verführung, notfalls aber auch mit Gewalt. Nicht, daß sie sich lange wehren würde, schmunzelte Judd selbstgefällig im stillen. Danach wäre ihr keine andere Wahl geblieben, als ihn zu heiraten. Die Möglichkeit, daß sie ihn angezeigt und bloßgestellt hätte, kam ihm gar nicht in den Sinn. Die Schmach hätte sie zum Verstummen gebracht und gefügig gemacht wie bereits andere vor ihr. Sie waren ihm nach Belieben gehorsame Geliebte gewesen, so wie sie ihm eine gehorsame Frau sein würde.
Zu ihrem Glück ahnte Araminta nicht, was in diesem Moment in Judds Kopf vorging; schweigend und reglos saß sie neben ihm und genoß die rasante Autofahrt, in Gedanken bereits beim Chaparral und den Arbeitern, die eventuell ihre notärztliche Hilfe brauchten. Sie hoffte nur, daß es keine allzu schwer Verletzten gab, weil sie nicht die dafür notwendigen ärztlichen Kenntnisse hatte. Doch dann stellte sie bei der Ankunft auf der Ranch erleichtert fest, daß es tatsächlich so war, wie Judd vermutet hatte: Nur eines der Nebengebäude war in Flammen aufgegangen. Offensichtlich war der Brand zur Ablenkung gelegt worden, damit sich die Desperados unbehelligt mit mehreren Pferden aus dem Korral aus dem Staub machen konnten. Araminta hatte die Schüsse gehört, die die Rancharbeiter den Dieben nachgefeuert hatten. Doch inzwischen war die mexikanische Bande längst auf und davon. Wild schreiend und um sich schießend, waren sie in die Dunkelheit galoppiert, und mit ihnen einige der Zuchthengste des Chaparrals.
Es nötigte Araminta Bewunderung ab, mit welcher Ruhe und Beherrschung Judd der Situation begegnete; nachdem er sich kurz mit Ty Danner, dem Vorarbeiter, beraten hatte, gab er Befehle nach allen Seiten und brachte sogleich Ordnung in das Chaos der Löscharbeiten, während Araminta mit den Frauen der Hacienda die Verletzten versorgte.
Inmitten von Rauchschwaden und Funkengestöber versuchten drei Arbeiter einen Mann zu befreien, der unter einem herabgestürzten Balken begraben lag. Als Judd sah, wie sie sich dabei anstellten und abplagten, fluchte er. Verdammte Dummköpfe. Vergeudeten wertvolle Zeit mit diesem Balken, anstatt den Desperados nachzusetzen und ihnen die gestohlenen Pferde wieder abzunehmen. Jedes einzelne Pferd war mehr wert und wichtiger als ein Tagelöhner. Wütend und ungeduldig stieß er die drei Männer mit dem Ellenbogen beiseite. Ohne fremde Hilfe und vor Anstrengung stöhnend, hob er den
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