Desperado der Liebe
ungewöhnlich unfreundlich aus, dachte sie bei sich. Ganz so, als wäre er bereits über etwas verärgert. Und sie wußte, daß das, was sie ihm zu eröffnen hatte, zusätzlich Öl ins Feuer sei und seine Laune noch weiter verschlechtern würde. Trotz des sonderbaren, unerklärlichen Verhältnisses, das sich zwischen ihnen entwickelt hatte, war sie dennoch nie das unbehagliche Gefühl losgeworden, das er in ihr weckte, und das schlechte Gewissen wegen und während ihrer Treffen. Er war ein gefährlicher Mann, und das hatte sie niemals vergessen; er war fähig, Gewalt anzuwenden, und hinter seinem Interesse an ihr steckte ohne Zweifel eine bestimmte Absicht, die mit seiner Feindschaft zu ihrem Großvater und Judd zu tun hatte. Seit ihrer ersten morgendlichen Begegnung hier am Bach hatte Rigo seine Warnung vor einer Heirat mit Judd nie mehr wiederholt, doch Araminta hatte sie nicht vergessen, und so fürchtete sie sich vor seiner Reaktion auf diese Neuigkeit. Dennoch hatte sie das Gefühl gehabt, ihn noch ein letztes Mal sehen zu müssen. Merkwürdig, aber sie meinte, ihm dies schuldig zu sein, auch wenn er weder ihr Freund noch ihr Liebhaber war, sondern eher eine geheimnisvolle, dunkle Gestalt in einem Zwischenspiel der Zeit, ein schattenhafter, gesichtloser Mann aus einem undeutlichen, verwirrenden Traum, unbekannt, bedrohlich. Vielleicht war sie wegen der Heimlichkeit ihrer Treffen nicht sie selbst gewesen, wenn sie mit Rigo del Castillo zusammen war - nicht Noble Winthrops Enkeltochter, nicht die Frau, der Judd Hobart den Hof machte; nicht einmal die Araminta Winthrop, wie der Rest der Welt sie kannte, sondern die Frau, die sie in ihrem Herzen und in ihrem wahren Wesen war. Das, vielleicht mehr als alles andere, war der Grund gewesen, der sie bewogen hatte, mehr als einmal zu diesem Bach zu reiten, der, wie der Rio Grande Texas und Mexiko trennte, die Grenze zwischen der High Sierra und der Casa Bianca war. Doch nun mußten diese Treffen ein Ende haben. Schlimm genug, daß sie überhaupt hergekommen war, als sie noch niemand versprochen war, nun aber, als Judds Braut, durfte sie Rigo nie mehr Wiedersehen.
»Sie werden also Judd Hobart heiraten.« Seine tiefe, rauhe Stimme klang aufgewühlt vor Emotionen, der Blick seiner dunkelbraunen Augen war hart und eindringlich.
Seine Worte waren eine Feststellung, keine Frage. Araminta wußte nun, daß er bereits von ihrer Verlobung erfahren hatte, und ihr Herz schlug furchtsam. Zu ihrer Überraschung verspürte sie einen sonderbaren, unerklärlichen Schmerz, als hätte sie einen tödlichen Schlag erhalten. Sie hätte nicht gedacht, daß der Abschied von ihm so sehr schmerzen würde. Doch sah Rigo in diesem Moment, als Silhouette vor dem grauen Horizont, mit einem mal so stolz, einsam und verletzlich aus - trotz seiner grimmigen Miene -, als hätte sie ihm weh getan.
»Ja«, antwortete sie flüsternd, »ich werde Judd heiraten.«
Einen Moment lang schwieg Rigo, als hätte er erwartet, gehofft, sie würde die Wahrheit seiner Worte verneinen. Als sie nichts weiter sagte, sprach er erneut mit einer Stimme, so sanft und seidig, daß der drohende Unterton noch bedrohlicher wirkte und Araminta erzittern ließ. Und sie fragte sich, wie sie selbst für einen kurzen Moment - hatte annehmen können, sie wäre in der Lage, ihm weh zu tun. Sie bedeutete ihm nichts, und sie machte sich ebenfalls nichts aus ihm.
»Ich habe Ihnen doch einmal gesagt, daß Judd Hobart nicht der richtige Mann für Sie ist, Señorita. Doch jetzt schlagen Sie meinen... Rat einfach in den Wind. Ich habe Sie für klüger gehalten.«
»Vielleicht habe ich Ihre Warnung nicht ernst genommen. Schließlich haben Sie doch die ganze Zeit gewußt, daß er um mich wirbt, immerhin geht das Gerücht, daß Sie Ihre Spione überall haben und es in ganz Texas und Mexiko nichts gibt, was Sie nicht wissen. Dennoch haben Sie seinen Namen nie wieder erwähnt, General. Sie haben mir nie einen Grund genannt, weshalb ich Ihren Rat befolgen sollte.«
»Habe ich das nicht?« Rigo umkreiste sie langsam wie ein Panther sein Opfer, sein schwarzer Poncho wehte im Wind, seine sehnigen Muskeln waren angespannt, sein Blick hypnotisierend, als er direkt vor ihr stehenblieb. Er berührte sie nicht, doch allein seine Nähe reichte aus, um sie zu beunruhigen, denn so nahe war er ihr noch nie gekommen. »Und wenn ich Ihnen einen Grund nennen würde, könnte Sie das dazu bewegen, Ihren Entschluß zu ändern?«
»Ich - ich schätze, das
Weitere Kostenlose Bücher