Desperado der Liebe
Hobarts kaufte sie etwas, darunter einen Samtschal für Velvet, weil sie hoffte, sich dadurch ein wenig mehr mit Judds Schwester anfreunden zu können. Allein das Geschenk für Judd bescherte ihr Kopfzerbrechen, weil es etwas ganz Besonderes sein sollte; nach längerem Suchen entschied sie sich dann für ein kunstvoll gearbeitetes kupfernes Tintenfaß und dazugehörigen Federhalter.
Auf ihrem Weg schaute sie noch in der Praxis des Arztes vorbei, mußte aber zu ihrer großen Enttäuschung feststellen, daß er nicht da war. Und so ging sie weiter, ohne ihren Namen zu hinterlassen. Ein Blick auf ihre Taschenuhr sagte ihr, daß sie noch Zeit genug hatte, um schnell bei der Post vorbeizugehen, ehe sie sich, wie verabredet, wieder mit Judd treffen würde, der Geschäfte in El Paso zu erledigen hatte.
Schwerbepackt mit Päckchen und Tüten, eilte Araminta die Straße hinunter. Als sie aufgeregt durch den kleinen Spalt ihres Postfachs spähte, machte ihr Herz einen Freudensprung. Es war ein Brief im Postfach. Sie wagte es kaum zu glauben, daß es tatsächlich Antwort von Liam O'Grady sein sollte, legte die Geschenke ab, öffnete mit zittrigen Fingern das Türchen zu ihrem Postfach und zog den Umschlag hervor.
Sie öffnete ihn, faltete den Brief auseinander und zuckte zusammen, als zwei druckfrische Eindollarnoten und ein Zeitungsausschnitt herausfielen und zu Boden segelten. Als sie in die Hocke ging, um Geld und Ausschnitt aufzuheben, hätte sie am liebsten laut vor Freude gelacht. Der Record hatte ihren Artikel und ihre Zeichnungen gekauft. Liam hatte ihre Geschichte gefallen; die Leser hatten sie ebenfalls gemocht. Araminta war derart aufgekratzt, daß sie sich ein weiteres Mal das kurze Schreiben durchlas, das sie in ihrer zittrigen Hand hielt. Es stimmte; der Record hatte ihren Artikel abgedruckt - und nicht etwa auf der Frauenseite. Tränen traten ihr in die Augen, als sie den beigefügten Zeitungsausschnitt überflog, eineinhalb Spalten, von ihr verfaßt, erschienen unter einem Pseudonym, und gleich daneben ihre, wie sie meinte, besten Kohlezeichnungen. Sie vermutete, daß Liam ihre wahre Identität erraten hatte, wenngleich er es mit keinem Wort erwähnt hatte. Doch selbst wenn er allein wußte, wer A. K. Munroe in Wirklichkeit war, auch wenn sie nur zwei Dollar für ihren Artikel und die Zeichnungen bekommen hatte, was wohl kaum zum Leben reichte - sie hatte ihr erstes Werk als ernsthafte Journalistin verkauft!
Sie war so aufgeregt, daß sie beim Verlassen der Post fast all ihre Einkäufe und Geschenke liegengelassen hätte. Erst an der Tür fiel es ihr ein ; sie machte kehrt und nahm ihre Päckchen und Tüten auf, noch immer Liams Brief in der Hand. Wie benommen trat sie schließlich auf die Straße. Sie hatte das Gefühl, als müßte sie platzen, wenn sie die großartige Neuigkeit nicht bald mit jemandem teilte. Doch sie wagte es nicht, Judd davon zu erzählen; zumindest nicht, solange sie nicht verheiratet waren und sie nicht sicher sein konnte, daß er sie gegen ihren Großvater in dieser Sache verteidigte. Ja, natürlich, wenn sie Judds Frau war, würde er für sie Partei ergreifen, sie in Schutz nehmen und hinter ihr stehen müssen,- er würde ihrem Großvater klarmachen, wie wichtig ihre Arbeit für sie war ; und dann würde sie ihr ganz offen nachgehen können und müßte sich keine Sorgen mehr machen, daß ihr Großvater dahinterkommen und es unterbinden könnte. Sie faltete Liams Brief zusammen und steckte ihn zusammen mit den Dollarnoten und dem Zeitungsausschnitt zurück in den Umschlag. Dann ließ sie diesen in ihrer Handtasche verschwinden.
Auf der Rückfahrt zu High Sierra sagte Araminta, ihr Herz jubelnd vor Freude, Judd, daß sie ihn heiraten werde. Als Judd das hörte, stieg er abrupt auf die Bremse, wandte sich zu Araminta um und schaute ihr forschend in die Augen.
»Ist das dein Emst, Araminta?«
»J-j-ja. Ja, es ist mein Ernst.«
»O Himmel«, jubelte Judd. »Endlich.«
Er schloß sie in die Arme und küßte sie ; seine Zunge drängte sich dreist zwischen ihre Lippen und schändete ihren Mund, bis sie ganz außer Atem war und vor Gefühlsaufruhr zitterte. Als er schließlich von ihr abließ, lag ein träger und triumphierender Blick in seinen Augen, während er sie lüstern musterte. Araminta verspürte einen unerwarteten Schauer der Besorgnis. Sie hatte doch die richtige Entscheidung getroffen, oder? Natürlich hatte sie das. Sie durfte es nicht zulassen, daß ihre lebhafte Phantasie
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