Desperado der Liebe
unappetitlichen Speisen sah - kalte matschige Bohnen, kalte Tortilla und ein Streifen getrocknetes Fleisch. Kopfschüttelnd und stumm verweigerte sie das Essen.
»Was ist, Señorita?« Rigo lachte, und seine schneeweißen Zähne blitzten auf. »Ist das Essen nicht gut genug für dich? Bist du so etwas nicht gewohnt? Sieh, meine Männer verschlingen es heißhungrig, weil sie wissen, wie glücklich sie sich schätzen können, etwas zu essen zu haben. Vielen armen Menschen in Mexiko ist nicht einmal so eine kleine Portion beschert.« Urplötzlich erstarb sein Lächeln, und sein Ton wurde kälter. >>Also iß es gefälligst auf, comprende ? Sonst, das schwöre ich dir, werde ich es in dich hineinstopfen! Ich warne dich: Ich werde nicht zulassen, daß du dich zu Tode hungerst! O nein, Gringuita! So leicht wirst du mir nicht entkommen, nicht so, das kann ich dir versichern!«
Araminta mußte hart schlucken. Sie wußte, daß Rigo auch meinte, was er sagte, und so nahm sie den Teller, den er ihr erneut hinhielt. Sie wollte nicht, daß er sie zum Essen zwang, wußte aber, daß er es glatt tun würde. Sie probierte eine Gabel voll von den matschigen Bohnen und schaffte es auch irgendwie, sie herunterzuschlucken. Dann brach sie die Tortilla in zwei Hälften und aß auch davon etwas; sie biß sogar von dem Streifen Dörrfleisch ab und stellte überrascht fest, daß sie sich nach ihrem spärlichen Mahl tatsächlich wohler fühlte. Rigo reichte ihr die Feldflasche, während er selber einen Schluck Mescal nahm. Doch als er sah, daß Araminta selbst in ihrem Poncho fror und zitterte, bestand er darauf, daß sie mehrmals am Mescal nippte, der sie, wie er sagte, aufwärmen werde. Als sie sich daran erinnerte, wie er ihr beim letzten Mal den Schnaps brutal eingeflößt hatte, wagte sie nicht, sich zu widersetzen - auch wenn ihre Gefügigkeit ihm kein falsches Gefühl von Sicherheit vorgaukelte, wie sie insgeheim gehofft hatte. Nachdem sie ihr Abendessen beendet hatten, fesselte Rigo ihr erneut die Handgelenke, achtete aber darauf, das Seil diesmal nicht ganz so fest zu binden, wofür ihm Araminta dankbar war. Dann zog er sie hoch und schob ihren müden, zerschundenen Körper zu den Decken, die er auf der Erde ausgebreitet hatte.
»Nein«, wimmerte sie, plötzlich trotz ihrer Müdigkeit und Erschöpfung entschlossen, sich zu wehren. »Nein, bitte nicht. Oh, bitte nicht.«
Doch er ließ sich durch ihr Flehen nicht beirren. Sich noch immer windend, schaute sich Araminta um, so als hoffte sie, einer der Desperados käme ihr zu Hilfe. Doch bis auf den einzelnen Wachposten, den Rigo am Zugang dieses Felsplateaus aufgestellt hatte, von wo aus man die gesamte Länge der Schlucht überblicken konnte, hatten sich die übrigen Bandoleros bereits hingelegt und schliefen. Der Posten, sich seiner Pflicht sehr wohl bewußt, stand mit dem Rücken zu ihnen da und ignorierte Aramintas leises Klagen.
»Schrei nur. Niemand wird dir helfen.« Rigos Stimme klang tief und heimtückisch. »Mein Wort ist Gesetz für meine Männer, so wie das deines Großvaters auf der High Sierra. Niemand wagt es, sich meiner Autorität zu widersetzen - wie du mit der Zeit noch lernen wirst.«
Wie du mit der Zeit noch lernen wirst. Wie ein rätselhaftes Echo klangen diese Worte in ihr nach, andeutend, daß sie lange Zeit seine Gefangene bleiben sollte. Bisher war sie davon ausgegangen, nur wenige Tage in seiner Gewalt zubringen zu müssen. Aber vielleicht hatte Rigo vor, sie Wochen oder Monate festzuhalten; vielleicht ließ er sie nie wieder gehen oder erst, wenn er von ihr hatte, was er wollte, und wenn er ihrer überdrüssig war, würde er sie möglicherweise seinen Männern überlassen oder als Hure an ein Bordell in Mexiko verkaufen.
Hatte sie nicht einmal mit angehört, wie Judd und einige seiner Freunde darüber geredet hatten, daß südlich der Grenze die Sklaverei weit verbreitet war, vor allem unter den Banditen und Indianern; daß die Comancheros, die mit den Mexikanern ebenso Handel trieben wie mit den Komantschen, Apatschen und den anderen Indianerstämmen, bis zu fünfzig Pesos für jede weiße Frau bekamen, die sie nach Mexiko verschleppten und dort verkauften? In den Grenzsiedlungen konnte man eine mexikanische Prostituierte für gerade mal zwei amerikanische Dollar oder sogar noch weniger kaufen. Judd und seine Freunde hatten Ciudad Juarez häufig absichtlich falsch »Ciudad Huren-nest“ ausgesprochen.
Noch nie hatte Rigo so groß, so geschmeidig, so
Weitere Kostenlose Bücher