Desperado der Liebe
Hause zurückzukehren, würde sie niemals mehr in der Lage sein, mit hocherhobenem Kopf zu gehen. Anständige Leute würden sie unzweifelhaft meiden, und Judd... Judd würde sich wahrscheinlich von ihr scheiden lassen, und dann wäre alles umsonst gewesen - die Heirat, und alles, was sie infolgedessen erlitten und erduldet hatte.
Nur mit Mühe unterdrückte Araminta das Schluchzen, das in ihr auf stieg. Nein, sie würde nicht weinen! Ihre Augen schmerzten bereits so schrecklich, waren so geschwollen und rotgerändert vom mangelnden Schlaf, daß sie sich anfühlten, als wären sie mit Sand verklebt. Sie spürte jeden Muskel im Leib, die Glieder waren steif und schmerzten bei jeder Bewegung. Als Rigo sah, wie schwer ihr das Gehen und selbst das Stehen fiel, verspürte er plötzlich einen höchst unwillkommenen Anflug von Reue, daß er Araminta entführt und so skrupellos benutzt hatte. Sie war unschuldig; sie hatte mit dem abscheulichen Verbrechen, für das er sich auf ebenso erbarmungslose Weise rächen wollte, nichts zu tun, und trotzdem hatte er sie gekidnappt und war entschlossen sich zu nehmen, was rechtmäßig ihrem angetrauten Gatten zustand. Rigo war sich darüber im klaren, daß er ihr allen Anlaß gegeben hatte, ihn zu hassen. Und er würde ihr noch weiteren Grund geben, ihn zu verachten, ehe alles gesagt und getan war. Daher, auch wenn er fest entschlossen war, nicht von seinem furchtbaren Plan abzulassen, klang seine Stimme nun sanfter, als er wieder das Wort ergriff.
»Die Schmerzen werden bald nachlassen, Gringuita, wenn du dich bewegst und dir warm wird. Hier.« Er löste ihre Fesseln und massierte ihr die Handgelenke, wie er es schon einmal getan hatte. Dann reichte er ihr ein sorgsam gefaltetes Kleiderbündel. »Zieh das an. Heute wird es so heiß, und dein... Hochzeitskleid«, er verzog säuerlich den Mund bei diesem Wort, »und dein Korsett werden nur hinderlich sein. Und damit du nicht ohnmächtig wirst im Sattel, legst du beides besser ab.«
»Ich... ich soll mich umziehen? H-hier? J-jetzt?«
»Si, habe ich das nicht gerade gesagt?« Aus Furcht, in seinem Entschluß, seinen Plan in die Tat umzusetzen, zu wanken, zwang sich Rigo, seine Worte spöttisch klingen zu lassen; und um seine Mundwinkel spielte ein höhnisches Lächeln, während er absichtlich lüstern und langsam den Blick über ihren Körper wandern ließ.
Zumindest das fiel ihm leicht. Bei jeder anderen Frau hätte er nur mit Mühe Begierde vortäuschen können, doch nicht bei Araminta. Was er für sie empfand, durchdrang sein ganzes Wesen und ließ ihn ständig des Umstandes gewahr sein, daß sie ihm als seine Gefangene jederzeit ausgeliefert war. Sie war so bezaubernd schön. Ihr champagnerfarbenes Brautkleid zeigte nur den Ansatz ihrer reifen, vollen Brüste. Das enganliegende Oberteil, verziert mit einer Schärpe aus goldener Spitze, die von einer Schulter bis hinunter zu den Knien reichte, mündete in einer Taille, die so schmal war, daß er sie mit den Händen umfassen konnte. Das lange, glockenförmige Unterteil des Kleides bedeckte schmale, schlanke Hüften, ein festes, rundes Gesäß und lange, schlanke Beine, die sie größer wirken ließen, als sie tatsächlich war. Die Sonne hatte ihren cremigen Teint vergoldet, und die hohen Wangenknochen ihres zarten Gesichts leuchteten apricot-rosig wie der Sonnenaufgang. Unter lieblich geschwungenen goldenen Brauen schimmerten ihre großen Augen so grün wie Smaragde im frühen Sonnenlicht, behütet von rußfarbenen Wimpern, so dicht und schwer, daß sie die Augenlider an den leicht ovalen Rändern herabzuziehen schienen. Ihr leichtes Stupsnäschen lag über einem üppigen Rosenmund; Lippen, die unwillentlich zu harten, hungrigen Küssen eines Mannes einluden. Mit ihrem offenen langen, seidig-blonden Haar, das sich wie ein Wasserfall über sie ergoß, sah sie aus wie eine wilde und betörende Zigeunerin.
Für Rigo, der an die dunklen, schwarzhaarigen Frauen seiner Heimat Mexiko gewöhnt war, war Araminta der Inbegriff einer Kultur und Gesellschaft, die ihn nur allzu oft wegen seiner dunklen Hautfarbe und seinem spanischen Blut in den Adern abwies. Araminta verlockte ihn, bezauberte ihn; und ihre Intelligenz, die so verführerisch war wie ihr Gesicht und ihr Körper, machte sie unwiderstehlich für ihn. Nie zuvor war er einer Frau wie ihr begegnet, und sicher würde er das auch nie wieder. Wenn er ehrlich gegen sich selbst war, dann mußte er sich eingestehen, daß er sie nicht nur
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