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Dessen, S

Dessen, S

Titel: Dessen, S Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Because of you
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liebe Zeit«, meinte Hollis. »Du wirst noch richtig Ärger machen, das sehe ich dir an der Nasenspitze an.«
    Mein Vater und Heidi lachten. Ich hingegen ließ Lauranicht aus den Augen. Sie stand ein wenig abseits, hielt die Sonnenbrille in der Hand und beobachtete das Geschehen mit einem Gesichtsausdruck, der auf mich irgendwie distanziert wirkte. Fast klinisch. Nachdem Hollis ein paar Grimassen für das Baby geschnitten hatte, räusperte sie sich. Leise, aber deutlich.
    »Oh   … entschuldige, Schatz!« Hollis reichte Thisbe an meinen Vater weiter, legte einen Arm um Lauras Schulter, zog sie näher zu sich. »Das hier ist meine Verlobte Laura.«
    »Verlobte?«, fragte Dad. »Das hast du mit keiner Silbe erwähnt, als du angerufen hast. Wann habt ihr   …«
    Laura lächelte, ohne den Mund zu öffnen. »Wir haben gar nicht«, antwortete sie. »Hollis ist bloß   …«
    »Zuversichtlich«, fiel er ihr ins Wort. »Und reif. Bereit. Sogar, wenn sie es nicht ist.«
    »Wie oft ich Hollis schon erklärt habe, dass die Ehe eine ernsthafte Angelegenheit ist   …«, sagte Laura mit einer Stimme, die so klang, als wäre es für sie selbstverständlich, dass andere Menschen ihr Aufmerksamkeit schenkten. »Man kann nicht einfach reinhüpfen wie in ein Paddelboot.«
    Mein Vater, Heidi und ich standen stumm da. Keiner von uns schien zu wissen, was er von dieser Bemerkung halten sollte. Doch Hollis lachte nur. »So ist sie, meine Süße! Sie wird mir die Flausen schon austreiben, vor allem meine Spontaneität.«
    »Bitte, tu’s nicht«, sagte mein Vater zu Laura, wobei er Hollis freundschaftlich auf die Schulter klopfte. »Genau das lieben wir ja so an dem Jungen.«
    »Spontaneität kann sehr liebenswert sein«, pflichtete sie ihm bei. »Aber Bedächtigkeit hat auch ihren Reiz.«
    Mein Vater hob die Augenbrauen. »Also«, begann er, in einem leicht schärferen Ton als zuvor, »ich finde   …«
    Heidi fiel ihm ins Wort: »Ihr seid bestimmt müde von der Fahrt!« Sie streckte die Arme aus, um meinem Vater Thisbe abzunehmen. »Was können wir euch zu trinken anbieten? Limonade, Bier, Wein   …«
    Sie drehte sich um, marschierte Richtung Küche. Hollis und mein Vater folgten ihr auf dem Fuß, sodass ich mit Laura allein zurückblieb. Prüfend betrachtete sie ihre Sonnenbrille, putzte sie dann sehr gründlich mit einem Zipfel ihres schwarzen T-Shirts . Als sie aufblickte, wirkte sie beinahe überrascht, mich zu sehen – als hätte sie nicht damit gerechnet, dass ich noch da sein würde.
    »Ich freue mich wirklich sehr, dich kennenzulernen«, sagte ich, weil mir nichts Besseres einfiel. »Hollis kommt mir   … er ist anscheinend sehr glücklich.«
    Sie nickte. »Er ist insgesamt ein glücklicher Mensch.« Ihr Ton verriet nicht im Mindesten, ob sie das für etwas Positives hielt oder nicht.
    »Schatz!«, brüllte mein Bruder von nebenan. »Komm her! Die Aussicht ist gigantisch!«
    Laura schenkte mir noch ein schmallippiges Lächeln und ging ins Wohnzimmer. Ich wartete ein, zwei Sekunden, ehe ich ihr folgte. In der Küche standen mein Vater und Heidi an der Spüle, schenkten Limonade in Gläser und steckten die Köpfe zusammen.
    »…   sie wurde uns gerade erst vorgestellt«, meinte Heidi. »Wahrscheinlich ist sie bloß nervös.«
    »Nervös? Du nennst das nervös?«, konterte mein Vater.
    Worauf Heidi etwas erwiderte, das ich nicht mehr hörte. Mein Bruder und Laura standen vor der weit geöffneten Glastür, vor ihnen erstreckte sich das unendliche, klare Blau des Meeres. Hollis hatte den Arm um ihre Schulter gelegt und gestikulierte wild mit der anderen Hand, während er eine Bemerkung über den Horizont machte. Doch selbst von hinten spürte ich, dass Laura nicht sonderlich beeindruckt war. Ich schloss das aus ihrer Haltung, aus der Art und Weise, wie sie den Kopf leicht zur Seite neigte. Klar, wir kannten sie kaum, sie war eine Fremde. Aber ich hatte das alles schon gesehen.
    ***
    »Du kannst sie also nicht leiden.«
    Ich warf Eli einen Blick von der Seite zu. »Das habe ich nicht gesagt.«
    »War auch gar nicht nötig.«
    Er nahm eine Packung Milch aus dem Kühlregal. Es war halb zwei nachts und wir gingen ein bisschen einkaufen. Da es Montag war, herrschte gähnende Leere. Doch mir war die Ruhe gerade recht, nach einem zweistündigen Abendessen im trauten Familienkreis, das auf eine hitzige Debatte zwischen Dad und Laura zum Thema Todesstrafe hinausgelaufen war. Schon beim Aperitiv hatten sie sich mehr als angeregt

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