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Dessen, S

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Titel: Dessen, S Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Because of you
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über die Verteilung von Geldern an Universitäten unterhalten (Geistes- versus Naturwissenschaften). Dem wiederum war beim Mittagessen eine langwierige Unterhaltung über Umweltpolitik vorangegangen. Mir kam es so vor, als würde ich mir eineTheaterfassung der letzten Ehejahre meiner Eltern anschauen, nur mit einer anderen Frau in der Rolle meiner Mutter.
    Ich schob den Einkaufswagen aus der Lebensmittelabteilung und folgte Eli zu den Sportartikeln. »Sie ist einfach so total anders als Hollis’ bisherige Freundinnen.«
    »Und wie waren die?«
    Vor meinem geistigen Auge erschienen jede Menge hübscher, liebenswürdiger Gesichter, verschwommen wie eine Landschaft, an der ein Zug vorbeirast. »Nett«, antwortete ich. »Süß, niedlich. Mehr wie Hollis.«
    Eli blieb stehen, betrachtete prüfend einen Campingkocher. »Wobei er keine von denen heiraten wollte, oder?«
    Darüber dachte ich einen Moment nach. Wir liefen an einem Stapel Baseballhandschuhe vorbei. »Höchstens vielleicht für ein paar Minuten.«
    »Aber über diese Frau sagt er, sie sei die Richtige.« Wir näherten uns der Fahrradabteilung. Die Räder waren nach Größe geordnet nebeneinander aufgereiht. Eli nahm ein mittelgroßes vom Ständer, ließ es beiläufig prüfend ein paarmal auf dem Vorderrad auf und ab hüpfen. »Deshalb habe ich das Gefühl, es ist egal, was du oder deine Mutter oder dein Vater denken. Warum eine Beziehung funktioniert oder auch nicht, ist manchmal undurchschaubar. Vor allem von außen betrachtet.«
    »Aber wir reden hier von Hollis«, sagte ich beharrlich. »Er hat noch nie etwas richtig ernst genommen.«
    Eli bestieg das Fahrrad, stellte sich hoch auf die Pedale,ließ es langsam vorwärtsrollen. »Vielleicht hat er einfach die Richtige gefunden. Menschen ändern sich.«
    Er fuhr um den Einkaufswagen und mich herum. Während ich ihm zusah, dachte ich daran, wie meine Mutter im gleichen Brustton der Überzeugung dieselben drei Worte gesagt hatte – nur hatte sie noch ein »nicht« angefügt. »Weißt du eigentlich, dass alle felsenfest davon ausgehen, du würdest nie wieder ein Fahrrad besteigen?«, meinte ich schließlich.
    »Werde ich auch nicht.«
    Ich verdrehte leicht die Augen, weil er genau während er das sagte wieder an mir vorbeiradelte. »Und warum sehe ich dir dann gerade dabei zu?«
    »Weiß nicht«, antwortete er. »Was denkst du?«
    Ehrlich gesagt hatte ich keine Ahnung. Ich wollte aber gerne daran glauben können, dass Menschen sich änderten. Was einem mit Sicherheit leichter fiel, wenn man gerade Zeuge einer Veränderung wurde. Während ich so dastand und jedes Mal, wenn Eli an mir vorbeifuhr, einen Windhauch spürte, eine Welle, ein Gefühl von Bewegung, konnte ich mir vorstellen, dass auch ich gerade dabei war, mich zu ändern.
    ***
    Ich hockte seit mehr als einer Stunde im Büro der Boutique und beackerte einen Haufen Unterlagen, als mich plötzlich das eindeutige Gefühl beschlich, dass ich von jemandem beobachtet wurde. Und dieser Jemand war Maggie.
    »Hallo«, sagte sie, als ich aufblickte. Sie stand in derhalb geöffneten Tür, hatte die Haare zusammengebunden, trug ein ärmelloses, weißes, oberhalb der Taille gerafftes Sommerkleid, orangefarbene Flipflops und in der Hand einen Auszeichnungsapparat. »Hast du einen Moment Zeit?«
    Ich nickte. Sie warf einen Blick über die Schulter Richtung Laden, kam dann endgültig herein, befreite einen Stuhl von einem Stapel Kataloge und setzte sich.
    Zunächst schwieg sie. Aus der Boutique drang ein Popsong zu uns herein. Irgendetwas über Achterbahnen und süße, heiße Küsse.
    »Hör mal«, meinte sie schließlich, »wegen dir und Eli.«
    Es war keine Frage. Nicht einmal eine Aussage. Sondern ein Satzfragment, was wiederum rechtfertigte, dass ich nicht antwortete. Wie kann man eine vollständige Antwort auf etwas geben, das unvollständig ist?
    »Ich weiß, dass ihr jede Nacht miteinander herumzieht, und zwar seit längerer Zeit«, fuhr sie fort. »Und es geht mich auch nicht wirklich etwas an, aber   …«
    »Wieso?«
    Sie sah mich leicht verwirrt an. »Wieso es mich nichts angeht?«
    »Wieso du das weißt?«
    »Ist einfach so.«
    »Ach ja? Bist du seit Neuestem allwissend?«, fragte ich. »Bist du Big Brother?«
    »Wir wohnen in einer kleinen Stadt, Auden, einer winzigen, in vielerlei Hinsicht. Hier spricht sich eben einiges rum.« Sie seufzte, blickte auf den Auszeichnungsapparat. »Mir geht es nur darum   … also, ich kenne Eli schon ziemlich lange. Ich

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