Deutsche Geschichte
auf dem Scheiterhaufen gelandet, wenn ihn der Kurfürst von Sachsen nicht beschützt und versteckt hätte. Über dessen Motive wurde viel spekuliert. Sicher ist, dass Friedrich der Weise durch sein Handeln mit dazu beigetragen hat, die Welt grundlegend zu verändern.
Der »gemeine Mann« erhebt sich
Während Martin Luther unter dem falschen Namen »Junker Jörg« auf der Wartburg bei Eisenach lebte und das Neue Testament erstmals in eine für alle Deutschen verständliche Sprache übersetzte, wuchs die Unruhe im Land. Viele Mönche verließen die Klöster, um Luthers Lehren zu predigen. Nonnen und Mönche brachen ihr Gelöbnis und heirateten. Aber am meisten rumorte es unter den Bauern.
Dass ein Christenmensch niemand untertan sein solle, bezogen sie auf die sozialen und politischen Verhältnisse, auch wenn Luther es so nicht gemeint hatte. Hörige und Leibeigene fühlten sich nicht mehr zum Gehorsam verpflichtet und forderten die Abschaffung adliger Vorrechte. »Als Adam grub und Eva spann, wo war denn da der Edelmann?«, sangen die Bauern in Süddeutschland und wagten zum ersten Mal in der deutschen Geschichte, sich gegen die Obrigkeit zu erheben.
Mehrere »Haufen« mit 8 000 bis 12 000 bewaffneten Bauern konnten anfangs beachtliche Siege erringen. Im Mai 1525 trat in Heilbronn sogar ein »Bauernparlament« zusammen, um eine Verfassung für das neue Reich zu beraten. Vor allem war geplant, die Macht der Landesfürsten zu beschneiden und dafür eine starke kaiserliche Zentralregierung zu schaffen. Staat und Kirche sollten getrennt, geistlicher Besitz verstaatlicht werden. Die Gemeinden sollten das Recht bekommen, ihre Pfarrer selber zu wählen. Eine Ständeversammlung mit gleich vielen Vertretern des Adels, der Bürger und der Bauern war vorgesehen. Die weltlichen Herren sollten vom Reich ihr Einkommen erhalten, also eine Art Beamte sein. Die Gerichte sollten nur mit Laien (Nichtgeistlichen), vor allem mit Bürgern und Bauern besetzt werden. Die mächtigen Handelsgesellschaften und Bankhäuser der Fugger, Hofstetter und Welser wollte man auflösen. In Wirtschaft und Handel sollte der Nutzen aller vor der Bereicherung Einzelner stehen. – Damit waren die Grundgedanken einer sozialen, vom Volk getragenen Monarchie formuliert.
Diese neue und gerechtere Ordnung wäre die fortschrittlichste jener Zeit gewesen; sie konnte zum Schaden der deutschen Geschichte nicht verwirklicht werden, weil die Fürsten ein starkes Heer aufstellten, das die Bauernhaufen in Oberschwaben, Württemberg, Franken und Thüringen besiegte. Und wie die Bauern zu Beginn des Aufstandes, so beriefen sich nun die Fürsten auf Martin Luther. In seiner Schrift Ermahnung zum Frieden hatte er zwar noch Verständnis für die Bauern gezeigt, nicht jedoch für die Art, wie sie ihre Forderungen durchsetzen wollten. »Christen sind Menschen, die nicht mit dem Schwert noch mit der Büchse streiten.«
Auf dem Höhepunkt des Bauernkrieges schlug sich Luther mit seiner Schrift Wider die räuberischen und mörderischen Rotten der Bauern endgültig auf die Seite der Fürsten. Er warf den Bauern vor, gegen Gott und die Obrigkeit zu sündigen, wofür sie »ewig des Teufels« seien. Die Obrigkeit aber handle im Namen Gottes, wenn sie das Schwert benutze. »Drum, liebe Herren, steche, schlage, würge, wer da kann!«
Das taten die »lieben Herren«. Sie ließen keine Gnade walten, denn ihnen kam es darauf an, die Menschen so einzuschüchtern, dass sie sich nie wieder erheben würden.
Die brutale Niederschlagung der ersten Massenbewegung in Deutschland wirkte dann auch jahrhundertelang nach. Mit Alexander von Humboldt kann man sagen: »Der große Fehler in der deutschen Geschichte ist, dass die Bewegung des Bauernkrieges nicht durchgedrungen ist.«
Was hätte nicht alles anders werden können, wären die Bauern 1525 erfolgreich gewesen!
Glaubens- und Kirchenspaltung
Im Streit um den richtigen Glauben und die Reform der Kirche stellten sich viele Fürsten und Städte auf die Seite des Reformators Martin Luther. Dafür hatten sie sicher unterschiedliche Gründe. Manche mögen von Luthers Lehre überzeugt gewesen sein; andere dachten vielleicht mehr an die geistlichen Besitztümer, die ja aufgelöst und verteilt werden sollten. Wie auch immer, in vielen Ländern und Städten wurde die Kirche im Sinne Luthers reformiert. Die Klöster wurden aufgelöst, den Geistlichen wurde die Ehe erlaubt, der Gottesdienst wurde umgestaltet und in deutscher Sprache gehalten. Auch
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