Deutsche Geschichte
und anderes mehr in großer Zahl hergestellt werden konnten. Und zwar durch hunderte von Fach- und Hilfsarbeitern. Um die Güter aus solchen »Manufakturen« schnell verkaufen zu können, wurden Straßen, Kanäle und Häfen gebaut.
Ausländische Waren wurden mit hohen Zöllen belegt und waren deshalb für die Franzosen sehr oft zu teuer.
Diese Wirtschaftspolitik, »Merkantilismus« genannt, nahm wenig Rücksicht auf die Bedürfnisse des Volkes. Ihr oberstes Ziel war, Geld in die Staatskasse zu bringen.
Überall in Europa ahmten die Fürsten den Regierungsstil und die Politik des französischen Königs nach. Auch die vielen deutschen Fürsten wollten zumindest kleine Sonnenkönige sein. Sie ließen prächtige Residenzen bauen, hielten darin Hof und regierten absolutistisch wie ihr Vorbild. Wie in Frankreich kostete das sehr viel Geld, und manche Fürsten stürzten ihre Länder in große Finanznot. Darunter hatte in erster Linie das Volk zu leiden, weil immer mehr Steuern und Abgaben von ihm verlangt wurden. Vor allem die Bauern wurden bis zum Letzten ausgepresst. Neben den vielen Abgaben mussten sie beim Bau der oft riesigen Residenzen und Abteien immer wieder Frondienste leisten, ebenso wenn Rathäuser, Kirchen, Pfarrhäuser und Kasernen gebaut, Wege und Straßen angelegt wurden. Das sollte nicht vergessen, wer heute die prächtigen Bauwerke aus jener Zeit bewundert.
Die Preußen kommen
Im 17. Jahrhundert gewann in Deutschland ein altes Fürstengeschlecht an Bedeutung: die Hohenzollern. Seit dem 11. Jahrhundert hatten sie ihren Besitz zuerst zwischen Donau und Neckar, dann bis ins Fränkische stetig vergrößert. Für treue Dienste hatte König Sigismund dem hohenzollerischen Grafen Friedrich VI. im Jahr 1415 die Markgrafschaft Brandenburg übertragen und ihn zum Kurfürsten gemacht. Später erhielten die Hohenzollern noch andere Grafschaften und zuletzt 1618 das Herzogtum Preußen.
Die Gebiete des Hauses Hohenzollern waren sehr weit verstreut. Von einem einheitlichen Staat konnte keine Rede sein. Zudem war das Land auch wirtschaftlich sehr schwach. Das alles wollte der junge Kurfürst Friedrich Wilhelm ändern. 1640 übernahm er als 20-Jähriger die Regierung in Brandenburg-Preußen. Zuvor hatte er unter anderem am holländischen Königshof vier Jahre lang eine politische und militärische Ausbildung erhalten. Seit dieser Zeit schätzte er die Holländer sehr. Und weil das dünn besiedelte Brandenburg-Preußen zuerst einmal mehr Menschen brauchte, bot Friedrich Wilhelm holländischen Siedlern kostenloses Land und sechs Jahre Steuerfreiheit an, wenn sie »Holländereien«, das heißt Musterbetriebe für Tierhaltung, Milchwirtschaft, Obst- und Gemüsezucht anlegten. Dieses Angebot nahmen viele Holländer an, was die Landwirtschaft bald spürbar in Schwung brachte.
Zur gleichen Zeit wollte Ludwig XIV. die Hugenotten (so nannte man in Frankreich die Protestanten) gewaltsam bekehren. Friedrich Wilhelm nutzte die Gunst der Stunde und gewährte im »Edikt von Potsdam« Religionsfreiheit. Daraufhin kamen etwa 20000 Hugenotten nach Brandenburg-Preußen, darunter viele tüchtige Handwerker und auch etliche Unternehmer, die neue Manufakturen gründeten. Alle Städte profitierten von den neuen Bürgern, am meisten Berlin, wo bald ein Drittel der Bevölkerung Franzosen waren. Um den Handel anzukurbeln, wurden Straßen gebaut; ein Kanalsystem wurde geplant, damit Berlin »Hafenstadt« werden konnte.
Der wachsende Reichtum ermöglichte den Aufbau eines starken Heeres, was für Friedrich Wilhelm, den man schon bald den »Großen Kurfürsten« nannte, sehr wichtig war.
Als ihm nach 48-jähriger Regentschaft sein Sohn Friedrich nachfolgte, kannte der nur ein Ziel: Er wollte König werden. Jahrelang verteilte Friedrich bei den Kurfürsten Gelder, um ihre Stimmen zu kaufen. Und die Habsburger erhielten etwa 300 000 Taler. Außerdem stellte Friedrich dem Kaiser für den Krieg gegen Spanien 10000 Soldaten zur Verfügung und versprach für die Zukunft eine jährliche Zahlung von 100000 Talern.
Im Januar 1701 hatte Friedrich es geschafft. In der Schlosskapelle von Königsberg krönte er sich eigenhändig zum »König in Preußen«. Am Wiener Hof löste das allerdings nur Heiterkeit aus, denn der erste Preußenkönig wurde überhaupt nicht ernst genommen. So ein verstreutes Staatsgebilde konnte ihrer Meinung nach nicht von Dauer sein, ob es nun von einem Kurfürsten oder von einem König regiert wurde. Und beinahe hätten sie
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