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Deutsche Geschichte Von 1815-1870

Titel: Deutsche Geschichte Von 1815-1870 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luise Buechner
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Zecher! Müde Wächter, flink herbei!
    Stellt Euch auf in blanken Waffen, schnurgerad in Glied und Reih!
    Präsentiret die Gewehre, senkt die Fahne feierlich!
    Laßt die Trommeln fröhlich wirbeln, und die Schranken öffnen sich!
    Daß mit grünen Palmen siegreich, stolz und frei im Lichtgewand,
    Leuchtend
der Gedanke
wandle in das gastlich offne Land!« –
     
    Mit glänzenden Augen las und hörte man in Oesterreich solche Worte, aber die Regierung blieb taub dafür, und constatiren wir darum noch einmal nachdrücklich, welches große Verdienst sich Preußen durch die Gründung des Zollvereins um das nationale Leben Deutschland's erworben hat. Er wurde bald eine ebenbürtige Handelsmacht auf der Weltbühne, man sprach jetzt wieder von einer deutschen Industrie, von deutschem Handel und von deutschem Kapital. Weiterblickende Männer wie Friedrich List fühlten jetzt Boden unter ihren Füßen, wenn sie für ein nationales System politischer Oekonomie weiter agitirten, und in des Genannten Kopfe hatte damals schon der Gedanke sich Bahn gebrochen, ein ganzes
Eisenbahnsystem
über Deutschland auszubreiten, das auch seinerseits mit tausend Armen das Getrennte in ein Ganzes zusammenfassen werde; ebenso sollten deutsche Consulate im Auslande auch in der Ferne den Deutschen beschützen und die Nation vertreten. –
    So tagte denn endlich über uns die Stunde, da man anfing sich auf materiellem, practischen Boden als der Sohn einer Mutter zu empfinden, und auch im Reiche wußten patriotisch gesinnte Dichter solche Ergebnisse und Fortschritte ihrem Volke an's Herz zu legen.
    In seiner humoristisch volksthümlichen Weise besang damals Hoffmann von Fallersleben den Zollverein:
     
    »Schwefelhölzer, Fenchel, Bricken,
    Kühe, Käse, Krapp, Papier,
    Schinken, Scheeren, Stiefel, Wicken,
    Wolle, Seife, Garn und Bier;
    Pfefferkuchen, Lumpen, Trichter,
    Nüsse, Taback, Gläser, Flachs,
    Leder, Salz, Schmalz, Puppen, Lichter
    Rettig, Rips, Raps, Schnaps, Lachs, Wachs!
    Und ihr andern deutschen Sachen,
    Tausend Dank sei Euch gebracht!
    Was
kein Geist
je konnte machen,
    Ei, das habet
ihr gemacht
!
    Denn ihr habt
ein Band
gewunden
    Um das deutsche Vaterland,
    Und die Herzen hat verbunden
    Mehr als unser Bund,
dies
Band! –«
     
    Sie sehen, unsere Dichter schliefen nicht, sie benutzten jeden Anlaß ihr Volk aufzurütteln, welches in jenen vorher geschilderten, trüben Tagen auch jetzt wieder, wie so oft seine Zuflucht zu dem Reiche der Gedanken nehmen mußte.
    Mit neuer Kraft wendete man sich wieder der Wissenschaft, namentlich dem Studium der Philosophie, der Geschichte und den exacten Wissenschaften zu, mit dem gewaltigen Unterschiede jedoch, daß man mehr und mehr begann, deren Resultate auf das Leben der Gegenwart anzuwenden. Den Gelehrten voraus plänkelte die leichte Schaar der Dichter; was man nicht frei und unumwunden äußern durfte, das nahm die durchsichtige Hülle der Dichtkunst an, um unter dieser Form, bald mit der Geißel der Satyre die Feinde anzugreifen und lächerlich zu machen, bald mit schmerzlicher Wehmuth, oder in zornmüthigem Pathos seinem innersten Gefühle Luft zu schaffen.
    Eine Probe der letzteren Art habe ich vorhin in der Dichtung von
Anastasius Grün
gegeben, dessen Poesieen, reich an Anspielungen auf die Tagesgeschichte, zu jener Zeit in und außerhalb Oesterreich's mit gleicher Begierde gelesen wurden.
    Sie fielen wie kühlende Thautropfen in die Seele unseres dürstenden Volkes, und hoch stellte man einen Dichter, der den höchsten Adelskreisen Wien's angehörend, in freimüthiger und glühender Sprache den österreichischen Staatsmännern in's Angesicht sagte, was der noch nicht ganz geknechtete Mensch empfand.
    Die Spaziergänge eines Wiener Poeten
, welche die Zustände Oesterreich's in rücksichtsloser Weise geißelten, machten überall das größte Aufsehen, und wurden wahrhaft verschlungen. Selbst an Metternich, den Gefürchteten wagte sich des Grafen Feder; unübertrefflich wußte er ihn zu schildern, in
der Salonscene
, wo er uns den alternden Staatsmann vorführt, wie er kokettirt, intriguirt, und wie Alles nur an seinen Blicken und Bewegungen hängt; dann fährt der Dichter ernster fort:
     
    »Mann des Staates, Mann des Rathes, da Du just bei Laune bist,
    Du Du gegen Alle gnädig überaus zu dieser Frist!
    Sieh', vor Deiner Thüre draußen harrt ein dürftiger Client
    Der durch Winke Deiner Gnade hochbeglückt zu werden, brennt!
    Brauchst Dich nicht vor ihm zu fürchten, er ist artig und

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