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Deutsche Geschichte Von 1815-1870

Titel: Deutsche Geschichte Von 1815-1870 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luise Buechner
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hier: Constitutionelle Monarchie! so lautete der neue Schlacht- und Zwiespaltsruf der Nation und als es nun drinnen über Struve's Antrag zur Abstimmung kam, erklärten sich 386 Stimmen gegen die Permanenz, und nur 148 dafür.
    Gagerns Antrag, einen Fünfziger-Ausschuß zu ernennen, der bis zum Parlamente zusammen bleiben und mit dem Bundestag, welcher inzwischen durch einige volksthümliche Mitglieder war regenerirt worden conferiren sollte, wurde angenommen, und nachdem dies geschehen, im
Namen Aller
, die Volkssouveränität auf
breitester Basis
laut proclamirt. Mit diesem tönenden Schlagworte war der Reigen der Phrase auch im Parlamentssaale, eröffnet. –
    Als nun eine Debatte über die Beseitigung oder Beibehaltung des Bundestages folgte, trat die liberale Parthei ganz aus, doch gelang es, sie noch vor Beendigung der Versammlung in die Paulskirche zurückzuführen, so daß dieselbe wenigstens scheinbar in Eintracht auseinander ging. Als greifbares Resultat mannigfach glänzender Reden, wurde dann auch noch ein kurzer Abriß der Grundrechte, als das geringste Maß dessen, was die deutsche Volksfreiheit erheische, angenommen, und auch die Volksbewaffnung beschlossen, welche jedoch nachher nur dem Scheine nach ausgeführt wurde. Der Reaction war jetzt schon die Brücke gebaut, und gar Manche ahnten dies auch sorgenvoll, als am vierten Tage die Abgeordneten ihre Berathungen schlossen und paarweise, Arm in Arm, unter dem Läuten der Glocken die Paulskirche wieder verließen.
    Ihrem Beschlusse gemäß sollte nach vier Wochen das eigentliche deutsche Parlament, als constituirende Versammlung, zusammentreten und beide
äußerste
Partheien bemühten sich nun, diese Zwischenzeit so gut als möglich in ihrem Interesse auszunutzen; die Regierungen um sich von ihrer Ueberrumpelung zu erholen und feste Maßregeln zu ergreifen, die Republikaner um zu
handeln
, denn
Hecker
trat jetzt entschieden auf die Seite derer, die entschlossen waren die Revolution gewaltsam fortzusetzen!
     

Sechzehnte Vorlesung
     
    Der Heckerputsch in Baden. Das deutsche Parlament. Debatten über die Centralgewalt. Wahl eines deutschen Reichsverwesers. Ein Reichs-Ministerium. Beginn der Conflicte zwischen dem Parlament und den Einzelstaaten, namentlich mit Preußen. Der schleswig-holsteinische Krieg. Waffenstillstand von Malmö. Septemberaufstand in Frankfurt. Ermordung von Lichnowsky und Auerswald
     
    Es waren in jenen so folgereichen Tagen zwei uns schon bekannte Männer, welche die beiden einander schroff gegenüberstehenden Partheien hauptsächlich vertraten und als deren Hauptführer gelten konnten. An der Spitze der Republikaner stand
Friedrich Hecker
, an der der Constitutionellen
Heinrich v. Gagern
, ein Sohn jenes diplomatischen Vertreters des oranisch-nassauischen Hauses, welcher in den Jahren 1813, 1814 und 1815 eine nicht unbedeutende Rolle gespielt, und den wir als Freund Stein's, Gneisenau's und der übrigen preußischen Patrioten kennen gelernt haben. Auch Heinrich v. Gagern ist uns schon früher in der Darmstädter Ständekammer begegnet, wo er durch sein männliches, liberales Auftreten, damals so selten bei einem Manne von Adel, sich die allgemeinen Sympathieen erworben hatte. Eine imposante Persönlichkeit, von idealem Sinne beseelt, aber leider nicht als tiefblickender Staatsmann geboren, konnte er Hecker, bezüglich der Popularität vollkommen die Wage halten; war Jener mehr der Mann des Volkes, der Leitstern der übersprudelnden Jugend, so war dieser der Abgott der höheren Klassen, wie des Bürgerstandes und die Benennung »der Edle« die er in jenen Tagen erhielt, beweist wie hoch man ihn verehrte. Gagern's politisches Ideal, welches er gleich bei Beginn der Bewegung vertrat, war ein deutscher Bundesstaat, mit
einem
mächtigen
Oberhaupte
, also ungefähr das, was Deutschland heute besitzt. War dieses Ziel mithin erreichbar und befriedigend, so waren es um so weniger die Mittel und Wege, welche er und seine Parthei dafür einschlugen. Sie glaubten mittelst eines gesetzlich gewählten Parlamentes den Krater der Revolution schließen, das erwähnte Ziel herbeiführen zu können.
Hecker
dagegen war überzeugt, man müsse, wenn man bei den Regierungen die noch alle Gewalt in Händen hatten, etwas durchsetzen wolle, diesen Krater offen erhalten, und so ließ er sich zu jener unglücklichen Schilderhebung im badischen Oberland fortreißen, die mehr als alles Andere dazu beitragen sollte, der Reaction die Wege zu bahnen. Rasch, ehe

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