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Deutsche Geschichte Von 1815-1870

Titel: Deutsche Geschichte Von 1815-1870 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luise Buechner
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das Parlament zusammentrat, glaubten er und seine Anhänger handeln, glaubten sie Deutschland zu einem zweiten, allgemeinen Aufstand, der diesesmal nicht vor den Thronen werde stehen bleiben, fortreißen zu müssen. Man hoffte sogar zu siegen ohne Blutvergießen, denn diese Männer waren in solcher Selbst-Täuschung befangen, daß sie glaubten, nicht allein das Volk, auch das Militär werde wieder unaufhaltsam einem neuen, allgemeinen Impulse folgen, den man ihnen nur zu geben brauche. Es erschienen jetzt Freischaaren aus der Schweiz und dem Elsaß an der Gränze; Zuzüge von deutschen Arbeitern aus Paris, die sogenannte deutsche Legion, von Herwegh und seiner Frau herbeigeführt, wurden erwartet und die Abmahnungen befreundeter Volksmänner, die an Hecker ergingen, verhallten fruchtlos. Es ist uns heute kaum noch glaublich, wie es möglich war, daß
Hecker
und seine Freunde so verblendet sein konnten, bei jedem Mangel an einer Organisation und an besonderen Hülfsmitteln, an einen Erfolg zu denken. Als man in Frankfurt sah, daß sich im Südwesten wirklich ein Aufstand vorbereitete, schickte man Bundestruppen – Hessen und Badenser – die in Eile ausgerüstet wurden, unter der Anführung eines Bundesgenerals, des
Obersten Friedrich v. Gagern
den Freischaaren entgegen. Diese, zum Theil aus rückkehrenden Flüchtlingen, zum Theil aus Zuzug von Baden und Würtemberg bestehend, der sich aus Landleuten und jungen Männern der höheren Stände recrutirte, wurden durch zwei ehemalige Officiere,
Sigel
aus Hanau und
Willich
aus der Pfalz, angeführt.
    Hecker und Struve, die geistigen Leiter der Bewegung, betrachteten den bevorstehenden Kampf von vornherein in solch idealer Weise, daß sie gefangene Soldaten, die man bei kleinen Streifereien aufgriff, oder notorische Spione wieder laufen ließen, und hartnäckig Herwegh's Anerbieten, mit seiner Pariser Legion über den Rhein zu kommen, zurückwiesen, weil sie durchaus nicht den Schein französischer Hülfe auf sich ziehen wollten.
Hecker
hatte sich vollständig in die Idee verrannt, es bedürfe nur eines Aufstandes im badischen Oberlande, um allsogleich das Unterland und den ganzen Süden Deutschland's mit hineinzureißen; darauf fest vertrauend, blieb er taub gegen alle Vorstellungen der ihm befreundeten badischen Abgeordneten, die ihm bis hinauf in das Wiesenthal folgten, und blieb es nicht minder gegen eine besondere Deputation, die der Fünfziger-Ausschuß an ihn abschickte, ja, gegen den eignen Bruder, der zu ihm reiste, um ihn zu beschwören, von seinem Vorhaben abzustehen.
    Nach längerem Hin- und Herziehen der Freischaaren und der Bundestruppen, Gagern vermied den Angriff so lange als möglich, kam es am 20. April bei
Kandern
zu dem ersten blutigen Zusammenstoß zwischen Beiden, kam es zum Erstenmale wieder zu einem deutschen Bruderkrieg. Hecker selbst führte die Abtheilung an, welcher Friedrich von Gagern als persönlicher Anführer entgegentrat. Obrist von Gagern, ein Bruder Heinrichs, hatte lange in holländischen Diensten gestanden, und mit Auszeichnung an den Kämpfen in den holländischen Colonien Theil genommen. Ein Mann von hoher, vielseitiger Bildung, von edlem Streben, begeistert für die deutsche Freiheit, stand er, wie sein Bruder Heinrich, auch mit Hecker in jenen Beziehungen, wie sie vor 1848 alle hervorragenden, nach Befreiung strebenden Männer zu einander hatten. Nun waren Beider Träume erfüllt, nun durften sie offen handeln und wagen für die Wiedergeburt des Vaterlandes, und da standen sie sich jetzt Auge in Auge, als Feinde gegenüber!
    Ehe man wirklich die Waffen gebrauchte, versuchte
Gagern
erst noch einmal den Weg der Unterhandlung; auf einer Brücke bei Kandern traf er mit Hecker, den er noch nicht persönlich kannte, zusammen, während ihre beiderseitigen Begleiter zurückblieben. Der General verlangte von vornherein, die republikanische Schaar solle ihre Waffen niederlegen; als dies Hecker ablehnte, fuhr der General fort: »Sie sind ein gescheidter, ein braver Mann, aber Sie sind ein Fanatiker!« Hecker antwortete: »Ist die Hingabe für die Befreiung eines großen Volkes Fanatismus, dann mögen Sie so sprechen, dann gibt es aber auch einen Fanatismus auf der andern Seite, dem
Sie
dienen!« So trafen sich Rede und Gegenrede, bis Jeder ohne Erfolg zu den Seinen zurückkehrte, den Angriff vorzubereiten. Ein badischer Stabsofficier rief noch Hecker'n nach: »Ich beschwöre Sie, stehen Sie ab!« doch vergebens.
    Nach einer Stunde etwa

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