Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Deutsche Geschichte Von 1815-1870

Titel: Deutsche Geschichte Von 1815-1870 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luise Buechner
Vom Netzwerk:
und auch in Wien legte man jetzt die Maske ab. Ein kaiserliches Manifest vom 3. Oktober erklärte den ungarischen Reichstag für aufgelöst, ordnete die ungarischen Truppen dem Befehl des Banus unter und ernannte diesen zum alter ego, zum Stellvertreter des Kaisers. Gleichzeitig mit diesem Manifest entband der Kriegsminister Latour die ganze ungarische Armee des Eides, welchen sie der ungarischen Regierung früher geleistet hatte und schickte sich an, von Wien aus Truppen nach Ungarn zu senden, die dem bedrängten Banus, der sich bereits bis an die östreichische Gränze hatte zurückziehen müssen, zu Hülfe eilen sollten. Noch früher aber, als das erwähnte Manifest dort seine aufreizende Wirkung thun konnte, war dies in Wien der Fall, wo sich die ganze demokratische Parthei augenblicks offenkundig auf Seiten der Ungarn stellte. Auch die Soldaten waren unsicher; zuerst weigerten sich die italienischen Regimenter dahin abzugehen und diesem Beispiele folgten die Grenadiere. In den Straßen wurden abermals Barrikaden gebaut, man bereitete sich zu einer neuen Revolution vor, und schon kam es zu offnen Straßenkämpfen zwischen der loyalen oder schwarzgelben, und der demokratischen Bürgerwehr, als die grausame Ermordung des greisen Kriegsministers Latour durch wüthendes Volk, das ihm Schuld gab, er habe dem Militär Befehl ertheilt, auf dasselbe zu feuern, die Wiener Octoberrevolution in schrecklicher Weise einleitete.
    Wir erinnern uns des Zustandes der Hauptstadt, der Wirren im Reichstag, so war es nicht zu verwundern, daß der Ausbruch, der sich schon länger vorbereitet nun wirklich kam, denn jeder Anlaß, welcher die Militärmacht irgendwie in den Vordergrund stellte, rief augenblicklich die wahnsinnigste Furcht vor einer Reaction in den Gemüthern wach. Der Bund der Regierung mit dem Banus ließ jetzt zu Wien Alles befürchten und diese Aufregung der deutschgesinnten Parthei mußte sich steigern, als in der Nacht auf den 6. October der Kaiser abermals heimlich von Schönbrunn entfloh, und sich nach der Festung Olmütz in Mähren, mitten unter eine slavische Bevölkerung, begab. Seinem Beispiele folgte bald die Mehrzahl des Reichstags, selbst sein Präsident, der Böhme Strohbach, entfernte sich, während der Rest, unter dem Vorsitze Smolka's sich in Permanenz erklärte, um die Fäden der Bewegung in der Hand, und dieselbe auf gesetzlichem Boden, zu erhalten. Ein neuer Sicherheitsausschuß, mit
Schuselka
an der Spitze wurde gebildet, und man richtete nun die dringendste Bitte an den Kaiser, zurückzukehren und ein populäres Ministerium zu ernennen, mit dem festen Versprechen, daß die Ordnung nicht weiter gestört werden solle. Aber die erschrockne Dynastie stützte sich jetzt lieber auf die Gewalt des wiedergewonnenen Schwertes, denn zwei Generale näherten sich bereits den Mauern Wien's, um die Stadt zu Paaren zu treiben.
Jellachich
, verschiedne male geschlagen, war auf östreichisches Gebiet gedrängt worden und machte nun aus der Noth eine Tugend, indem er sich auf eigne Hand, um sich aus der Verlegenheit zu ziehen, zum Staatsretter aufwarf. Seine ungesetzliche Anwesenheit auf deutschem Boden erklärte er einer Deputation die ihn aufforderte sich wieder zurückzuziehen, mit den Worten:
    »Als Staatsdiener verpflichtet, der Anarchie zu steuern, zeigt mir als Soldat der Donner der Geschütze meinen Weg. Auf östreichischem Boden kenne ich keine kroatischen, sondern nur östreichische Truppen!«
    Bald sah er sich durch die noch treugebliebenen Wiener Truppen verstärkt, die Graf Auersperg vorsichtig zusammenzog, mit ihnen am 12. October Wien verließ, und eine feste Stellung auf dem Belvedere einnahm, da er sich zu schwach fühlte, etwas mit ihnen allein zu unternehmen.
    Jellachich umschloß nun allgemach mit seiner bunten Musterkarte von Serben, Kroaten und Dalmatinern den südlichen Theil der Stadt, aber noch beängstigender wurde deren Lage, als ein zweiter Staatsretter sich aufwarf, welcher den Ersten bald ganz in den Hintergrunde drängte. Es war dies Fürst Windischgrätz, der am 11. Oktober Prag verließ, um diesesmal, zur Freude der Czechen, gegen die Deutschen zu fechten. Er erließ zuvor eine Proklamation an die Prager, belobte sie wegen ihrer Loyalität und sagte dann: »Die Anarchie in Wien legt mir die Pflicht auf, mich mit einem Theile der mir unterstehenden Truppen zum Schutze des Monarchen und zur Wahrung der Einheit der constitutionellen Monarchie von hier zu entfernen.«
    Seinem

Weitere Kostenlose Bücher