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Deutsche Geschichte Von 1815-1870

Titel: Deutsche Geschichte Von 1815-1870 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luise Buechner
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und Geduld ab, wozu der Bericht des Reichscommissärs
Bassermann
, den man nach Berlin entsendet hatte, viel beitragen mochte. Er war bereits so ängstlich geworden, daß er, in drastischer Weise seine Berliner Eindrücke schildernd, vor den Augen der Frankfurter Versammlung jene berühmten, später nach ihm benannten,
Bassermann'schen
Gestalten aufmarschiren ließ, welche Berlin halbwegs in die Abruzzen und unter die Herrschaft von Banditen und Räubern zu versetzen schienen. Gegen solche übertriebene Darstellungen wendeten sich die Berliner Deputirten,
Rodbertus
und
Schultze-Delitzsch
, welche nach Frankfurt geschickt worden waren, mit energischer Beredsamkeit, erreichten aber doch nur, daß die Linke der Paulskirche, 147 an Zahl, ihnen mit der Erklärung beistimmte, daß die Steuerverweigerung vom Standpunkte des positiven, wie auch des natürlichen Rechtes durchaus zulässig sei. – Dieser Ansicht entgegen traten die Professoren der Universitäten Halle und Berlin, um sich über den Conflict dahin auszusprechen, daß die Regierung in ihrem Rechte sei, wenn sie die Versammlung nach Brandenburg verlege, damit dieselbe dem Einfluß des Berliner Pöbels entzogen werde. Man stritt hin und her, bis man endlich am 20. November mit großer Mehrheit beschloß, die Centralgewalt solle sich in's Mittel legen, und in Berlin dahin wirken, daß ein Ministerium gebildet werde, welches das Vertrauen des Volkes besitze, gleichzeitig aber wurde der Beschluß der Steuerverweigerung für null und nichtig erklärt. Mit bereitwilliger Freude unterzogen sich Erzherzog Johann und Herr von Schmerling dem Auftrag, sich als Oberbehörde in die Berliner Angelegenheiten einzumischen. Es geschah in einer Weise, welche Preußen auf's Empfindlichste berühren mußte. Am 22. November erschien ein Manifest des Erzherzogs an die deutsche Nation, in dem es wörtlich hieß:
    »Preußen! die Reichsversammlung zu Frankfurt vertritt die Gesammtheit der deutschen Nation, ihr Ausspruch ist oberstes Gesetz für alle Deutsche! in voller Uebereinstimmung mit ihr werde ich handeln! Ich werde die Vollziehung jenes Beschlusses nicht dulden, welcher durch Einstellung der Steuererhebung in Preußen die Wohlfahrt von ganz Deutschland gefährdet. Ich werde aber auch die Bürgschaft der Rechte und Freiheiten des preußischen Volkes zur Geltung bringen; sie sollen ihm unverkümmert bleiben, wie allen unsern deutschen Brüdern!« –
    Inzwischen war der Dom zu Brandenburg, der als Sitzungslokal dienen sollte, fertig geworden und der Minister lud auf den 27. November dahin ein, welcher Einladung aber nur die Minorität folgte. Die Majorität der Versammlung erließ eine Proclamation an ihre Mitbürger, in der sie unter Anderm sagte: Es war Euch nicht zu thun um ein leeres Constitutionsschema, neben welchem die alten Werkzeuge der Adels-, Beamten- und Militärherrschaft in Thätigkeit hätten bleiben können. Ihr verlangtet eine
neue
Begründung, und in diesem Sinne hat die Versammlung ihre Aufgabe erfaßt, wegen dem werden wir verdächtigt und angegriffen!« – So war es in der That, es war der erbitterte und rücksichtslose Prinzipienkampf des Alten gegen das Neue, der wieder ausgebrochen war, und worin ersteres diesesmal Sieger blieb. Die Brandenburger Versammlung blieb, in Folge des Fernhaltens des größten Theiles der Deputirten,
beschlußunfähig
und wurde nun am 5. December 1848 durch den König aufgelöst. Gleichzeitig damit octroyirte die Krone eine fertige Verfassung mit zwei Kammern, und der Bestimmung, daß die, nach dem darin enthaltenen Wahlgesetze neugewählte Volksvertretung sich am 26. Februar 1849 in Berlin versammeln sollte. –
    Mit diesem Abschluß konnte denn nun auch die preußische Revolution als beendigt und abgethan angesehen werden, und mit einem letzten Rest von Hoffnung blickte man nun noch auf Frankfurt, wo endlich die Berathung der
Grundrechte
fertig geworden war.
    Es ist überflüssig, die Bestimmungen derselben hier noch einmal zu wiederholen, denn wir wissen, um was sich die Wünsche des deutschen Volkes schon seit 30 Jahren bewegten. Eine der wichtigsten Bestimmungen, die Entlastung des Bodens und die Abschaffung jeglichen Feudalrechts hatte sich thatsächlich bereits vollzogen; eine andere betraf die Einführung der Schwurgerichte, die auch schon vorher an vielen Orten waren eingerichtet worden, und sich schon in voller Thätigkeit befanden. Andere Rechte, wie das der Freizügigkeit, der Gewerbefreiheit u.s.w. konnten erst dann

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