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Deutsche Geschichte Von 1815-1870

Titel: Deutsche Geschichte Von 1815-1870 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luise Buechner
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großer Regent!«
    Die persönlichen Verhandlungen mit dem König über die Annahme der neuen Kaiserwürde hatten schon bald nach dem Zusammentreten des Parlaments begonnen.
Dahlmann
, der eigentliche Urheber der Reichsverfassung, war gleich bei Ausbruch der Revolution der Meinung gewesen, daß Preußens König sich unmittelbar nach der Verjagung Louis Philipp's hätte an die Spitze der Ereignisse stellen müssen, eine Ansicht, die der Prinz von Preußen theilte. Dahlmann unterhandelte nun schon seit damals mit dem König und suchte ihn namentlich, aber vergebens, für die Ansicht zu gewinnen, daß ein neues deutsches Reich sich dauerhaft nur mit Oestreichs Ausschluß begründen lasse. Die Nothwendigkeit dieses Ausschlusses leuchtete damals allerdings erst Wenigen ein, weil man in politischen Fragen noch zu sehr gewöhnt war, das Gefühl anstatt des Verstandes zu befragen, und ohne Zweifel war es und ist es noch heute für jedes deutsche Herz ein schmerzliches Gefühl, einen so schönen Theil Deutschlands, wie die deutsch-österreichischen Provinzen, aufgeben zu müssen. Aehnliche Gefühle beherrschten den König, der hartnäckig auf Dahlmann's Gründe antwortete: »Ich will über keinen Rumpf herrschen!«
    Einer einsichtsvolleren Politik zugänglicher war der Prinz von Preußen, unser jetziger Kaiser, mit welchem Ritter von Bunsen, der deutsche Gesandte in London, während des Sommers sich öfter über den Dahlmann'schen Verfassungsentwurf besprach. Bunsen erzählt, daß der Prinz sich in voller Klarheit über die Sachlage befunden, daß er Preußens deutsche Mission voll anerkannt und den Entwurf der Reichsverfassung eifrig geprüft habe, dabei scharf hervorhebend, was ihm bei dem Abschnitt über die künftige Heeresorganisation verkehrt erscheine. Wenn er bei solchen Gesprächen neben dem Groll und der Eifersucht Oestreichs auch die von Bayern als zu befürchten hervorhob, so war dies nur zu gerechtfertigt.
    Unter denjenigen, welche Friedrich Wilhelm IV. nahe standen und ihn in dieser Sache beriethen, waren es vornehmlich v. Bunsen und dessen Freund, der
Baron von Stockmar
, der langjährige Freund des englischen Königspaares, endlich auch der Prinz von Preußen selbst, die nicht nachließen, den König zur Annahme der Kaiserwürde zu drängen, aber selbst die Vertrautesten konnten nicht ergründen, welchem Entschluß er sich eigentlich zuwendete, und bitter enttäuscht verließ
Gagern
wieder Berlin, nachdem er am 27. November in dieser Angelegenheit eine lange Unterredung mit dem Könige gehabt hatte, in derem Verlaufe ihm der Letztere unter Anderem gesagt: »Das Haus Habsburg steht voran, wenn Oestreich ausscheidet, so würde Deutschland ein getheiltes und gemindertes sein und ich mag nicht nach Zerstückelung des Kaiserthums der erste Kaiser sein, der eine verstümmelte Krone trüge. – – – Meine Krone würde schwach sein durch die Widerwilligkeit der unterworfenen Dynastien, durch die Macht so mancher unaustilgbaren Antipathieen, der katholischen, der süddeutschen, durch die erregte Eifersucht und Mißgunst der auswärtigen Mächte – durch ihren Ursprung!«
    Immerhin gab die Kaiserparthei ihre Hoffnungen noch nicht ganz auf; – Friedrich Wilhelm konnte über Nacht wieder anderen Sinnes werden und während sie ihre Pläne weiter verfolgten, gewann Oestreich Zeit für seine Intriguen, deren Karten Herr von Schmerling meisterhaft zu mischen verstand.
    Unter den nun obwaltenden Verhältnissen und bei den nothwendig werdenden Verhandlungen mit Oestreich bezüglich dessen künftiger Stellung zu Deutschland, konnte von Schmerling nicht an der Spitze des Staatsministeriums bleiben, er forderte
Gagern
auf, in dasselbe einzutreten, wozu sich dieser denn auch bereit zeigte. Schmerling fühlte sich sicher genug, den neuen Collegen zu beherrschen, als aber nun Gagern's Parthei darauf drängte, Schmerling müsse, im Falle von dessen Eintritt, ganz aus dem Ministerium ausscheiden, trat der Letztere vollständig in das Lager seiner Regierung über, mit der entschiedenen Absicht, jetzt nur für Oestreich und gegen Deutschland zu wirken.
    Gagern übernahm nun das Ministerium des Aeußeren, sowie die Präsidentschaft, während Schmerling seine Regierung im Ministerrathe vertrat und jetzt, im Gegensatz zu Gagern und dessen Parthei, mit der Idee eines, früher schon einmal vorgeschlagenen,
Directoriums
über Deutschland hervorrückte. Dieses Directorium sollte aus Oestreich und Preußen bestehen und in einem Wechsel von

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