Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Deutsche Geschichte Von 1815-1870

Titel: Deutsche Geschichte Von 1815-1870 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luise Buechner
Vom Netzwerk:
ausschließen zu wollen, dies als Handhabe benutzten, um überhaupt, wie es ja auch Oestreich erstrebte, die ganze Umgestaltung Deutschlands zu verhindern, die Zustände vor 48 neu herzustellen. Einträchtiglich fanden sich Ultramontane, Reactionäre und unverbesserliche Aristokraten aller Art unter diesem bequemen Deckmantel zusammen und mit Recht durfte man bis 1870 die ganze reactionäre, jesuitische und reichsfeindliche Parthei in Deutschland als die
Großdeutsche
bezeichnen.
    Am 19. Januar 1849 kam dann endlich der Tag, welcher im Parlament über die
Oberhauptsfrage
endgültig entscheiden sollte. Alle Mittelvorschläge, die sich inzwischen noch eingestellt und bald ein zwei-, drei- oder fünfköpfiges Reichsdirectorium beantragten, wurden verworfen; nicht besser erging es den Anträgen der Linken auf ihren verantwortlichen Präsidenten; angenommen dagegen wurde mit 258 gegen 211 Stimmen der Antrag:
Die Würde des Reichsoberhaupts wird einem regierenden deutschen Fürsten übertragen
! Die Frage von deren
Erblichkeit
ward dadagegen verworfen. Von Seiten der Kleindeutschen war man unterdessen eifrig bemüht gewesen, sich der Zusicherung der einzelnen Fürsten zu diesem Paragraphen zu vergewissern und in der That gelang es ihnen auch, bis zum 25. Januar die Zustimmung von 17 deutschen Fürsten, daß sie sich einem einheitlichen Oberhaupte unterwerfen wollten, zu Wege zu bringen. Manche sprachen dabei geradezu den Wunsch aus, es möge dieses Oberhaupt der König von Preußen sein. Schon am 4. Februar aber erfolgte von Wien aus der Rückschlag, indem sich Oestreich feierlichst gegen eine
Unterordnung
des
Kaisers
unter eine von einem andern Fürsten ausgeübte Centralgewalt verwahrte; diesem Aktenstück schloß sich die Erklärung an, daß eine
einseitige
Aufhebung des Bundesverhältnisses nimmermehr Seitens Oestreichs zugegeben werden könne, und daß es sich vorbehalte, seine Reformvorschläge nun in Frankfurt
allein
zu machen. Dies goß Oel ins Feuer und von allen Seiten entbrannte jetzt der heftigste Partheikampf. Bayern stellte sich ohne Weiteres auf Oestreichs Seite, Würtembergs König erklärte, er werde sich nie einem Hohenzollern unterwerfen und Preußen selbst erließ eine Note, in der es zwar zugestand, die
Hegemonie
über Deutschland übernehmen zu wollen, dagegen eine Herstellung der Kaiserwürde als überflüssig erachte. Doch nahm man diesen Erlaß mehr als eine Ziererei, denn als eine bestimmte Ablehnung auf. Auch in den Einzelkammern wurde diese wichtige Frage jetzt lebhaft debattirt und in Kassel traf der Abgeordnete
Henkel
wohl den Nagel auf den Kopf, indem er sagte: »Wir haben nun die Wahl, entweder mit
Preußen das deutsche Reich
, oder mit
Oestreich den deutschen Bund
! Aber«, fuhr der Redner fort, »lieber eine
preußische Provinz
sein und dabei das Selbstgefühl der Mitgliedschaft eines großen, geachteten, deutschen Staates, als den Wiedereintritt in den jammervollen Bund.« – So sprach er prophetisch für Kurhessens künftiges Geschick, aber ohne Zweifel mit richtigem Vorausblick in die Zukunft.
    Wir werden auf das Gewirre der sich zu einer preußischen Spitze bekennenden oder dagegen verwahrenden Noten und Vorschläge der verschiedenen deutschen Regierungen hier nicht näher eingehen – sie änderten nichts an der Thatsache, daß denn doch am 24. Februar vorerst die Bevollmächtigten von 28 verschiedenen deutschen Staaten mit Ausnahme Oestreichs im Bundespalast zusammentraten, um sich wegen der Reichsverfassung zu besprechen. Obgleich man nun Vieles daran auszusetzen fand und namentlich Verbesserungen im eigenen Interesse verlangte, wie den Wegfall von Reichssteuern und das Recht, eigene Gesandte zu ernennen, auch die Ausdrücke »Reich« und »Reichsgewalt« anstößig fand und dafür die alte Benennung »Bund« wünschte, einigten sich doch 28 Regierungen unter dem Vortritte Preußens dahin, den Verfassungsentwurf anzunehmen. Man konnte nun im Parlamente zu einer zweiten Lesung desselben schreiten, und zwar geschah dies unter dem frischen Eindrucke neuer bedeutsamer Vorgänge in Oestreich, wo am 4. März der Reichstag von
Kremsier
aufgelöst und, wie uns schon bekannt, eine Verfassung für die
Gesammtmonarchie
war
octrohirt
worden, welche die einzelnen Theile derselben unlöslich an einander band. Dieses verjüngte Oestreich konnte nun doch selbst einem ehrlichen Großdeutschen keine Hoffnung mehr erwecken, aber trotzdem wußten die östreichischen Staatsmänner abermals durch die

Weitere Kostenlose Bücher