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Deutsche Geschichte Von 1815-1870

Titel: Deutsche Geschichte Von 1815-1870 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luise Buechner
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Kampf wirklich entbrannt, und der Bürgerkrieg doch gekommen, so wie so, aber man blieb ruhig am Platze, und begnügte sich einfach mit der Erklärung, daß
kein Einzelstaat
den Andern
hindern dürfe
, die Verfassung bei sich einzuführen. Als Antwort darauf, da die Berliner Regierung eine weniger zarte Scheu vor ungesetzlichen Mitteln an den Tag legte, rückten die Preußen in Dresden ein. Man zog Truppen um Truppen herbei, und obgleich der schreckliche Kampf in Dresden sechs volle Tage währte, vom 3. bis zum 9. Mai, mußte der Aufstand endlich dem Uebergewicht der Militärgewalt erliegen. Die Preußen drangen zuletzt in die Häuser ein, durchbrachen die Seitenwände derselben, und konnten sich erst auf diese Weise in den Besitz der Straßen setzen; die erbitterten Truppen, denn auch sie hatten furchtbar gelitten, ließen sich jetzt zu Rache- und Gräuelscenen hinreißen, die besser nicht wiederholt werden, deren Erinnerung aber noch nach Jahren in Deutschland nachzitterte, wenn die Nummern der Regimenter genannt wurden, die damals in Dresden gehaust hatten. – Die Mitglieder der provisorischen Regierung die sich in Sicherheit gebracht, wurden steckbrieflich verfolgt, Andere gefangen genommen; unter einer Unzahl von Verhafteten befand sich auch der Russe
Bakunin
, der einer der Hauptanführer gewesen, und den man jetzt seinem schlimmsten Feinde, der russischen Regierung auslieferte, die ihn nach Sibirien schleppen ließ, für Dinge, die Rußland nicht im Mindesten etwas angingen. – Bald herrschte nun in Dresden, wie in Wien, die Ruhe des Kirchhofs, aber während Hunderte in die Gefängnisse gebracht wurden, Tausende in die Verbannung eilten, waren die Reichsverfassungskämpfe in Bayern und in Baden mit nicht minderer Heftigkeit ausgebrochen. Auch sie ließen anfänglich einen Sieg, wenigstens für Süddeutschland möglich erscheinen, um so mehr, als hier der größte Theil der Truppen sich auf Seiten der Aufständischen befand, also reguläres Militär, welches überdies auf die Reichsverfassung beeidigt worden war, die Freischaaren verstärkte. – Aber nicht dort allein, in allen Theilen Deutschlands regte man sich gleichzeitig mit Dresden für dieselbe; heute brach es in
Breslau
, morgen in
Königsberg
los und dann wieder ging es wie ein Lauffeuer durch die rheinischen Städte,
Düsseldorf, Köln, Elberfeld
, wie auch durch ganz Westphalen, mit öffentlichen, stürmischen Kundgebungen für deren Aufrechthaltung. Vereine, städtische Behörden, Landwehren gaben ihren entschiedenen Willen zu erkennen, dem Beschluß des Parlaments Folge zu leisten, die Reichsverfassung durchzusetzen, und bekundeten es in jeder Weise durch Erklärungen, Deputationen und Versammlungen. Im Großherzogthum Hessen erließ der Verein für Volksbewaffnung einen Aufruf an alle waffenfähigen Männer, dieselben jetzt zu ergreifen, in Frankfurt hielten die Delegirten von 450
Märzvereinen
, welche schon früher die Linke zum Zwecke der Festhaltung an den Märzerrungenschaften begründet hatte, eine Zusammenkunft, entsendeten eine Deputation an den Präsidenten des Parlaments und erließen einen feurigen Aufruf an das deutsche Volk. Selbst die
constitutionellen
Vereine der Rheinlande, sowie die
Magistrate der rheinischen Städte
versammelten sich in
Köln
zu gleichem Zwecke, namentlich aber beschlossen die dortigen Landwehren einer Einberufung Seitens der Regierung nicht Folge zu leisten, falls es zu einem Kriege gegen das übrige Deutschland kommen sollte. Nicht weniger erregt zeigte sich die Stimmung in Bayern und Kurhessen, wo gleichfalls die städtischen Korporationen fast überall an der Spitze der Agitation standen, während in Baden, Schwaben und der Pfalz sich die ganze Bevölkerung, wie ein Mann, für die Verfassung erhob. Am 11. Mai wurde sie durch die
badische Kammer
unter dem Vorsitze
Mittermaier's
feierlichst
beschworen
.
    Wir ersehen aus diesem kurzgedrängten Bilde, wie es überall lichterloh brannte, wie mit etwas Muth und Entschlossenheit die deutsche Einheit schon damals hätte begründet werden können und daß es dabei nicht an dem Nachdruck des gebildeten und einflußreichen Theiles der Nation fehlte; aber es fehlte die kräftige Hand die hier lenkend einzugreifen, und die vereinzelten Flammen in eine große gewaltige Gluth zusammenzufassen vermocht hätte. Das Frankfurter Parlament ließ, trotz der Verzweiflung seiner Minorität, auch diesen Moment des allgemeinsten Aufschwungs an sich vorüberfliehen, und ein jeder

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