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Deutsche Geschichte Von 1815-1870

Titel: Deutsche Geschichte Von 1815-1870 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luise Buechner
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sondern der Reichsverweser blieb. Seine Minister hatten ihm ein Programm für Durchführung der Verfassung vorgelegt, dessen Genehmigung er versagte, worauf Gagern am 10. Mai seine Entlassung verlangte und auch erhielt.
    Preußische Waffen hatten inzwischen den Aufstand in Dresden niedergeworfen, und einem neuen Parlamentsbeschluß vom 10. Mai, welcher von der Centralgewalt die Wiederherstellung des Reichsfriedens und Durchführung der Verfassung verlangte, setzte der Reichsverweser eine Proclamation an die um Frankfurt versammelten Truppen entgegen, worin er sie vor Bürgerkrieg und vor einer Parthei, die verwerfliche Zwecke im Auge habe, warnte. Da es ihm jetzt nur noch darum zu thun war, bis zuletzt am Platze zu bleiben, umgab er sich, wie zum Hohne, mit einem neuen Ministerium, das aus Männern zusammen gesetzt war, die weder Ansehen genossen, noch Tüchtigkeit besaßen. Es waren enragirte Großdeutsche, welche es mit einer Art von Cynismus gar nicht verhehlten, daß sie nur als Schauspieler das Schauspiel zu Ende führen halfen. Deutschland befand sich in einem trostlosen Zustand, wo war Recht, wo Gesetz in diesem Augenblick zu finden? Alles stand unter dem Einfluß höchster Partheileidenschaft, man mußte sich nur consequenter Weise immer wieder sagen, daß Diejenigen, welche die Brandfackel ausgeworfen, welche das Volk für die Verfassung in die Schranken gerufen, nun auch zu ihm hätten stehen müssen, um jeden Preis. Von dem gerechten Vorwurfe, daß sie es nicht gethan, daß sie damit unendliches Elend hervorriefen, wird die Geschichte die Centrumsparthei der Paulskirche niemals freisprechen.
    Nur die Linke handelte jetzt noch mannhaft und consequent, und mußte dafür den Vorwurf hinnehmen, daß sie die Revolution befördere. Am 14. Mai rief der König von Preußen die preußischen Deputirten aus dem Parlamente ab, zugleich einen Aufruf: An mein Volk! erlassend, mit der Erklärung, daß man gegenwärtig in Berlin mit Vertretern der größeren deutschen Staaten über eine neue Bundesverfassung, unter Zugrundelegung der Frankfurter Verfassung berathe; gleichzeitig rief er das preußische Volk zu den Waffen »um Ruhe und Ordnung herzustellen in seinen und den übrigen deutschen Ländern!«
    So bröckelte das erste deutsche Parlament, das so viele stolze Hoffnungen erweckt, ruhm- und hülflos aus einander, weil es den Muth nicht hatte, sich an die Spitze der Nation zu stellen; in fruchtlosen Anträgen und Gegenanträgen schwankte es dann noch eine Weile hin und her. Am 19. Mai erließ es eine von
Uhland
verfaßte Ansprache an das deutsche Volk, in der es unter Anderm hieß, daß sich die Nationalversammlung immer noch als die Vertretung von dessen Souveränität betrachte. Aber noch auf wie lange? Am 21. Mai verließ die Kaiserparthei die Paulskirche, sechzig an der Zahl, unter ihnen
Gagern, Arndt, Dahlmann,
Mathy
u.s.w. Sie erklärten zuvor, alle
gesetzlichen
Mittel seien erschöpft, um die Verfassung durchzuführen, und zur Revolution wollten sie nicht schreiten. So verließen sie das sinkende Schiff der deutschen Einheit, welches sie nur theoretisch, nicht praktisch zu bauen vermochten. Fast gleichzeitig berief Hannover seine Deputirten zurück und so waren es kaum noch 130, die übrig blieben von der stolzen Zahl, die vor einem Jahre die Räume der Paulskirche erfüllt hatte. Diesen schlug Vogt am 30. Mai, in der letzten und 230. Sitzung des Parlamentes vor, Frankfurt zu verlassen, und sich nach dem reichsfreundlichen Stuttgart zu wenden, um im Süden Deutschlands einen festen Fuß zu fassen, und dort der Freiheit ein letztes Plätzchen zu retten, von wo aus man hoffen dürfe, auch noch ferner den wiederkehrenden Absolutismus zu bekämpfen. Mit 71 gegen 64 Stimmen wurde dieser Antrag angenommen. –
     
Neunzehnte Vorlesung
     
    Aufstände in Dresden, der Pfalz und Baden. Das Rumpfparlament in Stuttgart. Badischer Feldzug. Ende der Märzbewegung. Das Dreikönigbündniß. Das Interim. Erzherzog Johann tritt ab. Preußischer Entwurf einer Reichsverfassung. Der Reichstag zu Erfurt. Preußens Demüthigungen. Die Wiederherstellung des Bundestages
     
    Die Aufforderung des deutschen Parlaments an das Volk, nun die Sache der Reichsverfassung in die Hand zu nehmen, und sie mit gesetzlichen Mitteln durchzuführen, sollte ihre blutigen Früchte tragen. Der Conflict war unausbleiblich, und es mochte fraglich sein, wer zuletzt als Sieger daraus hervorgehen werde, wenn die nun erfolgenden Aufstände nicht vereinzelt

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