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Deutsche Geschichte Von 1815-1870

Titel: Deutsche Geschichte Von 1815-1870 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luise Buechner
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ausgebrochen, wenn die Bewegung eine vorher organisirte gewesen wäre. Dazu kam auf der einen Seite die Halbheit und Muthlosigkeit der gemäßigten Parthei, beeinflußt durch die Haltung der Majorität des Parlaments, auf der anderen schadeten wieder die extremen Ausschreitungen Jener, welche von Anfang an die Gründung der demokratischen Republik im Auge gehabt hatten. Nach dem verunglückten Septemberaufstand in Frankfurt war Friedrich Hecker, an Deutschlands Zukunft verzweifelnd, nach Amerika ausgewandert; seine Freunde, Struve, Karl Blind, Mögling und Andere befanden sich theils im Zellengefängniß zu Bruchsal, theils internirt in entlegenen Schweizerkantonen. Sie und ihre Anhänger benutzten nun die Bewegung, welche sich für die Reichsverfassung erhob, zu einer dritten republikanischen Schilderhebung. Wie man überdem bei diesen Vorgängen eine zu weit gehende Aufregung noch geflissentlich durch Hetzereien der Reaction und durch geheime Emissäre, gesteigert haben soll, dies bleibe dahin gestellt, doch soviel ist zweifellos sicher, daß dieses Mal eine Reihe edler, aufopfernder und aufrichtiger Männer, die einzig und allein die Durchführung der Reichsverfassung im Auge hatten, an den Mairevolten Theil nahmen. – Wir haben bereits gehört, wie der Unwille, während es schon in der bayerischen Pfalz, wie in Baden kochte und gährte, zuerst in Sachsen ausbrach, wo am 3.
Mai
die städtischen Collegien Dresdens, also gewiß keine Revolutionäre, an den König eine Deputation entsendeten, die um Anerkennung der Reichsverfassung ersuchte. Der König antwortete ihnen, die Nationalversammlung sei nicht souverän, es müsse zuvor eine Vereinbarung zwischen den Fürsten stattfinden. Darauf hin rückte die Bürgerwehr aus, um einen Eid auf die Reichsverfassung abzulegen; zum Auseinandergehen genöthigt, rottete sich das Volk zusammen, das Militär rückte aus, und die Feindseligkeiten begannen. Es wurden Barrikaden gebaut, und zwar systematisch und regelrecht, aus Sand und Quadersteinen; der königliche Kapellmeister, ein berühmter Musiker, war einer der Thätigsten dabei, mit einem Spazierstöckchen bewaffnet, ging er auf dem Schloßplatze umher und wies die Leute an, wie sie mit dem Barrikadenbau umzugehen hätten. So sehr war die ganze Stadt auf Seiten der Opposition, daß der König nichts Eiligeres zu thun fand, als schon in der nächsten Nacht mit seinen Ministern nach dem Königstein zu entfliehen. In Folge dessen sah man sich genöthigt, eine
provisorische Regierung
zu bilden, so daß die wirkliche Regierung, die nicht einmal den Muth hatte, für ihre Handlungsweise persönlich einzustehen, selbst die Urheberin einer revolutionären Behörde wurde. Angesehene Männer, der Regierungsrath
Todt
, die Kammermitglieder Dr.
Tschirner
und der treffliche
Heubner
, übernahmen das gefährliche Amt, die Ordnung im Gange zu erhalten, wofür sie später in der grausamsten Weise, mit Leben, Glück und Gesundheit büßen mußten. – Der Kampf zwischen Militär und Volk kam jetzt zum vollen Ausbruch, aber obgleich die Barrikaden mit Kanonen zusammengeschossen wurden, neigte sich dennoch der Sieg auf die Seite der Bürger. In den Häusern wohlverschanzt, unterhielten die Turner und Schützen aus den Fenstern und Dachluken ein mörderisches Gewehrfeuer über den Köpfen der Truppen, was diese furchtbar decimirte und herabstimmte. Da rückten am dritten Tage, vom Könige gerufen,
Preußen
heran, und nahmen, gegen jedes bestehende Völkerrecht, Theil an dem Kampfe. –
    Die sächsische Bewegung hatte sich gleich zu Anfang, und gewiß mit dem vollsten Recht, unter den Schutz der Nationalversammlung gestellt, aber die Männer der bloßen Gesetzlichkeit zeigten ihr keine Sympathie, trotzdem man ihnen von der Linken aus zurief: »Ihr habt das Volk zur Empörung aufgefordert und wollt ihm nun die Waffen verweigern?« – Nun lag es klar am Tage, von welch' ungeheurer Bedeutung in diesem Augenblick ein Reichsheer, das der Versammlung und nicht den Fürsten gehorchte, gewesen wäre. Immerhin war man auch so noch mächtig genug, und es hätten sich Kämpfer in genügender Zahl gefunden, sobald man sich in der Paulskirche entschieden für Sachsen erklärte, aber die Centrumsparthei, und Gagern vornehmlich, schauderten vor dem Gedanken eines Bürgerkriegs zurück. »Wenn die Waffen gezogen werden, ich würde mich noch im letzten Augenblick dazwischen werfen!« rief er der obenerwähnten Aufforderung der Linken entgegen. Nun war der

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