Deutsche Geschichte Von 1815-1870
nachträglich zu bewilligen, dagegen aber die nur zweijährige Dienstzeit verlangte, während die Regierung auf der dreijährigen Präsenz bestehen blieb. Wieder sah man allgemein das Haupthinderniß ihrer Nachgiebigkeit in dem »Junker Bismarck« der in der That jetzt entschlossen war, die Maske abzuwerfen, zu handeln als ein zweiter Alexander und durch »Blut und Eisen« dem chaotischen Zustande, in dem sich Deutschland befand, ein Ende zu machen.
Preußen hatte schließlich dem hohen Bunde die Lösung des Haders zwischen sich und der andern Großmacht zugeschoben, damit war reichlich Zeit gewonnen, andere Pläne zu verfolgen, welche Bismarck in Bezug auf eine Allianz mit Italien hegte.
Man hatte naturgemäß nicht auf halbem Wege in jenem Königreiche können stehen bleiben, fand aber wie immer in Oestreich einen unversöhnlichen Gegner; hartnäckig weigerte sich die Regierung in Wien, Victor Emmanuel als König Italien's anzuerkennen, und eben so wenig wollte man von einer Loskaufung des fortwährend auf dem Sprunge zur Empörung stehenden Venetien hören; gleichzeitig hintertrieb in Rom der fromme Herr von Bach, der jetzt als Gesandter dort fungirte, jede kirchliche Ausgleichung, welche ein königlicher Unterhändler bei dem Papste versuchte. Alles dieses verstimmte Frankreich, das denn doch noch Verbindlichkeiten für Italien hatte, in hohem Grade gegen Oestreich, und war diese erstere Macht schon Preußen ohnedem, durch den Abschluß eines Handelsvertrags mit ihm und dem deutschen Zollverein näher getreten, so geschah nun ein Gleiches zwischen Preußen, Italien und den Zollvereinsstaaten zu Ende des Jahres 1865. Dieser weitere Vertrag bot Bismarck die natürliche Handhabe, auch in freundliche Beziehungen zu Italien zu treten, und zugleich durch die volle Anerkennung von dessen Regierung, die damit ausgesprochen war, die Gelegenheit Oestreich, ein Paroli zu biegen.
Er forderte Ende Februar 1866 die Sendung eines italienischen Unterhändlers nach Berlin, der auch in militärischen Dingen erfahren sei, und der damalige Kriegs-Minister
Lamarmora
schickte einen solchen in der Person des gewandten und tüchtigen General
Govone
, der die preußischen Militärleistungen von früherher kannte und hochschätzte. Vorsichtig sondirte man sich gegenseitig, aber schon nach den ersten Unterredungen mit Bismarck ahnte Govone, was Jener erstrebte. »Das ist
unser Cavour
, wie er leibt und lebt!« so berichtete er über ihn an seine Regierung und nach dem Abschluß des Handelsvertrags wurde jetzt noch weit Größeres zwischen Beiden vereinbart. Beide Staaten hatten genügenden Grund, sich untereinander zu verbünden; man wußte in Berlin genau, daß Oestreich entschlossen war, den Preußen die Herzogthümer nur gegen Rückgabe Schlesien's überlassen zu wollen, was natürlich nie geschehen konnte, und daß man in Wien sogar von einer Restauration der östreichischen Macht in Italien träumte. Dem mußte zuvorgekommen werden. Wie aber würde sich Napoleon bei einem ausbrechenden Kriege verhalten? daß er Italien vollständig befreit zu sehen wünschte, aber selbst nichts mehr dafür thun wollte, wußte man, und es kam nun Alles darauf an, ob er Preußen werde gewähren lassen, ohne Deutschland am Rheine anzugreifen.
Aber auch darüber war Graf Bismark nun schon im Reinen; der Sommer von 1865 hatte ihn in anscheinend harmlosester Weise in dem Seebade
Biarritz
mit Kaiser Napoleon zusammengeführt, und dort gelang es dem Schlaueren, den Schlauen zu überlisten. Louis Napoleon hoffte, wenn er Deutschland's Einheitsbestrebungen nicht hindere, ein ähnlich gutes Geschäft zu machen, wie bei der Annexion von Nizza und Savoyen, und für seine Gefälligkeit das linke Rheinufer in Anspruch nehmen zu dürfen. Daß ihm Bismarck diese Ausbeute mag vorgespiegelt haben, ist wohl so gut wie gewiß, aber er hat sich niemals durch ein Wort darüber gebunden, wie dies Cavour, durch eine zwingende Nothwendigkeit gedrängt, bezüglich Nizza's und Savoyen's thun mußte, und wenn dann noch in zweiter Linie die berühmten Lamarmora'schen Enthüllungen dem Grafen Bismarck vorwerfen wollen, er habe auch mit Ungarn, für den Fall daß Oestreich siege, Verbindungen zum Zwecke der Insurgirung des Landes angeknüpft, so beweist dies nur, daß er rücksichtslos, aber mit großem politischen Scharfsinn, jedes Mittel aufbot, was ihn zum Ziele führen konnte. Sobald sich der preußische Minister der Neutralität Frankreich's versichert hielt, schloß er am
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