Deutsche Geschichte Von 1815-1870
endigen:
»Du Land des Korn's und Weines,
Du segensreich Geschlecht,
Was fehlt dir? – All und Eines:
Das
alte, gute Recht
!«
Mit seinen Liedern begleitete er die ganze fernere Entwickelung des Kampfes, der sich noch lange hinzog, auch als nach dem rasch erfolgten Tode König Friedrich's, Wilhelm I. den Thron bestieg. Wir haben diesen begabten Fürsten schon als Kronprinz bei den Pariser Friedensschlüssen, wo er auf Seiten der Patrioten stand, kennen gelernt, und erinnern uns, wie man ihn bereits zum Regenten des Elsaß und Lothringens ausersehen hatte. Trotz der großen Popularität, die dieser Fürst genoß, währte der Streit doch noch drei Jahre lang fort, und stieg bis zu einer solchen Höhe, daß sogar das äußerste Mittel, die
Steuerverweigerung
ausgesprochen wurde, bis sich endlich 1819 der König zu dem Richtigen entschloß, zur
Vereinbarung
eines neuen
Verfassungsvertrages
mit den Ständen, was Uhland mit den schönen Worten besang und charakterisirte:
»Die
Gnade
fließet aus vom Throne,
Das Recht ist ein
gemeines
Gut;
Es liegt in jedem Erdensohne,
Es quillt in uns, wie Herzensblut;
Und wenn sich Männer frei erheben
Und treulich schlagen Hand in Hand,
Dann tritt das
innere Recht
in's Leben
Und der Vertrag gibt ihm Bestand!«
Am 18. October 1819 wurde dann auf dem Hoftheater in Stuttgart zur Feier der Verfassung, Uhland's:
Ernst von Schwaben
mit seinem schwungvollen Prologe aufgeführt, in dem es heißt:
»Ja! mitten in der wildverworrenen Zeit
Ersteht ein Fürst vom eignen Geist beseelt,
Und reicht hochherzig seinem Volk die Hand;
Zum
freien Bund
der
Ordnung
und des
Rechts
!«
Wie schon erwähnt waren diese Vorgänge von großem Einfluß auf die ganze politische Entwickelung Süddeutschlands, und bald werden wir hören, wie alle süddeutschen Staaten nach und nach Verfassungen errangen, sehen uns aber zuvor einen Augenblick nach dem
Bundestage
um, der endlich am 5. November 1816 in Frankfurt war eröffnet worden, obschon dies bereits am 15. September 1815 hätte geschehen sollen. Noch immer hofften warme Vaterlandsfreunde, derselbe könne sich günstig entwickeln, selbst die damaligen Gesandten glaubten, in Opposition mit ihren Regierungen, ihn zu einer kräftigen Centralgewalt umgestalten zu können. –
Wilhelm von Humboldt aber, mit seiner scharfen Einsicht, meinte dagegen sehr richtig, diejenigen, die den Anfang des
jetzigen
Bundestages sähen, würden schwerlich den Anfang des
verheißenen
erleben. – Immerhin kann auch das schlechteste Werkzeug in der Hand eines Meisters noch Gutes wirken, aber dieser Meister, der wenigstens den Bund von vornherein in ein anständiges Geleise hätte bringen können, der
Freiherr von Stein
, lehnte seine Betheiligung daran ab.
Metternich
hatte ihm die Präsidentenstelle angeboten,
Preußen
ihn als seinen Gesandten nach Frankfurt schicken wollen – er konnte sich zu keiner Annahme entschließen und entschuldigte sein Zurückziehen mit der Unvollkommenheit der Bundeseinrichtungen. Aber gerade diese Unvollkommenheit wäre durch nichts kräftiger documentirt worden, als wenn selbst ein Mann wie
Stein
auf die Länge nichts damit hätte ausrichten können. Er hatte Unrecht nicht noch dieses letzte Opfer dem Vaterlande zu bringen. Graf
Buol-Schauenstein
erhielt nun die Präsidentschaft, und eröffnete den
Bundestag
einfach durch eine Rede, in der von vornherein gesagt wurde, daß Deutschland keinen
Bundesstaat
, sondern nur eine Verbindung gleich
unabhängiger Staaten bilde
. –
Trotz des besten Willens einzelner Gesandten sah er sich dergestalt vom ersten Tage an zur Ohnmacht verdammt, war er nicht einmal in
materiellen
Dingen fähig eine durchgreifende Hülfe zu schaffen und wie dringend nothwendig war eine solche in dem nun beginnenden Noth- und Theuerungsjahre von 1817, wo man es von Frankfurt aus nicht einmal erzwingen konnte, daß zwischen den einzelnen deutschen Staaten die Zollschranken fielen, und ein Austausch der nothwendigsten Lebensbedürfnisse stattfinden konnte. Dagegen aber wurde beschlossen, die
Verhandlungen
des Bundestages
nicht
zu veröffentlichen, so daß das Volk nicht einmal erfuhr, womit man sich denn eigentlich auf der Eschenheimergasse, in dem Palais des Fürsten Thurn und Taxis, beschäftigte. – Doch blieb der Hoffnung für Deutschlands Zukunft immer noch Raum übrig, so lange man auf
Preußen
hoffen konnte – dort lag der
Schwerpunkt
aller der hier angedeuteten Fragen; es kam Alles darauf an,
Weitere Kostenlose Bücher