Deutsche Geschichte Von 1815-1870
auf zu abhärtender Entbehrung. Sehr nebenbei erwähnte er auch die Wortbrüchigkeit der Fürsten, die Unfähigkeit des Bundestages u.s.w.
Ein Beispiel, in welchem Ton diese und andere Reden gehalten waren, mag uns folgende Probe geben: »Es ist nun Zeit, daß wir lernen trocknes Brod essen und auf der Erde schlafen, denn dem Gerechten ist oft kein Mahl bereitet, und dem Frommen kein Lager gedeckt. Bewachen wir vor Allem die Schlangen in unserer Brust, denn die Heuchler werden Euch sagen: Brüder, liebe Brüder, theilet das Pfühl mit uns, hier liegt sich's gut, aber sie locken uns nicht« u.s.w.
Auch die Reden der mitgekommenen Professoren:
Oken, Fries, Kieser
enthielten nichts, was irgendwie hätte mißdeutet werden können, und schon war ein Theil der Feiernden wieder von dem Wartenberg abgezogen, als die Zurückbleibenden und nicht die Besonnerenen auf den Einfall kamen, bei den noch züngelnden Flammen ein Autodafé zu halten um nach dem Beispiele Luther's, so wie er die päpstliche Bulle verbrannt, einige Schandschriften zu verbrennen, und zwar wie
Maßmann
in seinen einleitenden Worten dazu sagte: »als Gericht und zur Kundgebung des grimmigen Hasses wider alle Bösen und Buben im Vaterland.«
Die gehobene Stimmung des Tages schlug nun in satyrischen Uebermuth und losgelassene Laune um. Die Bücher, die man herbeischleppte und dem Feuertode weihte, boten ein seltsames Gemische dar, und deren Auswahl legte Zeugniß ab für die politische Unreife dieser jungen Leute. So befanden sich neben Schriften wider
Burschen
– und
Turnerwesen
Andere, allgemeinen Inhalts, die für reactionär erklärt wurden, obgleich sie kaum so zu nennen waren, Schriften, die den Juden- und Franzosenhaß
verdammten
, der
Code Napoléon
, ein Gesetzbuch, wie man in Deutschland noch lange keines besaß – dies Alles wurde in buntem Durcheinander auf dem brennenden Holzstoße geopfert und so oft ein Buch in's Feuer flog, dazu ein betreffendes Kraftwort ausgesprochen, wie z.B.: »Fröhne du fortan dem Zwingherrn der Hölle« oder »Fahre hin du böser Feind und Widersacher der edlen Jugendfreiheit«, dann kam es noch derber: »Der Kerl muß brühwarm gesalzen und gepfeffert werden!« Und als nun auch das Buch des berüchtigten
Schmalz
erschien, die Schrift von
Janke
, und der Gend'armeriecodex von
Kamptz
, auch die
deutsche Geschichte von Kotzebue
, da brachen die Pereats donnernd los.
»Zuletzt noch rufet Pereat
Den schuft'gen Schmalz-Gesellen!
Und dreimal Pere-Pereat,
So fahren sie zur Höllen!«
Am Ende schleppte die erregte Schaar noch einen Schnürleib, einen Korporalstock, und einen Zopf herbei, und jubelnd schleuderte man sie als Symbole der
Fessel
, der
Knechtschaft
und des
Philisteriums
in die lodernde Gluth. – So endete der übermüthige Studentenscherz, denn mehr ist es nicht gewesen, aber der böse Geist, den man damit heraufbeschworen, ließ nicht lange auf sich warten und ging geschäftig um, den derben Spaß als ein Attentat auf Staat, Fürst und Obrigkeit zu bezeichnen. Arglos bezogen die Theilnehmer des Festes, nachdem der Humor sich ausgetobt, ihre Nachtquartiere; am nächsten Tage wurde noch eine allgemeine Verbrüderung geschlossen, deren Theilnehmer sich verpflichteten, Jeder in seinem Kreise für die Burschenschaft und die Verbreitung deutschen Sinnes zu wirken. Ehe man sich trennte nahm noch die Mehrzahl der Studenten in der Kirche zu Eisenach das heilige Abendmahl! – Leise aber und im Dunklen schlich die Verdächtigung des Festes, namentlich der Bücherverbrennung, umher und wurde in's Maßlose vergrößert und übertrieben. Es sollten nicht allein die Bundesacte und Allianzurkunde, sogar auch die Symbole des christlichen Glaubens und das Bild Martin Luther's mitverbrannt worden sein. Die Väter der verbrannten Bücher fühlten sich furchtbar beleidigt, namentlich der Herr von Kamptz; schon am 9. November erhob er eine Beschwerde gegen den Haufen »verwilderter Professoren und verführter Studenten«, und gleichzeitig schrieb er eine besondere Schrift über das Autodafé, die sich in den heftigsten Ausdrücken erging.
»Das Feuer«, so heißt es dort, »was in Frankreich zuletzt den Thron ergriff, ist von Scheiterhaufen ausgegangen, welche ausgelassene Demagogen den für den Thron erschienenen Schriften errichtet haben!« –
Lächerlich, wie uns diese Phrasen heute erscheinen mögen, muß ich doch für die gegenwärtige und nachfolgende Zeit erwähnen, wie solche übertriebene Furchtgedanken
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