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Deutsche Geschichte Von 1815-1870

Titel: Deutsche Geschichte Von 1815-1870 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luise Buechner
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Jesuiten und des Adels zu bringen. Die Regierung konnte es vor den Kammern nicht mehr verläugnen, daß die heilige Congregation wieder im Lande sei, und sie setzte im Interesse des Klerus das
Sakrileggesetz
durch, welches für sogenannten Kirchenfrevel die unsinnigsten Strafen aufstellte. Diesem folgte: ein Klostergesetz für die Frauen, die wieder Congregationen mit selbstständigem Eigenthum bilden durften; man wollte dadurch die Töchter vornehmer Familien entschädigen, um die Neubildung von Majoraten für die Söhne zu ermöglichen.
    Man hoffte so einen Adelsstand zu gründen, wie er vor der Revolution bestanden, schlug aber damit dem öffentlichen Bewußtsein geradezu in das Antlitz, denn man duldete in Frankreich keine bevorzugten Stände mehr, und das Gefühl der Gleichheit, der égalité, ist dem Franzosen als eine unveräußerliche Errungenschaft der Revolution bis heute verblieben. –
    Was aber jetzt am tiefsten einschnitt, dies waren die Preßgesetze von 1826 bis 27. Dagegen erhob sich ein Mann von hoher Bedeutung, dessen Gesinnung Niemand verdächtigen konnte, Royer-Collard, und wie Orakelsprüche wurden seine Worte wiederholt und herumgetragen. Er rief: »das Gesetz wird eitel sein, denn Frankreich ist besser als seine Regierung!« und den Ministern sagte er: »Sie schlagen jetzt die Vernichtung der Presse vor. Es sei aber, daß keine Zeile mehr gedruckt werde – Bücher und Bibliotheken sind jetzt in die Geister übergegangen, sie zu vernichten, giebt es keine Gesetze. So lange nicht der Pflug über die ganze Civilisation weggeht, werden Ihre Bemühungen zu nichte werden!« –
    Die Regierung sah ein, daß sie zu viel gewagt; das Ministerium Villèle, welches sich zu diesen Eingriffen in die Verfassung hergegeben, fiel, und an seine Stelle trat Martignac, ein Mann der halben Maßregeln, dabei von so sanfter, einschmeichelnder Ueberredungskunst, daß ihn Karl X. selber mit der Sängerin Pasta verglich. Es gelang ihm denn auch, die Katastrophe noch um 2 Jahre hinauszuschieben, dann brach das unterhöhlte Gebäude dennoch zusammen, denn Karl und seine Umgebung, namentlich der Dauphin und dessen Gemahlin, zeigten sich von solch stumpfer Dummheit, einer so merkwürdigen Unfähigkeit die wahre Lage der Sache zu begreifen, daß sie eigentlich weit eher das Mitleid, als den Abscheu erregen. Martignac's Bemühungen, Karl auch nur zu halben Concessionen zu bewegen, blieben auf die Dauer erfolglos. Im Herbst 1828 machte der König eine Reise durch Lothringen und Elsaß; er stand in Straßburg auf dem Balkon des Schlosses vor dem erleuchteten Münster, um ihn her erschallten die Jubelrufe der Bevölkerung, denn in jenem Augenblick glaubte man, er sei willig zum Guten zurückgekehrt, aber er sah in diesem Beifall der Menge Beweise ihrer Anhänglichkeit. »Hören Sie«, sagte er zu seinem Minister, »diese Leute rufen: Es lebe der König! und nicht: Es lebe die Charte!« – So ging er blindlings in sein Verderben und der böse Geist und Helfershelfer sollte ihm nicht fehlen, in der Person des Fürsten
Polignac
. Ganz besonders empfohlen war ihm dieser Mann als Minister durch Wellington und Metternich; Martignac trat ab und Polignac bildete ein neues Ministerium. Es wußten die liberalen und doktrinären Elemente sehr wohl, was dieser Wechsel zu bedeuten habe, und einen ähnlichen Fingerzeig erhielten die Bonapartisten durch die Ernennung des General Bourmont, der sich durch sein Benehmen in der Schlacht von Waterloo denselben tief verhaßt gemacht hatte, zum Kriegsminister. Aber auch alle ehrlichen Royalisten wendeten sich jetzt von dem Könige ab; Chateaubriand gab seine Entlassung, ein Theil der Staatsräthe trat aus. »Keine Zugeständnisse mehr«, dies war das Programm des neuen Ministeriums, ein Ausspruch, der das Schlimmste befürchten ließ, Von Tag zu Tag erwartete man einen Staatsstreich und wappnete sich mit dem Entschlusse der Steuerverweigerung dagegen, wenn die Charte wirklich zerrissen werden sollte. – Zum Drittenmale trat unter diesen Verhältnissen wieder ein Mann in den Vordergrund der Ereignisse, der wie ein Sturmvogel schon zweimal der Vorläufer großer Umwälzungen gewesen. Es war Lafayette, kaum zurückgekehrt von einer Triumphreise durch Amerika, die er im Jahre 1824 gemacht, und wo er überall als ein Held gefeiert wurde. In Washington beschenkte ihn der Congreß in großartiger Weise, und in Bunkershill, wo er dem 50 jährigen Jubiläum der Unabhängigkeitserklärung Amerikas

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