Deutsche Geschichte
Propaganda zur „Reichskristallnacht“. Heute wird meist der wenig passende Begriff „Pogromnacht“ verwendet; ein Pogrom aber war es eben gerade nicht, weil dazu ein Moment der spontanen Aufwallung gehört (russisch pogrom = Sturm).
Weitere Entrechtung der Juden
Dem Straßenterror folgte eine Welle von administrativen Maßnahmen zur weiteren Entrechtung der deutschen Juden: Zunächst einmal wurde verfügt, dass die fälligen Versicherungsentschädigungen an das Reich abzuführen seien, außerdem wurde den Juden als „Buße“ eine „Kontribution“ von einer Milliarde Mark auferlegt. Am 12.11. folgte ein Verbot für Juden, Theater zu besuchen, am 15.11. wurde die Entfernung jüdischer Kinder aus öffentlichen Schulen angeordnet, am 29.11. schuf ein „Judenbann“ die Möglichkeit, die Juden Aufenthaltsbeschränkungen zu unterwerfen, im Februar 1939 entstand in Berlin die „Reichszentrale für die jüdische Auswanderung“. Die Kristallnacht führte zudem zu einer drastischen Beschleunigung der Arisierung jüdischer Betriebe (siehe Kasten).
Arisierung
Aus dem öffentlichen Leben waren die Juden bis 1934 durch den Arierparagrafen weitgehend entfernt, durch die Nürnberger Gesetze war auch „jüdisch versippten“ Personen und Mischlingen öffentliche Wirksamkeit unmöglich gemacht worden. Nur in der freien Wirtschaft spielten Juden noch eine Rolle. Unter dem Schlagwort Arisierung betrieb der NS-Staat daher die „Entjudung der Wirtschaft“: Seit dem 26.4.1938 mussten jüdische Vermögenswerte über 5000 Mark angemeldet werden, Juden durften über ihre Konten nur noch eingeschränkt verfügen. Am 14.6.1938 wurden die jüdischen Betriebe registriert und ihr Wert wurde auf niedrigstem Niveau festgelegt. Wachsender Druck zwang viele Juden zu diesem Minimalwert zu verkaufen, wobei vor allem Großbanken, Industrie und Konzerne zu den „Arisierungsgewinnern“ gehörten. Nach der Kristallnacht wurde das Tempo der Arisierung drastisch verschärft: Schon zwei Tage später wurde Juden die Geschäftsführung in ihren Betrieben verboten, sie mussten „arische“ Direktoren bestellen. Und damit nicht etwa freundliche Deutsche als Strohmänner („Gefälligkeitsarier“) tätig wurden, stellte man solche Tarnung unter Strafe. Grundbesitz durfte seit dem 3.12.1938 nur zu einem staatlich festgesetzten Preis, also mit hohem Verlust, Wertsachen konnten nur noch an den Staat veräußert werden
.
Erich Kästner zur „Kristallnacht“: „Als die Syagogen brannten. Der junge SA-Mann: Wo steckt Jehova nun, der nie verzeiht? Ist er Adresse unbekannt verzogen? Der alte Jude: Gibt’s einen Gott, gibt’s auch Gerechtigkeit. Wenn’s keinen gibt, was braucht es Synagogen?“
(c) akg, Berlin: S.
Der Zweite Weltkrieg beginnt
Blitzkrieg gegen Polen (1939)
„Der Wille zum Schlagen war immer in mir“, bekannte Hitler später einmal. 1938 hatten die Westmächte ihm noch einen Strich durch die militärische Rechnung gemacht. Polen gegenüber sollte ihnen das 1939 nicht noch einmal gelingen. Mit Forderungen nach einer exterritorialen Verbindung mit Ostpreußen durch den 1918 geschaffenen polnischen Korridor setzte Hitler den östlichen Nachbarn unter Druck. Eine britische Garantie machte Warschau mutig, der polnische Patriotismus tat das Seine: Hitlers Forderung wurde wunschgemäß barsch zurückgewiesen. Verweigert aber wurde auch das von der Sowjetunion verlangte Durchmarschrecht durch Polen, obwohl London und Paris dies dringend anrieten, weil anders bei einem deutschen Angriff zu Lande gar nicht geholfen werden konnte und weil Moskau sonst ins deutsche Lager schwenken könnte.
Mit Panzern und Stukas
Und so orientierte sich Stalin dann auch: Es kam der Pakt der Diktatoren (siehe Kasten), und es kam der 1. September 1939 mit dem deutschen Einmarsch, propagandistisch vorbereitet durch einen fingierten Anschlag angeblicher „polnischer Insurgenten“ auf den Reichssender Gleiwitz. Es kamen aber auch zu Hitlers namenloser Überraschung am 3. September Ultimaten aus London und Paris und nach deren Ablauf die Kriegserklärungen der Westmächte, denen freilich keine militärischen Taten folgten. Hitler setzte auf eine Strategie des Blitzkriegs: In zwei Angriffskeilen aus Pommern/Ostpreußen und Schlesien ließ er 57 Divisionen nach Polen vorstoßen. Mit schnellen Panzerraids, unterstützt durch die „fliegende Artillerie“ der Sturzkampfbomber (Stukas), schlossen sie in kurzer Frist das Gros der zahlenmäßig und technisch
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