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Deutschland allein zu Haus

Deutschland allein zu Haus

Titel: Deutschland allein zu Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Osman Engin
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belästigen würden die uns nie«, übersetze ich wieder ziemlich diplomatisch, was man auch als ›nicht ganz wahrheitsgemäß‹ bezeichnen könnte. Böse Menschen könnten sogar behaupten, es sei eine Lüge!
    Danach schnappe ich mir sofort drei Koffer gleichzeitigund stapfe nach oben in unsere Wohnung, um weiteren allzu freudigen Willkommensgrüßen zu entgehen.
    Meine Frau steht immer noch mit Onkel Ömer und mit offenem Mund im Treppenhaus und bewundert das neue Treppengeländer, die Fliesen und die Farbe an der Wand.
    Kurz darauf kommt sie mit einem zufriedenen Lächeln im Gesicht strahlend in unser Wohnzimmer.
    »Osman, wir haben noch einen Brief von der Baugesellschaft, weißt du, was hier drin steht?«
    »Was soll denn da schon stehen? Entweder, dass sie die Miete erhöhen müssen, oder, dass wir die Farbe für die Renovierung bezahlen dürfen! Übrigens, ich finde Zartrosa als Farbe für das Treppenhaus echt eklig! Das ist doch keine Modellwohnung!«
    »Nein, falsch getippt! Hör doch mal zu: Herr Engin, um Ihnen unsere Anerkennung für Ihre Geduld während der Renovierungsarbeiten zu zeigen, wollen wir Sie wegen des Lärms und der Unannehmlichkeiten mit 150 Euro entschädigen. Dieser Betrag wird in den nächsten 14 Tagen auf Ihr Konto überwiesen!«
    Ich laufe in Mehmets Zimmer und schnappe mir ein Blatt Papier und einen Stift.
    »Während du die Koffer auspackst, schreibe ich sofort einen Antwortbrief an unsere Wohnungsbaugesellschaft«, grinse ich höchst vergnügt.
    »Das ist eine richtig gute Idee! Das finde ich wirklich lieb von dir! Zivilisierte Menschen müssen sich bei so viel Fürsorge und gut gemachter Arbeit einfach erkenntlich zeigen und ihren Dank aussprechen.«
    »Dank? Wofür denn? Etwa für den wochenlangen unglaublichen Lärm, mit dem sie uns hätten in den Wahnsinn treiben können, wenn wir nicht vorher in weiser Vorausahnungdie Flucht ergriffen hätten? Ich schreibe denen, dass die letzten Wochen für uns die Hölle waren und dass wir wegen dem Lärm in die Türkei flüchten mussten. Ich verlange von der Baugesellschaft zusätzlich zu den 150 Euro, dass sie unsere gesamten Flug-, Taxi- und Hotelkosten für die ganze Familie und meinen Onkel Ömer in Höhe von 5780 Euro übernehmen müssen.«
    Leider lassen mehrere gesammelte Zeitungsausschnitte, die ich auf Mehmets Tisch finde, meine gute Laune auf der Stelle in sich zusammenfallen:
    »Ein Ausländer ist am Donnerstag vor einer Disko von 5 jungen Männern brutal zusammengeschlagen worden. Sie brüllten dabei ›Deutschland den Deutschen! Neger raus aus Deutschland!‹«
    »Ein indischer Asylbewerber ist am Wochenende von mehreren deutschen Jugendlichen misshandelt worden. Dabei beleidigten sie ihn, indem sie ihm zuriefen: ›In Deutschland wird Deutsch gesprochen, du Arschloch! Wir werden euch alle töten!‹«
    »Auf die jüdische Synagoge in Berlin sind gestern erneut zahlreiche Hakenkreuze gesprüht worden. Der Rabbi sagte verzweifelt: ›Täglich mache ich diese Nazi-Schmierereien weg, aber es werden immer mehr.‹« Und noch ein Zeitungsausschnitt:
    »In der Rostocker Innenstadt brüllten mehrere betrunkene Jugendliche ›Sieg Heil‹ und hetzten zwei japanische Geschäftsleute quer über den Marktplatz. Die Bevölkerung applaudierte teilweise wie bei den schrecklichen Ereignissen in Lichtenhagen.«
    Es gibt also noch genug Ausländer in Deutschland, die man schikanieren kann!

12 ›Finde keine gute Wohnung, sondern finde gute Nachbarn‹, sagt ein türkisches Sprichwort.
    Und ein anderes Sprichwort besagt: ›Dem Hahn, der zu früh kräht, dreht man den Hals um!‹ Aber das hat jetzt nichts damit zu tun, was ich eigentlich sagen wollte. Eigentlich habe ich sowieso nichts zu sagen, Eminanim hat bei uns die Hosen an, auch dann, wenn sie wie jetzt in ihrem gelb-grünkarierten Bademantel durch die Wohnung läuft.
    Und sie verkündet:
    »Osman, kauf doch mal frische Brötchen und schau, wie es dem Opa an der Ecke geht!«
    Seit Jahren, wenn wir aufwachen, machen wir uns nicht nur Sorgen um unsere zahlreichen Familienmitglieder, ob’s denen wohl gut geht und ob die alle wohlauf sind, sondern auch um den ziemlich alten, klapprigen Opa bei uns an der Ecke. Immer wenn ich frühmorgens frische Brötchen holen gehe, hängt er bereits an seinem Fenster, mit einem kleinen roten Kissen unter dem Ellbogen, und beobachtet aufmerksam unsere Straße, auf der um diese Zeit, ein paar Minuten nach 6 Uhr, nicht mal ein Auto fährt. Wahrscheinlich

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